Antonio Pierri hat an Arjete Hyseni (links) und Liridona Aliqku übergeben.Sedat Güragac und Debora Parra machen jetzt gemeinsame Sache. Foto: Sandra Brock

Take-Away ist an der Tagesordnung, macht aber nicht wirklich glücklich. In der Gastronomie in Marbach und im Bottwartal tut sich derzeit einiges. Es gibt sowohl positive als auch negative Entwicklungen in der Region.

Marbach/Bottwartal - Um zu sehen, wie sehr die Gastronomie unter den Einschränkungen in der Corona-Pandemie leidet, reicht ein Blick vor die Haustüre. Viele Betriebe in Marbach und im Bottwartal sind gebeutelt. Die, die erst vor Kurzem mit viel Engagement eröffnet haben, hat es als erste getroffen, scheint es. So haben die Pächter des Marbacher Schillerhofes bereits die Reißleine gezogen und zugemacht (wir berichteten).

Auch das Magdalen’s
im Großbottwarer Weingut Bruker bleibt nun geschlossen. „Nach mehr als zwölf Monaten mit massiven Einschränkungen, davon sechs Monate ohne die Option, überhaupt öffnen zu dürfen und keinerlei Perspektive in naher Zukunft“, habe man sich zu diesem Schritt entschlossen, teilen die Macher via Facebook mit. „Es warten in Zukunft neue Projekte und Herausforderungen auf jeden von uns.“ Markus Bruker wollte darüber hinaus keine Stellungnahme abgeben. Das Magdalen’s von Markus Bruker und Jörg Berghoff hatte im April 2019 in den umgebauten Räumlichkeiten des Bruker’schen Besens eröffnet und moderne Land- und Crossoverküche angeboten.

„Fühlen uns allein gelassen“

Weiter geöffnet hat Jägers Restaurant Schillerhöhe in Marbach. Allerdings „halten wir uns eher schlecht als recht über Wasser“, sagen die Betreiber Armin und Regina Jäger. „Von der Regierung fühlen wir uns alleine gelassen, und eine richtige Perspektive gibt es nicht. Wir wissen nicht, wie lange wir das noch durchhalten. Uns geht die Puste aus.“

Im Sommer 2009 übernahm das Ehepaar Jäger das Restaurant der Stadthalle auf der Marbacher Schillerhöhe. Alles lief gut – Gäste kamen aus nah und fern, große und kleine Veranstaltungen waren an der Tagesordnung. „Der Schock war groß, als vergangenes Jahr klar wurde, dass alle Restaurants schließen müssen“, sagt Küchenchefin Regina Jäger. Für sie und ihr gesamtes Team war klar: „Aus Solidarität und mit dem Ziel, das Corona-Virus gemeinsam zu besiegen, bleiben die Türen geschlossen.“ Alle Corona-Maßnahmen wurden peinlichst genau umgesetzt, betonen die Jägers, und nach dem ersten Lockdown sei die Freude groß gewesen, wieder Kunden bedienen und verwöhnen zu dürfen.

Allerdings: „Der durch den ersten Lockdown entstandene finanzielle Schaden ist riesengroß und lässt sich nicht mehr auffangen“, erklärt Regina Jäger. Und dann der zweite Lockdown seit November: „Gerecht geht es schon lange nicht mehr zu, wenn ein Teil der Bevölkerung arbeitet und weiterhin uneingeschränkt sein Geld verdient und der andere Teil den Kopf hinhalten muss“, so Regina Jäger. „Wir kämpfen Woche für Woche um das Überleben mit der Hoffnung, dass der Alptraum bald ein Ende findet.“ Dankbar sind die Betreiber für den Zusammenhalt im Team, aber auch bei den Kunden, die das Take-Away-Angebot nutzen. „Wenn es auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist – wir geben nicht auf und werden die Ärmel hochkrempeln.“

Umfassender Umbau im Café Winkler

Die Ärmel hochgekrempelt hat auch Sedat Güragac vom Café Winkler in der Marbacher Marktstraße. Im zweiten Lockdown im Winter baute er umfassend um und hatte zudem eine Idee: Weil er künftig auch einen Mittagstisch anbieten wollte, ging er auf Debora Parra vom benachbarten i-Dipfele
zu. „Wir kommen nur gemeinsam aus der Krise“, sagen die beiden neuen Geschäftspartner.

Seit wenigen Wochen hat deshalb das i-Dipfele zu, und das Team geht im Café Winkler seiner Arbeit nach. „Ziel war, dass wir vom Frühstück bis zum Abendessen alles anbieten“, betont Güragac. Bis wieder Gäste vor Ort verköstigt werden können, wird es zwar wohl noch eine Weile dauern, aber die beiden sind zuversichtlich. Momentan gibt es alles To Go beziehungsweise als Lieferung, sobald es die Lage zulässt, wird draußen geöffnet. „Dadurch, dass wir jetzt zu zweit sind, ist alles besser“, sind sie sich einig, und Debora Parra fügt an: „Wir sind auch für jede Unterstützung dankbar – egal ob vom Staat oder von der Stadt.“

Mehr Zeit für die Familie

Einer, der ebenfalls für sich die Reißleine gezogen hat, ist Antonio Pierri vom Eiscafé Silvana am oberen Ende der Fußgängerzone. Er hat das Café Anfang April an Arjete Hyseni übergeben. Die Entscheidung hatte allerdings nur im weitesten Sinne mit der Pandemie zu tun. „Ich war immer von früh bis spät hier, im Lockdown habe ich dann gemerkt, wie wichtig die Familie ist. Ich will mit meinem kleinen Sohn nicht noch mehr Zeit verpassen.“ Also übergab er das Café.

Arjete Hysenis Schwägerin Liridona Aliqku wird derzeit von Antonio Pierri eingearbeitet und fühlt sich mittlerweile gewappnet für das Terrassen-Geschäft, das „so wichtig wäre. Wir leben von der Saison“, sagt der bisherige Chef der Eisdiele. Ändern soll sich im Café übrigens durch den Wechsel nichts. „Wir machen das eins zu eins weiter wie Antonio“, betont Liridona Aliqku.