Bei dem Unfall war ein Radfahrer aus Großbottwar gestürzt. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Ein Gerichtsprozess am Amtsgericht Marbach beschäftigt sich mit einem Unfall zwischen einer Autofahrerin und einem Radfahrer. Das Verfahren gegen die Autofahrerin wird eingestellt.

Steinheim/Marbach - Wer hat Schuld am Unfall zwischen einem Radfahrer und einem Auto im Sommer vergangenen Jahres in Steinheim? Dieser Frage ist das Amtsgericht Marbach jetzt auf den Grund gegangen und hat sich zur Klärung des Sachverhaltes einen Gutachter zum Verfahren geholt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine 32 Jahre alte Autofahrerin der fahrlässigen Körperverletzung, die mit Geldstrafe und bis zu drei Jahren Gefängnis belegt ist, angeklagt.

Auf der Bahnhofstraße in Steinheim überholte diese Mitte August einen Fahrradfahrer, um anschließend rechts abzubiegen. Die damals hochschwangere Frau bremste jedoch ihr Fahrzeug so abrupt ab und bog nicht ab, dass der Radfahrer auf den Kofferraum des Autos prallte und zu Boden ging.

„Als ich abbiegen wollte, kam ein Auto aus der Straße. Es war nicht auf seiner Spur und ich musste abbremsen“, berichtete die Angeklagte im Gerichtssaal den Unfallhergang aus ihrer Sicht. Sie habe ihre Hand auf den Schalthebel gelegt, um zurückzufahren, da habe es auch schon den Schlag gegeben. Ihr Blinker sei die ganze Zeit über an gewesen.

Das konnte das Opfer vier Monate nach dem Ereignis nicht mit Sicherheit bestätigen. „Ich sah das Auto an der Seitenstraße stehen und konzentrierte mich darauf, ob es meine bestehende Vorfahrt beachtet, als mich von hinten ein Wagen rasch überholte, mir den Weg abschnitt, und dann lag ich auch schon auf dem Auto“, berichtete der 66-Jährige aus Großbottwar ruhig und sachlich den Prozessbeteiligten. Seiner Erinnerung nach stand das Fahrzeug, als er auf den Kofferraum aufschlug. Er trug mehrere Prellungen und eine Platzwunde an der Lippe davon sowie Schäden an seinem Rad.

Auch die Fahrerin des Wagens aus der Seitenstraße kam vor Gericht zu Wort: Die 32-jährige Assistentin wollte nach links abbiegen, als sie wahrnahm, dass das Auto der Angeklagten stark abbremste und etwa in der gleichen Sekunde das Rad, das sie zuvor nicht wahrgenommen hatte, mit deren Auto kollidierte. Sie bestritt, nicht auf ihrer Spur gefahren zu sein.

Ein Bild von der Verkehrssituation hatte sich der Kfz-Sachverständige sowohl vor Ort als auch mit Hilfe einer Drohne sowie Gesprächen mit den ermittelnden Polizeibeamten gemacht. Er hatte mit verschiedenen Annahmen mehrere Szenarien entworfen und erläuterte diese vor Gericht. Anhand der Wischspuren ist unstrittig, dass der Architekt aus Großbottwar hinten links auf das Auto prallte und über den Kofferraum flog. Das spreche für eine bereits eingeschlagene Radstellung des Autos. Ob es aber stand oder fuhr, lässt sich dem Experten zufolge nicht mehr klären, ebenso die Geschwindigkeiten.

Richterin Ursula Ziegler-Göller schlug vor, das Verfahren gegen die Zahlung einer Auflage von 400 Euro einzustellen. Dem folgten Staatsanwaltschaft und Verteidigung, diese jedoch – mit Blick auf eine mögliche Schadenersatzklage des Opfers – mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass damit keine Schuldanerkennung verbunden sei.