Der technische Leiter Björn Jähnke im Herz der Belüftungsanlage, die in den Pausen die gesamte Saalluft austauschen kann. Foto: Werner Kuhnle

Die Marbacher Stadthalle bietet seit 1957 ein besonderes Ambiente für Veranstaltungen aller Art. Ein Rundgang durch das Haus offenbart, was dem Zuschauer verborgen bleibt.

Marbach - Björn Jähnke ist der technische Leiter der Marbacher Stadthalle und könnte als Vorbild für Schillers berühmtes Zitat gedient haben: „Die wahren Optimisten sind nicht überzeugt, dass alles gut gehen wird, aber sie sind überzeugt, dass nicht alles schiefgehen kann.“ Denn immerhin passen 838 Besucher in die Halle, davon 118 auf der Empore bei Vollbestuhlung. Im besten Fall bekommen die Zuschauer von Jähnke und seinem Team überhaupt nichts mit. Läuft alles reibungslos – und das ist die Regel –, bemerkt keiner, was diese Menschen hinter den Kulissen leisten. Doch was ist dafür hinter den Kulissen und im Bauch dieser Halle erforderlich? Was erwartet einen in den Katakomben unter der Stadthalle?

Gute Akustik bis in den letzten Winkel

In der Eingangshalle treffen wir Harald Stuber, der mit seiner 50-Prozent-Stelle alles am Laufen hält und ohne den hier nichts so reibungslos funktionieren würde, wie Jähnke betont. Stuber hat gerade Sturmschäden in den Grünanlagen beseitigt, und jetzt geht es an die Aufräumarbeiten im Keller. Die Starkregenereignisse der vergangenen Wochen haben Wassermassen ins Gebäude gedrückt und dem Team Nachtschichten beschert. Jetzt müssen die Nässeschäden in tagelanger Arbeit beseitigt werden.

Jähnke führt zuerst auf die Empore. Hier sorgt er selbst – oder bei größeren Veranstaltungen Frederik Farley aus dem Stadthallenteam – für die richtige Akustik. Erst wenn im letzten Winkel immer noch alles gut hörbar ist, gibt er sich zufrieden. Dafür sorgt die Schaltzentrale mit Lichtregie und Tonpult. Zu Schillers 250. Geburtstag ist zwischen 2007 bis 2009 die gesamte Lichttechnik im Verbund mit umfangreichen Renovierungsarbeiten auf den neuesten Stand gehoben worden.

Viel mehr Technik und viel mehr Sicherheit

„Je mehr wir im Vorfeld klären, umso einfacher wird es während der Veranstaltung“, schildert Jähnke seine Erfahrung. Mit seiner Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik und seinen beiden Meisterbriefen für Veranstaltungs- sowie Bühnen- und Beleuchtungstechnik ist der 32-Jährige bestens für alle Anforderungen gerüstet.

Dabei haben sich die Ansprüche deutlich gewandelt. Viel mehr Technik und viel mehr Sicherheit könnte das in Kurzform umschrieben werden. Ob nun strenge Brandschutzverordnungen, minutiös geplante Rettungswege, viel mehr Digitales bei Licht und Ton oder der Wunsch der Besucher nach schnellem, ruckelfreiem WLAN: All diese Technik muss funktionieren und will beherrscht sein.

An der südöstlichen Stirnseite ist schließlich das technische Herz der Halle: die Bühne mit ihren 180 Quadratmetern – im Fachjargon FOH – front of house – genannt. Bei Bedarf kann sie über den zweieinhalb Meter tiefen Orchestergraben hinaus erweitert werden.

Schwere Scheinwerfer an der Decke

Ein Bühnenturm wäre der Wunschtraum aller, weil er für Techniker wie Künstler gleichermaßen die Arbeit erleichtern und Möglichkeiten enorm erweitern würde. Doch die heutigen Anforderungen lassen sich eben nicht mehr in ein Gebäude hinein transplantieren, das schon seit 1957 die Schillerhöhe ziert. So hängen die gewaltigen Scheinwerfer an der Decke. „An dünnen unmerkbaren Seilen hängen oft fürchterliche Gewichte“, könnte hier Schiller zu Recht vermerken. Die Zusammenarbeit der Kollegen funktioniere reibungslos, obwohl alle im Bühnenbereich Tätigen speziell seien und eben ihren eigenen Charakter hätten, wie Jähnke schmunzelnd schildert.

Ein Steinway-Flügel aus dem Jahr 1917 gehört hinter der Bühne mit zur Ausstattung. Obwohl das Instrument zwei Weltkriege überstanden hat, ist es immer noch voll einsatzfähig. Hinter der Bühne gibt es zahlreiche Lager- und Abstellräume. „Wie in allen solchen Gebäuden viel zu klein“, bedauert Jähnke die knappe logistische Fläche.

Strom vom Solardach

Über eine Treppe am Aufzug des Orchestergrabens vorbei gelangen wir über einen Flur in den Bauch, die Katakomben der Halle. Wo heute riesige Belüftungsschächte verlaufen, lag vor dem Umbau noch eine Kegelbahn des angrenzenden Restaurants. Die drei Belüftungsanlagen für Saal, Untergeschoss, Toiletten und Restaurant müssen immerhin im Saal in den kurzen Pausen die komplette Raumluft austauschen. Eine Klimaanlage sorgt mit einem auf sieben Grad Celsius gekühlten Pufferspeicher immer für die richtige Temperatur, ob Sommer oder Winter. Weiter Richtung Westen folgt die Akku-Anlage, die selbst bei Stromausfall für drei Stunden die Sicherheitsbeleuchtung garantiert. Daneben ist der Wechselrichter und speist den auf dem Solardach erzeugten Strom ins Netz.

Wärmelieferung vom Hallenbad

Dahinter liegen noch wertvolle Exponate des Stadtarchivs. Alles ist in XXL-Ausführung. Riesige Rohre, Tanks und Leitungen schimmern technisch kalt, fast etwas gespenstisch im Neonlicht. Obwohl die Heizung mit dem daneben liegenden Hallenbad gekoppelt ist, kann seit Einbau der neuen Heizungsanlage das gesamte Gebäude autonom beheizt werden, sollte die Wärmelieferung vom Hallenbad einmal ausfallen.

In einem Arbeits- und Gemeinschaftsraum hängt Werkzeug an der Wand und steht stellvertretend für die penible Ordnung im gesamten Haus. Alles hat seinen Platz, nichts liegt irgendwo herum, versperrt den Weg oder muss mühsam gesucht werden. Spätestens jetzt wird klar: Reibungslose Abläufe sind hier kein Zufall, sondern minutiös von den Verantwortlichen geplant.