Fast fertig: Das Gesundheitszentrum in Pleidelsheim. Mehr als fünf Millionen Euro kostet die Einrichtung, mit der die Gemeinde die medizinische Versorgung im Ort konzentrieren und optimieren möchte. Foto: Ralf Poller/Avanti

Mehrere hundert Besucher besichtigen das neue, fast fertig Ärztehaus in Pleidelsheim. Die erste Praxis will im Juni beginnen.

Es herrscht reger Andrang am Samstagvormittag im Gesundheitszentrum Pleidelsheim in der Riedbachstraße, das erstmals seine Türen für Interessierte in den drei Stockwerken öffnet. Mehrere hundert Besucher wandeln durch den hellen und mit viel Glas gestalteten Neubau. Unter anderem – auf dem Arm seines Vaters – auch ein kleiner Junge, der voller Stolz einen Spielzeug-Bauhelm auf dem Kopf hat und in den Händen eine Spielzeug-Motorsäge hält. „Das ist der Mann fürs Grobe“, witzelt der Architekt Mathias Orth, dessen Büro KMB aus Ludwigsburg das Gesundheitszentrum geplant hat, und der zusammen mit Bauleiterin Theresa Engel und Pleidelsheims Bürgermeister Ralf Trettner die Fragen der Besucher beantwortet. „Was ihm nicht gefällt, sägt er weg“, antwortet der Vater schmunzelnd.

Erst die Bagger, dann die Funde

Die Stimmung ist entspannt an diesem Samstagvormittag – wahrscheinlich auch, weil die größten Klippen des Bauprojektes mittlerweile umschifft sind. 2018 hat die Gemeinde mit der Planung des rund 5,5 Millionen Euro teuren Ärztehauses begonnen, Baubeginn war vor eineinhalb Jahren. Allerdings mussten die Bauarbeiten schnell wieder gestoppt werden, weil auf dem Gelände archäologische Funde aus dem Mittelalter beziehungsweise sogar aus der Römerzeit entdeckt worden waren. „Wir wussten aber, dass das passieren kann und haben einen entsprechenden Puffer eingeplant“, erklärte Bürgermeister Trettner.

Gefragte Handwerker

Auch Mathias Orth, dessen Büro ein ähnliches Ärztehaus-Projekt schon in Bietigheim-Bissingen realisiert hat, blickte relativ entspannt auf die Bauzeit zurück: „Ein Neubau verläuft zwar nie linear, aber es gab keine nennenswerten Verzögerungen wegen fehlender Baustofflieferungen oder Ähnlichem“, erzählte er. Die größte Herausforderung sei es gewesen, die Handwerker zu koordinieren, die zeitgleich auch auf anderen Baustellen im Einsatz gewesen seien.

Mit dem neuen Ärztehaus wird die medizinische Versorgung in Pleidelsheim konzentriert und optimiert. „Der Hausarzt im Erdgeschoss hat einen weiteren Arzt angestellt und war bisher in einem Gebäude aus den 1970er-Jahren tätig“, erläuterte Bürgermeister Trettner. Dank des Aufzugs im Haus seien alle Praxen barrierefrei zu erreichen, was in der bisherigen Zahnarztpraxis und in der Kinderarztpraxis nicht der Fall gewesen sei. Die Rosenapotheke im Erdgeschoss habe nun viel mehr Platz, ebenso wie die Physio-Praxis im ersten Stock.

Keine fossilen Brennstoffe

Physiotherapeut Timo Günther wird im Übrigen der Erste sein, der seine Praxis „Physiomotion“ in Betrieb nehmen wird. „Der Start ist Mitte Juni geplant“, sagte Bauleiterin Theresa Engel. Die Räumlichkeiten von Physiomotion und der Kinderarztpraxis hat die Gemeinde im Übrigen an die Mediziner verkauft, ebenso wie die beiden Wohnungen im Dachgeschoss. „Damit haben wir 50 Prozent unserer Kosten refinanziert, die restlichen Räumlichkeiten sind vermietet“, erklärte Trettner.

Die Gemeinde habe bei dem Projekt hohe ökologische Standards gesetzt. Heizung und Kühlung würden über eine Wasser-Wärme-Pumpe geregelt, auf fossile Brennstoffe werde komplett verzichtet. Auf dem Dach befinde sich eine Fotovoltaikanlage, die deutlich mehr Energie produziere als im gesamten Haus benötigt werde. Darüber hinaus befinde sich im Erdgeschoss einen öffentliche Toilette, die im Eigentum der Gemeinde stehe.

Kampf um die Ärzteschaft

Zahlreiche Besucher ließen die Besichtigung bei strahlendem Sonnenschein bei Snacks und Getränken ausklingen, die der Tanzclub Neckartal vor dem Gebäude anbot. „Das große Interesse zeigt, dass wir mit unserem neuen Gesundheitszentrum Pleidelsheim einen Nerv getroffen haben“, sagte Bürgermeister Ralf Trettner. Neben einem Supermarkt sei die ärztliche Versorgung das Wichtigste, was eine Gemeinde anbieten müsse. Und das ist nicht so selbstverständlich, wie es klingen mag. „Der Kampf um die Ärzteschaft wird zunehmen. Umso wichtiger ist es, dass wir den Medizinern auch was bieten können“, sagte Trettner.