Lebhafte Gespräche zum geplanten Gewerbegebiet hat es am Mittwochmorgen unter der großen Linde am Marktplatz gegeben. Foto: Werner Kuhnle

Zur Frage, ob auf den Benzäckern ein großes Gewerbegebiet entstehen soll, gibt es einen Bürgerentscheid – und im Vorfeld dessen viele Möglichkeiten zur Information.

Die Meinung von Wilfried Helber zum geplanten großen interkommunalen Gewerbegebiet auf Mundelsheimer Gemarkung ist eindeutig: „Ich finde, es gibt nichts Besseres für Mundelsheim.“ Und er begründet das auch: „Wir haben hier keinen Metzger, und es gibt kaum noch eine Wirtschaft, wo man abends mal hingehen und sich treffen kann.“ Mit dem Gewerbegebiet Benzäcker, so hofft er, käme wieder mehr Leben in die Neckargemeinde. Helber ist der erste, der am Mittwochmorgen das Gesprächsangebot von Bürgermeister Boris Seitz zu einem Treffen unter der Linde am Bürgerhaus angenommen hat. Bis 11 Uhr folgen nochmals gut zehn Mundelsheimer, die die Gelegenheit wahrnehmen und sich vor dem Bürgerentscheid am 29.  Mai informieren, aber auch eigene Anregungen weitergeben wollen. Bis zur Abstimmung gibt es noch etliche weitere Termine, auch ein digitales Angebot ist geplant.

Die Gewerbesteuer könnte man gut brauchen

Helga und Manfred Keller gehören ebenfalls zu den ersten, die auf den Marktplatz gekommen sind. „Ich kann beide Seiten verstehen“, sagt Helga Keller. „Die, die das Gebiet ablehnen, aber auch die, die darin Vorteile für die Gemeinde sehen. Deshalb bin ich hin- und hergerissen.“ Ihr Mann Manfred legt vor allem Wert auf eins: dass man die etwa 20 Hektar große Fläche nicht nur an einige wenige große Firmen oder gar nur an eine vergibt. „Dann ist man abhängig“, sagt er und ärgert sich über ein Unternehmen im nahen Gewerbegebiet Ottmarsheimer Höhe: „Der steht mit seinen Lastern mitten auf der Straße und blockiert alles.“ Einen Logistiker wolle man auf keinen Fall, versichert Seitz, obwohl es entsprechende Anfragen gegeben habe. Geplant sei eine gute Mischung mit einer höheren Arbeitsplatzdichte als beim Ottmarsheimer Gewerbegebiet.

Helga Keller äußert die Hoffnung, dass man mit den künftigen Einnahmen aus der Gewerbesteuer „vielleicht auch unser Freibädle erhalten kann“. Für sie steht jedenfalls fest: „Wir informieren uns weiter und gehen auch zur Veranstaltung in die Käsberghalle.“

“Unser Naherholungsgebiet ist nicht neben der Autobahn“

Für Wilfried Helber ist das Thema Gewerbegebiet noch aus einem anderen Grund interessant. Er besitzt nahe der Autobahn ein Baumgrundstück und fragt, was daraus werden soll. Der Rathauschef erklärt, dass nicht alles zugebaut werden, sondern auch ein bisschen Natur erhalten bleiben solle. Da könne man dann Bänke hinstellen oder auch einen kleinen Wasserlauf schaffen. Wasser gäbe es aus Sicht von Seitz dort oben genug, notfalls aus der Wasserleitung. Ein Naherholungsgebiet, wie es die Gegner des Gewerbegebiets darstellen, sei das Areal jedenfalls derzeit nicht: „Unser Naherholungsgebiet ist nicht neben der Autobahn“, sagt er trocken. Wilfried Helber möchte aber auch wissen, ob die in einer Mulde gelegene Gemeinde gegen Starkregen geschützt sei, wenn so viel Fläche versiegelt werde. „Wir haben eine Starkregenkarte schon beauftragt. Das Gebiet wird sowieso nicht gebaut werden ohne mehrere Rückhaltebecken“, versichert Seitz. Und heutzutage werde auch nichts mehr gebaut, ohne Kaltluftschneisen zu berücksichtigen. Was den Verkehrsanschluss betreffe, sei das Sache des Regierungspräsidiums.

Bürgermeister und Gemeinderat initiieren erstmals Bürgerentscheid

Alles, was die Bürger im Gespräch mit dem Bürgermeister an Fragen und Anregungen mitbringen, notieren zwei Mitarbeiterinnen einer Stadtberatung aus Ostfildern, die auch mit der Öffentlichkeitsarbeit für das Projekt beauftragt ist, auf bunten Karten, die an einer Chartwand befestigt werden. Man kann seine Anliegen auch selber schriftlich notieren und in vorbereitete Kästen werfen.

Für die Mundelsheimer ist es nach der Käsberghalle und dem Neubaugebiet Seelhofen IV der dritte Bürgerentscheid. Aber der erste, der von Bürgermeister und Gemeinderat ausgeht – in Form eines Ratsbegehren.

Gewerbegebiet Benzäcker – das ist sonst noch geplant

Mehr Infos
Eine weitere Vor-Ort-Aktion soll es am Donnerstag, 31. März, von 14 bis 16 Uhr geben. Am Montag, 25. April, steht eine Veranstaltung für Jungwähler auf dem Plan, am Mittwoch, 27. April, ein interkommunaler Dialog und am Freitag, 6. Mai, schließlich eine Einwohnerversammlung.

Protest
Die Attac-Regionalgruppe und andere Organisationen planen für Samstag, 26. März, eine Kunstaktion rund um das geplante Gewerbegebiet. Dabei sollen zwischen 15 und 17 Uhr rings um das Areal hölzerne Stelen mit dem Schriftzug „BenzÄCKER erhalten“ aufgestellt werden. Etwa 20 dieser roten Stelen hat die Gruppe bereits vorbereitet. Die öffentliche Aktion, zu der Interessierte eingeladen sind, ist ein Ausdruck des Protests gegen die weitere Versiegelung wertvoller Ackerflächen in einer bereits belasteten Region.