Foto: Werner Kuhnle

Die neue Kampfsportschule Rauser in Höpfigheim ist Anlaufstelle für Sportler von nah und fern. Trainerin Regina Rauser verfügt über viel Erfahrung – und achtet aufs Miteinander.

Steinheim-Höpfigheim - Die Umgebung, unscheinbar. Wohnhäuser reihen sich aneinander, am Garten plätschert der Beutenmühlebach dahin. Doch hier mittendrin, in einem frisch umgebauten Industriegebäude, geht es tagtäglich zur Sache: In der Kampfsportschule Rauser in Höpfigheim feilen Männer, Frauen und Jugendliche in verschiedensten Stilrichtungen an ihrer Technik. Das passiert unter der Anleitung von der aus Pleidelsheim stammenden Trainerin Regina Rauser, die sich mit der Einrichtung ein Ziel verwirklicht hat und sich wie kein Zweiter darüber freuen dürfte, dass die Übungsstunden nach der Corona-Pause endlich stattfinden.

Zwei Jahre hatten sie und ihr Mann das Gebäude in jeder sich bietenden Sekunde umgebaut. Nebenher wurde mit Privattraining im Nebenraum geübt, der Boxsack kurzerhand draußen an die Baggerschaufel gehängt. Die offizielle Eröffnung war dann für die Höpfigheimer Gesundheitstage im März geplant. Die mussten aber abgesagt werden. „Wir hatten zwei Tage geöffnet, bevor wieder alles zu war“, blickt Regina Rauser zurück. Klar, sie habe sich erst schütteln müssen. Mit Outdoor-Alternativen wie Joggen auf Abstand überstand sie aber diese Zeit.

Inzwischen wird in der mit Matten ausgelegten Halle trainiert. Mit Corona-Beauftragtem, der fürs Lüften oder auch das Einhalten des Abstands bei Gruppenübungen zuständig ist, und einem eigens eingerichteten Corona-Eingang. Heute stehen die Grundlagen des Kickboxens auf dem Programm. Gekommen sind sechs Teilnehmer und eine Teilnehmerin. Einer schwärmt: „Es macht Spaß, seine Grenzen regelmäßig rauszuschieben. Gerade die Fortschritte, die man am Anfang macht, sind beachtlich.“ Im November bestreitet er seinen ersten Wettkampf im Kickboxen – entsprechend fokussiert läuft das Training ab. Die Gruppe kommt, das merkt man gleich, gut miteinander aus, ist eingespielt. Ein Neumitglied, das seine dritte Einheit absolviert, ist voll integriert. Darauf legt Regina Rauser besonderen Wert. „Es ist mir lieber, dass das Team langsam wächst, dafür aber zusammenpasst.“ Denn beim Kampfsport seien Rücksichtnahme und ein empathischer Umgang mit dem Gegenüber elementar. „Man muss sich auch gegenseitig korrigieren dürfen und sollte den Lerneffekt des Gegenübers beachten. Egoismus hat hier keinen Platz“, stellt die Trainerin klar.

So viel vor und nach der Übungsstunde gesprochen und gelacht wird, so still wird es, sobald Regina Rauser einen schwarzen Gürtel umlegt. Dann ist Training angesagt. Oder wie ein Teilnehmer neben der Disziplin und der Teamarbeit zu den Vorzügen des Kampfsports lachend sagt: „Im Beruf muss ich viel reden – hier kann ich zur Abwechslung die Klappe halten“. Zu hören sind der Atem der Sportler, die flinken Füße auf den Matten, das Auftreffen der Boxhandschuhe, und nach kurzen Durchgängen Regina Rauser, die klare Vorgaben und Hilfestellungen gibt und ins Detail geht. Mit einem prägnant ausgerufenen „Oss“ nicken die Teilnehmer ab, bevor es direkt an die Umsetzung geht.

„Mir ist wichtig, dass jeder seine Sportart von der Pike auf lernt und die Grundlagen drauf hat. Es muss nicht jeder gut sein, es soll sich aber jeder auf seinem Niveau anstrengen“, sagt die Trainerin. Ein Punkt, den Teilnehmerin Fabia Ille besonders schätzt. Sie ist seit drei Monaten dabei. „Man lernt Schritt für Schritt, wird nicht ins kalte Wasser geworfen. Das hier ist auch seit langem der erste Sport, der mir richtig zusagt.“ Dass sie die einzige Frau der Gruppe ist, sei kein Problem. „Ich habe da keine Angst und fühle mich trotzdem wohl.“ Und ihre Trainerin Regina Rauser stellt bei ihr eine tolle Entwicklung fest. „Am Anfang fiel es ihr nicht leicht, vor den Jungs und Männern zu trainieren. Inzwischen macht ihr das gar nichts aus. Wenn ich das sehe, bekomme ich Gänsehaut“, schwärmt sie.

Zum Repertoire zählen neben dem Kickboxen unter anderem Boxen, Ju Jutsu, MMA, Arnis und Selbstverteidigung. An Wettkämpfen kann, muss aber nicht teilgenommen werden. Das breite Angebot zieht Sportler aus Vaihingen/Enz über Backnang bis Ilsfeld an. Die Altersspanne reicht von elf bis etwa 50 Jahre. Auch eine Kindergruppe existiert, für die es coronabedingt eine Warteliste gibt. Die Teilnehmer aller Einheiten profitieren von der Erfahrung Regina Rausers. Sie ist studierte Sportlehrerin, arbeitete 20 Jahre als Rehatrainerin und Kraftsport-B-Trainerin im Fitnessstudio. Dann lernte sie Ju Jutsu kennen. 20 Jahre ist das her, doch sie erinnert sich haargenau: „Ich war direkt Feuer und Flamme. Die Komplexität, das Auge für den Gegner, die Vielfalt der Technik“, zählt sie die Gründe für ihre Begeisterung auf. Im Fitnessstudio hörte sie auf, stattdessen fuhr sie mit dem Wohnmobil durch Deutschland, um von Trainern zu lernen. Unter anderem über den Deutschen Olympischen Sport-Bund bildete sie sich weiter – viele Zertifikate schmücken heute die Wand der Trainingshalle. Und während sie dann jahrelang selbst als Referentin für Trainer und Sportler unterwegs war, gerade was Trainingsmethodik angeht, reifte das Ziel von der Kampfsportschule. Auch um die Männerdomäne zu durchbrechen und den „leider schlechten Ruf“ den Kampfsports zu verbessern. „Ich gebe Wissen auch unheimlich gerne weiter.“ Die Voraussetzungen für all das sind gegeben, hier im beschaulichen Wohngebiet. Die Nachbarn stört’s nicht: „Wir sind hier auch prima aufgenommen worden!“