Einfach schön: Historisches Spektakel in historischer Kulisse. Foto: avanti

Großbottwar - Zum Glück waren wir da noch nicht auf der Welt!“ Dieser spontane Ausruf ist einer Frau entschlüpft, die mit einem gewissen Schaudern dem Henker Severinus zuhörte, der sein Folterwerkzeug erklärte. Doch für ein paar Stunden in diese Welt eintauchen, die irgendwo zwischen Mittelalter und Gegenwart angesiedelt ist, das wollten am Wochenende zahlreiche Menschen. Der Veranstalter MAG hatte dafür gesorgt, dass auf dem historischen Markt bekannte und neue Händler und Handwerker ihr Angebot feilhielten und sich allerlei buntes Volk in den Gassen rund um den Marktplatz aufhielt. „Das ist einfach eine tolle Location hier für so was!“, meinte eine Frau ganz begeistert beim Blick auf die alten Fachwerkhäuser.

Anstandsregeln sind zu beachten

Bevor das Treiben so richtig losging, verkündete der Herold, welche Regeln zu beachten seien. So erging eine Warnung an potenzielle Wildpinkler. Bei solchen Frevlern würde „am schuldigen Körperteil ein Seil befestigt“ und die Betreffenden über den Markt geschleift. Der langen Liste von Regeln folgte ein guter Ratschlag: „Gehet hin und schmeißet euer Geld mit vollen Händen hinaus!“

Nützliches, Seltenes und Kurioses

Messer und Werkzeuge für das Mannsvolk, Zierrat und Kochgeschirr für die Weiberleute, Holzschwerter für kleine Ritter und Haarbänder für Burgfräulein ließen die Geldkatzen locker sitzen. Auch Raritäten konnte man auf dem Markt entdecken. Maren Dehdarian etwa bot unter anderem längliche Schoten vom indischen Goldregenbaum feil, die man öffnen und auslutschen konnte – eine traditionelle Süßigkeit. Auf zauberhafte Klänge setzte dagegen der Mainhardter Ronald Waldbüßer, Er hatte ungewöhnliche selbst gebaute Musikinstrumente mitgebracht wie eine Obertonflöte, ein Monochord oder Klangstühle.

Bühnenprogramm lockt die Schaulustigen

Ausgesprochen abwechslungsreich ging es auch auf und vor der Bühne zu. Gauklerinnen lockten mit Jonglage- und Tanzvorführungen und ließen unter lauten „Jubel!“-Rufen des Publikums Zauberhüte durch die Luft wirbeln, die „Rattenstampfer“ führten schwungvolle Tänze auf, Ritter zeigten Schaukämpfe, bei denen das Publikum mitmachen durfte, Bene Vobis beschallte den Platz mit mittelalterlich anmutenden Klängen. „Ohrenfreut“ zogen mit ihrer Musik ebenso durch die Gassen wie Puppenspieler Ragnar mit seinem Eisdrachen. „Beißt der?“, fragte eine Besucherin. „Noi, der schluckt em Ganze“, lautete die beruhigende Antwort.

Mitmachaktionen und Handwerkerstraße

Wie wäre es mit einer selbst gemachten Marionette? Einer selbst gezogenen Bienenwachskerze oder selbst gemischtem Zaubersalz? Oder sollte man doch lieber auf Edelsteinsuche gehen oder mit einer Armbrust schießen? Die Mitmachaktionen kamen auch in diesem Jahr bei Kindern und junggebliebenen Erwachsenen gut an. Ebenso spannend war es aber, den Profis über die Schulter zu schauen. Der gebürtige Litauer Rimantas Mekenas etwa zeigte, wie man Bernstein schleift. Auch Korbflechter, Schmied, Spinnerin oder Bürstenmacher ließen sich gerne bei der Arbeit zusehen und befragen.

Speis’ und Trank

Und wer von all dem Schauen und Staunen Hunger bekommen hatte, auf den warteten Spanferkel oder Hanffladen, Käselappen oder Süßes. Selbst für Vierbeiner war gesorgt: Mit „Bergtrollbeinen“ für den großen oder „Medusas Beifang“ für den kleinen Hunger. Klingt doch viel netter als Kalbsknochen und Trockenfisch.