Berg in Flammen 2018 Foto: Werner Kuhnle

Hunderte von Lichtern weisen den Besuchern bei „Berg in Flammen“ den Weg.

Großbottwar - Es ist kurz vor 17 Uhr: Die Sonne ist schon untergegangen, der Harzberg in Großbottwar liegt im Dämmerlicht. Cosima Pantle und die anderen Helfer, die sich für den Standdienst bei Berg in Flammen gemeldet haben, treffen sich. Die 19-Jährige ist dieses Jahr zum ersten Mal „so richtig dabei“. Im Vorjahr unterstützte sie ihren Vater, der ein Mitglied der Bottwartaler Winzer ist. Zusammen mit den drei anderen Freiwilligen an ihrem Stand stellt sie nun die Weinflaschen auf die Theke, ordnet die Gläser und zündet die letzten Kerzen an.

Bereits zum siebten Mal organisieren die Bottwartaler Winzer die Veranstaltung in den Weinbergen. An fünf Hütten, einer Vesperstation und einer Hauptstation auf dem Gipfel schenken die Mitglieder Wein und Sekt aus und verkaufen kleine Leckereien.

17.30 Uhr: In der Straße Kellerrain treffen sich die ersten Grüppchen, um gemeinsam zum Startpunkt des Abends zu laufen. Da es dieses Jahr keinen Zubringer gibt, parken viele Gäste im Wohngebiet am Fuße des Harzbergs. Sobald sie die letzten Häuser hinter sich gelassen haben, umfängt sie die stockfinstere Nacht. „Sind wir hier überhaupt richtig?“, fragt eine Frau. Hinter der nächsten Kurve ist jedoch klar: Der Weg stimmt. Hunderte von Flammschalen weisen den Besuchern den Weg bis zur Gläserausgabe.

18 Uhr: Die ersten Gäste haben sich an der Station 1 eingefunden. In dem Seccohäuschen gibt es Sekt und Eselsohren, die die Landfrauen gebacken haben. Kerstin und Katrin sind mit ihren Partnern und Söhnen auch in diesem Jahr wieder gekommen. „Die Atmosphäre ist hier einfach schön“, erklärt Katrin, die extra aus Remseck hergefahren ist. „Außerdem können wir auf die Weise Halloween entgehen“, ergänzt Kerstin lachend. Die beiden kleinen Jungen scheinen sich derweil mehr für ihre Taschenlampen zu interessieren, die sie in den dunklen Weinbergen optimal einsetzen können.

Im Stand bedient Christoph Streicher. Der junge Mann hilft schon seit einigen Jahren bei der Veranstaltung: „Ich bin immer im gleichen Team. Wenn man einmal dabei ist, ist man immer dabei – bis zur Rente!“

Neben Christoph Streicher helfen noch weitere 74 Personen mit, wie die Verantwortliche bei den Winzern, Beate Bayer, berichtet: „Die Helfer sind super eingespielt und arbeiten meistens schon seit Jahren zusammen.“ Aus diesem Grund können auch viele Pläne aus dem Vorjahr übernommen werden, erst die letzten beiden Wochen vor der Veranstaltung würden dann sehr arbeitsintensiv.

18.20 Uhr: Ernst und Erna aus Großbottwar sind schon zum fünften Mal bei Berg in Flammen und haben schon ihre eigene Strategie entwickelt: Sie kaufen sich an den meisten Ständen nur ein Glas Wein und teilen es sich dann. Da sie eher Sekt und Weißwein mag und er lieber Rotwein, klappt das gut. So auch bei Station 2, dem Weißweinhäuschen.

Zwischen den einzelnen Stationen sorgen erhöhte Feuerschalen und Schwedenfeuer dafür, dass sich die Besucher nicht verlaufen. Die brennenden Schalen auf dem Boden sind alle in kleine Erdlöcher eingelassen.

19.05 Uhr: „Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie viel Mühe es gemacht hat, diese ganzen Lichter aufzustellen“, denkt Lisa am Roséhäuschen laut nach, „das ist echt faszinierend.“ Ihre Freundin Katharina und sie haben die Veranstaltung auf Facebook gesehen und haben sich entschieden, einen „halloweenfreien“ Abend zu verbringen. Einen Verbesserungsvorschlag haben die 23- und die 22-Jährige jedoch: „Es wäre gut, wenn es an jedem Stand eine größere Getränkeauswahl gäbe. Nicht jeder mag zum Beispiel Sekt.“

19.15 Uhr: Seit zwei Stunden laufen in der Weinberghütte neben dem Rotweinhäuschen die Brotmesser heiß. Eine Gruppe von Männern und Frauen, überwiegend im Rentenalter, schmiert die Griebenschmalzbrote. 16 Kilogramm Schmalz und 25 Laib Brot werden die Genossenschaftsmitglieder im Laufe des Abends verarbeiten. Wie das Fest draußen lauft? „Wir haben keine Zeit, uns umzuschauen“, erklärt eine rüstige Rentnerin, die im Eiltempo die Brotscheiben schichtet, „wir sind hier zum Arbeiten.“

Albert Schlipf von den Bottwartaler Winzern war der Ideengeber von „Berg in Flammen“. 2011 spielte er erstmals mit dem Gedanken, eine solche Aktion auf die Beine zu stellen. Die Idee dahinter sei gewesen, den Gästen das Produkt Wein dort anzubieten, wo es wachse, nämlich mitten im Wengert. „Licht, Wärme und Wein zusammenzubringen, das ist eine tolle Kombination“, betonte Schlipf damals.

19.40 Uhr: Die Besucher scheinen dem Erfinder von „Berg in Flammen“ Recht zu geben. Von Station zu Station wird die Stimmung ausgelassener und der Geräuschpegel steigt. Sei es wegen der Menge an getrunkenem Alkohol oder wegen der gemütlichen Atmosphäre – die Stimmung ist auf jeden Fall gut. An Station 5, dem Betthupferl, könnte es aber auch an der feinen Gewürztraminer-Praline liegen. „Für viele ist sie der Höhepunkt“, weiß Elke Lochmann, die im letzten Häuschen des Weges nach dem Rechten sieht. „Ein Konditor verarbeitet unseren Gewürztraminer zu dieser Süßigkeit.“ Im letzten Jahr seien die Pralinen noch vor Ende der Veranstaltung ausverkauft gewesen. Aus diesem Grund haben die Weingärtner dieses Jahr über 1000 Stück zubereiten lassen.

20 Uhr: Kurz vor der Gipfelstation, an der es die größte Auswahl an Getränken und Speisen gibt, hält sich eine an diesem Abend eher unterrepräsentierte Altersgruppe auf: Teenager. Carolin, Annika und Tanja sind 16 Jahre und genießen es, dass sie endlich Wein trinken dürfen. „Viele in unserem Alter mögen überhaupt keinen Wein, aber ich komme aus einer Weinbauernfamilie. Für mich gehört Wein einfach dazu“, beschreibt Carolin ihre Vorliebe. Dass sie den Abend mit so vielen Ältere verbringen, stört die drei Jugendlichen nicht. Für ein wenig Gruselstimmung sorgen die langen, schwarzen Vampirumhänge, die zwei von den Mädchen tragen. Sie kommen nämlich direkt von einem Halloween-abend.