Die Stadt und der Alexanderkirchenverein können sich über einen warmen Geldsegen freuen. Foto: dpa//Andrea Warnecke

Annita Gailing hat der Kommune eine Wohnung und einen üppigen Geldbetrag vermacht. Die Verwaltung überlegt nun, wie die Summe gewinnbringend angelegt werden kann.

Marbach - Es kommt nicht alle Tage vor, dass sich eine Kommune über einen unerwarteten Geldsegen freuen darf. In Marbach ist es nun aber so weit: Annita Gailing hat der Stadt neben einer Wohnung 235 000 Euro vermacht. Wenig verwunderlich war dann auch die Entscheidung des Verwaltungsausschusses, der jetzt einmütig beschlossen hat, den letzten Willen der Verstorbenen zu erfüllen und das Erbe anzunehmen.

Erbschaft ist für Seniorenstift gedacht

Wie allerdings der Bürgermeister Jan Trost hervorhob, geht die Kommune damit auch eine Verpflichtung ein. Denn sowohl das Geld als auch die Erträge aus der derzeit vermieteten 67-Quadratmeter-Wohnung in der Schwabstraße kann die Stadt nicht nach Lust und Laune ausgeben. Der Erlös, so sieht es das Testament von Annita Gailing vor, muss voll und ganz dem Seniorenstift Schillerhöhe überlassen und dort „für den Schutz und die Hilfe für ältere Menschen bei Krankheit, Behinderung und Pflegebedürftigkeit“ verwendet werden, heißt es in der Vorlage zu der Ausschusssitzung. Es gehe darum, etwas zur Verbesserung der Lebenssituation der älteren Herrschaften in dem Haus beizutragen, erläuterte Jan Trost den Räten.

Verein gegründet Stiftung

Die Stadt ist aber nicht alleine in dem Testament berücksichtigt worden. Die andere Hälfte ihres Vermögens habe sie dem Alexanderkirchenverein vermacht, sagte der Rathauschef. Konkret wurden dem Kreis der Gotteshaus-Förderer zwei Wohnungen und ebenfalls 235 000 Euro überlassen. Wobei hier ein anderes rechtliches Konstrukt greift. Mit dem Eintreten des Erbfalls sei eine Stiftung gegründet worden, erläutert Herbert Pötzsch auf Nachfrage. Eigentümer sei der Verein, der das Vermögen quasi treuhänderisch verwalte, fügt der Vorsitzende hinzu. Der Alt-Bürgermeister der Schillerstadt schätzt, dass über die Miete der Wohnungen und Erträge aus dem Geldvermögen jährlich zwischen 5000 und 10 000  Euro ausgeschüttet werden können.

„Das ist Geld, das wir gut gebrauchen können“, betont Pötzsch. Allerdings ist es in einer Hinsicht dann doch wie bei der Stadt: Die im Mai 2020 verstorbene Annita Gailing hat per Testament verfügt, dass die Eurobeträge der Stiftung zweckgebunden eingesetzt werden müssen. Zum einen für den Erhalt der Alexanderkirche. „Das deckt sich mit den Zielen des Vereins“, konstatiert Pötzsch. Zum anderen dürfen die Erträge für Veranstaltungen verwendet werden. Das verschaffe dem Verein mehr Freiraum beim Engagement von Künstlern, sagt der Alt-Schultes. Es sei dann möglich, einen Hochkaräter zu verpflichten und diesem beispielsweise Anreise und Übernachtung zu finanzieren.

Kein Vereinsmitglied gewesen

Wie Herbert Pötzsch berichtet, hat Annitag Gailing den Verein auch schon vor ihrem Ableben unterstützt. „Sie hat dem Verein jedes Jahr etwas gespendet“, sagt er. Und sie sei auch zu nahezu jeder Veranstaltung der Alexanderkirchen-Freunde gekommen – obwohl sie selbst kein Mitglied gewesen sei.

Wenngleich sich der Vorsitzende natürlich über die Erbschaft freut, stehen er und seine Mitstreiter nun auch vor einer gewissen Herausforderung: Sie müssen versuchen, das Geld, von dem ein kleiner Teil für die Renovierung einer der geerbten Wohnungen benötigt wurde, gewinnbringend anzulegen – aber zugleich sicher und angemessen, wie Pötzsch betont. In Zeiten der Niedrigzinsen kein einfaches Unterfangen, weshalb sich der Verein in der Sache nun auch beraten lässt.

Genaue jährliche Summe ist noch unklar

Ähnlich geht es der Stadt. Man könne beispielsweise nicht in spekulative Aktien investieren, betont Jan Trost. Es werde eine seriöse Anlage angestrebt. Außerdem müssten für die Wohnung Rücklagen für mögliche Investitionen gebildet werden. Da also noch einige Fragen zu klären sind, lasse sich auch nicht sagen, welche Summe dem Seniorenstift pro Jahr zur Verfügung stehen werde.

Die Stadt verwalte das Geld aus dem Erbe, das Altenheim, in dem Gailing ihren Lebensabend verbracht hat, werde aber selbst entscheiden, wie es die Mittel einsetzt. Die Verantwortlichen im Seniorenstift müssten jedoch umgekehrt der Kommune mitteilen, was sie mit den Euros bewegt haben. Über dieses System werde garantiert, dass der Zweck der Erbschaft erfüllt wird, erläutert Jan Trost.

Lesen Sie mehr zum Thema: „Gemeinde Murr erbt rund 450 000 Euro“