Kinder packen im Ponyclub Großbottwar mit an Foto: Michael Raubold Photographie

Im Ponyclub lernen Kinder nicht nur reiten – sie packen auch kräftig mit an.

Großbottwar - In der Pony-WG herrscht Gedränge. Denn die beiden Shetland-Ponys, die dunkelbraune Pauline und die isabellfarbene Angelina, haben Gäste. Johanna, Emma, Sarah, Mia, Zoe und Charlotte sind zu Besuch in der Laufbox, wie der umgitterte Bereich an der Außenseite der Reithalle offiziell heißt. Die sechs Mädchen, alle zwischen sechs und neun Jahren alt, sind im Ponyclub, der donnerstags beim Reit- und Fahrverein Bottwartal stattfindet.

Dort können Kinder ab einem Alter von drei Jahren spielerisch ersten Kontakt zu Pferden aufnehmen. Und sie erfahren in zwölf verschiedenen, altersgerecht aufgearbeiteten Wochenthemen so viel über die Tiere, dass sie am Ende kleine Pferdeexperten sind. Doch auch die Versorgung der Tiere gehört mit dazu – Ausmisten inklusive. Und so übernehmen sie gleich von Anfang an Verantwortung.

„Schaut mal, was das Pferd da hat“, sagt Adriana Photien, die zweite Vorsitzende des Vereins, die auch den Ponyclub leitet, und deutet auf Angelinas Bein. „Ist euch das schon mal aufgefallen beim Putzen?“ Ein paar der Kinder nicken, andere schütteln den Kopf. „Das nennt man Kastanie. Und wie fühlt sich die an?“, fragt Adriana Photien weiter. „Hart“, meinen die Kinder, nachdem sie die auffällige Stelle vorsichtig berührt haben. „Genau, so hart wie Hufe“, sagt Photien. „Das kommt daher, dass Pferde früher zwei Hufe gehabt haben, und die Kastanie ist der Rest vom zweiten Huf.“ „Das hat Pauli auch!“, meint eines der Mädchen, das mal eben kurz nachgeguckt hat. „Genau, das hat jedes Pferd“, bestätigt Adriana Photien.

Als nächstes werden die Ponys gestriegelt und die Hufe kontrolliert. „Wenn da jetzt Steine oder Schlamm drin wären, würdet ihr das lassen?“, fragt die Ponyclub-Betreuerin weiter. „Nein!“, schallt es ganz empört im Chor zurück. „Was würdet ihr denn dann machen?“ Adriana Photien lässt nicht locker. „Jemand anderen fragen“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Die Betreuerin ist zufrieden: „Genau, jemanden, der stärker ist als ihr.“ Eines der Mädchen, das schon länger im Ponyclub ist, weiß sogar, warum man die Hufe regelmäßig auskratzen muss: „Sonst gibt es Fäule.“

Warum dann anschließend die Mähnen der Ponys geflochten werden, ist auch nicht so leicht zu beantworten. „Damit die Haare nicht vor die Augen fallen?“, mutmaßt Lena. „Nein“, verbessert Sarah, die nach mehr als einem Jahr im Ponyclub schon ein alter Hase ist: „Weil, wenn du die Zügel aufnimmst, hast du sonst die Haare in der Hand.“

Beim Sattelauflegen dürfen die Kinder helfen, die Trensen legt Adriana Photien aber lieber selber an: „Das klappt in der Altersklasse noch nicht“, meint sie, „eine Sekunde nachgedacht ist da schon zu viel.“ Jetzt geht es aber endlich in die Reithalle, in der schon die Reitlehrerin Inge Pfeiffer wartet und in der einige leichte Hindernisse – Rundhölzer, Schwimmnudeln, Plastikfolien und ein paar rot-weiß-gestreifte Kegel – aufgebaut worden sind. Erst wird gemeinsam gesungen, dann erklärt Inge Pfeiffer, wie man ein Ponyfreund wird: „Streicheln, kraulen, auch da, wo das Pferd selber nicht hinkommt.“ Und weil auch ein Freund mal erschrecken kann, zeigt sie, wie weit ein Pony nach hinten austreten kann und wie man das vermeidet: „Sonst trifft’s bei eurer Größe noch in den Bauch.“

Inzwischen sind Nepomuk und Sternchen hinzugekommen, zwei große Reitponys, die Charlotte und Sarah gehören. Die beiden können nach einem starken Jahr im Ponyclub schon richtig gut reiten und zeigen das gleich, indem sie erst im Schritt, dann im Trab die Hölzer und die Plastikfolie überqueren, einen Cricket-Schläger aus einem blauen Plastikeimer aufnehmen und in den nächsten Eimer stecken, bevor sie im Slalom um die Kegel herum zurückreiten und ein neues „Rundenkärtchen“ bei Inge Pfeiffer abholen.

Mit den beiden Shetlandponys, auf denen jeweils eines der übrigen vier Mädchen sitzt, während das andere führt, klappt das noch nicht so gut. Aber die haben ja auch kürzere Beine, und Angelina hat es sowieso „faustdick hinter den Ohren“, wie Adriana Photien schmunzelt. Statt ihre Hufe sorgfältig in die Abstände zwischen den Schwimmnudeln zu stellen, tritt sie ungeniert drauf, was sie selber überhaupt nicht stört. Gut, dass eine der Mütter am Rand des Reitrings steht und vor der nächsten Runde alles wieder ordentlich hinlegt. „Man sieht: Ohne die Mamas geht hier gar nichts!“, lacht Photien. Nachdem alle Rundenkärtchen abgeholt worden sind und die Kinder noch ein gemeinsames Schlusslied gesungen haben, ist der Ponyclub aber noch nicht zu Ende. Die Tiere werden abgesattelt, die Halfter ausgewaschen, die Putzkisten weggeräumt und die Laufbox ausgemistet. Zum Schluss gibt’s noch frisches Heu und Wasser für die Ponys, die ihre WG jetzt erst einmal wieder für sich alleine haben.