Der 63-Jährige erklärte sich bereit, dem Jüngeren seine Modelleisenbahn zu zeigen. Foto: dpa

Vom Vorwurf der Freiheitsberaubung und versuchten Raubes wurde der Mann freigesprochen.

Großbottwar - Vom Vorwurf der Freiheitsberaubung und versuchten Raubes sowie Diebstahls ist ein 32 Jahre alter Mann aus Großbottwar jetzt vor dem Amtsgericht Marbach entlastet worden. Gleichwohl bleibt der Lackierer im Gefängnis: Das Schöffengericht verurteilte ihn nach zwei Verhandlungstagen und der Vernehmung mehrerer Zeugen wegen vorsätzlicher Körperverletzung eines mittellosen Rentners zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis.

Zwar hat der 63-Jährige von der Auseinandersetzung keine schweren Verletzungen davongetragen, das spielte in der Entscheidung des Gerichts aber auch nicht die Hauptrolle. „Sie haben einen älteren Mann, der Ihnen körperlich weit unterlegen war, so zu Boden gestoßen, dass er ein Hämatom an der Stirn sowie Schürfwunden an der Hand und am Ellenbogen erlitt. Das geht gar nicht“, wandte sich die Vorsitzende Richterin des Schöffengerichts, Ursula Ziegler-Göller, bei der Urteilsbegründung an den Angeklagten. Die drei Richterinnen sahen es als erwiesen an, dass der 32-Jährige im April vergangenen Jahres den älteren Mann in einer Kneipe in Marbach ansprach und um Geld bat, weil er zuvor am Spielautomaten verloren hatte. Dieser gab ihm zwei Euro fünfzig, mehr habe er nicht. Nachdem auch diese im Spielautomaten verschwanden, kam der Angeklagte erneut auf den Mann zu, dieses Mal sprach man über dies und das und über Hobbys. Der Rentner aus Großbottwar erzählte von seiner Modelleisenbahn zuhause und willigte ein, sie dem 32-Jährigen zu zeigen.

„Die Eisenbahn ist sein Heiligtum und wohl auch das Wertvollste, was er besitzt und Sie haben sich im Hobbyraum nicht so benommen, wie er es wollte, vielleicht etwas angefasst“, fasste die Richterin die Ausgangssituation zusammen. Es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung, in deren weiteren Verlauf der Jüngere den Älteren zu Boden stieß.

Nach Überzeugung des Gerichts und im Gegensatz zur Verteidigung schmückte das Opfer die Geschichte nicht aus und belastete den Angeklagten im Nachhinein auch nicht besonders schwer. „Der ältere Herr kommt finanziell selbst kaum über die Runden. Er regte sich sehr über Ihr Benehmen in seinem Hobbykeller auf und kann wohl bis heute, gut ein Jahr nach der Tat, noch nicht fassen, was ihm da in seinen eigenen vier Wänden widerfahren ist.“

Seit er strafmündig ist, begeht der heute zweifache Vater immer wieder Straftaten, so dass ihm das Gericht keine günstige Sozialprognose ausstellte. 13 Mal schon stand er in seinem Leben vor einem Gericht und muss nun neben der Strafe aus Marbach noch eine 15-monatige Haftstrafe von einem Urteil des Amtsgerichts Böblingen wegen Diebstahls absitzen. „Sie müssen jetzt mal kapieren, was es heißt immer wieder Straftaten zu begehen: nämlich, dass man für längere Zeit ins Gefängnis muss,“ sagte Ursula Ziegler-Göller zu dem Angeklagten.