Die Helfer sind drei Tage lang auf der Plantage bei Großbottwar im Einsatz gewesen. Foto: Werner Kuhnle

Bei Großbottwar wächst die „Crème de la Crème“ der Europäischen Lärche. Die Nachfrage nach den Samen ist riesig.

Großbottwar - Zapfen um Zapfen zupfen die rund zehn Arbeiter in ihren orangefarbenen Jacken von den am Boden liegenden Ästen. Die Stimmung ist gut, es wird sich unterhalten und gelacht. Mal sitzend, mal kniend, mal stehend geht die Gruppe ihrer Aufgabe nach, speziell die hellbraunen Zapfen zu sammeln. Die sind jung und tragen Wertvolles in sich. Stück für Stück wandert in die Säcke, während die alten, dunkelbraunen Zapfen keine Beachtung finden. Eine mühsame Arbeit. An drei Tagen ging das so in den vergangenen zwei Wochen. Doch was genau sammelten die Helfer da am Hang des Harzbergs bei Großbottwar so eifrig ein?

Abgesehen haben sie es auf die Samen, die sich in den Zapfen befinden. Die stammen von den Lärchen, die hier umgeben von Feld und Weinberg auf einer Plantage wachsen. Zu hunderten. Neben Großbottwar gibt es solche Lärchen-Plantagen in Baden-Württemberg nur bei Denkendorf und am Kaiserstuhl. Und „geerntet“ werden konnte in diesem Jahr nur in Großbottwar – auch wenn es ertragreichere Jahre gibt. Doch der hohe Bedarf an den Samen sorgte dafür, dass sich das Team dennoch an den Harzberg aufmachte, um zumindest 40 der Lärchen abzuernten. Bei den anderen Plantagen gab es so wenige Samen, dass die Ernte nicht lohnte. Die Mast, also die ertragreiche Ernte, findet bei Lärchen nur alle paar Jahre statt.

Crème de la Crème der Europäischen Lärche

Um nicht auf den 30 bis 35 Metern hohen Bäumen herumklettern zu müssen, und da diese sowieso gestutzt werden sollen, wurden die Äste mithilfe eines Hubwagens abgesägt. So kann kostengünstig und ohne Gesundheitsrisiko am Boden gesammelt werden. „Da oben zu klettern wäre lebensgefährlich“, sagt Thomas Ebinger, der die Gruppe hier anleitet.

Er ist Leiter der Servicestelle an der Staatsklenge in Nagold, an der forstliches Saatgut gelagert und aufbereitet wird. Ebinger macht deutlich, welch besonderes Gut auf dem staatlichen Boden in Großbottwar wächst. „Auch wenn die Bäume vielleicht nicht so aussehen. Aber das ist die Crème de la Crème der Europäischen Lärche. Sie trägt das beste Erbgut.“ Für die Plantage seien einst die Samen der schönsten Exemplare dieser Baumart verwendet worden. Angelegt wurde sie auf dem freien Feld, damit sich im Umkreis von 400 Metern kein anderer Wald, und somit keine andere Lärche befindet. „Die Plantage hier ist ideal. Es bestäuben sich nur die Spitzenbäume gegenseitig.“

Zehn Kilogramm Samen werden gesammelt

Zusammen kamen diesmal etwas mehr als 300 Kilogramm Zapfen, die etwa zehn Kilogramm Samen in sich tragen. Daraus können wiederum 700 000 bis 800 000 Bäume gewonnen werden. Ein kleiner Teil der Samen wird erst in der Staatsklenge eingelagert, der Großteil direkt an Baumschulen weitergegeben, wo sie eingesetzt werden. Nach zwei Jahren sind die Bäume 50 Zentimeter groß und werden in Wälder in ganz Deutschland verpflanzt. Um die ist es ja nicht gut bestellt – entsprechend hoch ist die Nachfrage. Gerade oberhalb der Mainlinie wird das Saatgut eigentlich aller Baumarten benötigt, sagt Ebinger. Auch an die Baumschulen muss nun irgendwie gerecht verteilt werden. Werden die Lärchen in den Wäldern dann einmal gefällt, wird das Holz gerne für Außenverschalungen, etwa an Terrassen, verwendet. „Es ist sehr wertvolles Holz.“

Eine weitere Besonderheit der Lärchen in Großbottwar ist ihre Wuchsform. Manche von ihnen seien wie Skulpturen, findet Thomas Ebinger, der betont, dass die Nachkommen ganz anders, schöner aussehen. Was in Großbottwar anders ist? Man sehe genau, auf welcher Höhe die Bäume vor vielleicht 30 Jahren gestutzt wurden, erklärt der Oberamtsrat und zeigt auf die Stellen in rund fünf Metern Höhe, an denen aus dem Stamm mehrere Äste werden. Hier trieben die Bäume damals aus. Nach dem Stutzen sind die Lärchen dann offensichtlich einige Jahre nicht mehr gepflegt worden – weshalb sie in die Höhe sprießten. Dass sie nun nach und nach wieder deutlich eingekürzt werden, hat drei Gründe: Durch die sich dann neu bildende Verästelung bilden sich eine breitere Krone und damit mehr Zapfen und Samen. Es fällt weniger Schatten, wodurch die Bäume besser wachsen. Und sie sind eben einfacher zu beernten.

Um die Wälder steht es schlecht

Inwieweit die Lärche dem Klimawandel standhalten wird, das sei ungewiss, sagt Thomas Ebinger. Man sei ja erst am Anfang dieser Entwicklung. „Wie Bäume es generell verkraften, wenn es innerhalb einer Woche Temperaturunterschiede von fast 40 Grad gibt, wie in diesem Jahr, wissen wir einfach nicht. Das kennen die Bäume noch nicht.“ Die Lärche habe aber bessere Chancen als die Fichte, die in Großbottwar nebenan ebenfalls auf einer Plantage wächst. Aufgrund der Trockenheit werde man diese Baumart hierzulande über kurz oder lang verlieren. Thomas Ebinger spricht von einer dramatischen Lage: „Vielleicht sind wir irgendwann froh, wenn hier überhaupt noch etwas wächst.“ Die Bedeutung von Plantagen wie der am Harzberg dürfte also eher zu- statt abnehmen.