Gürtel so weit das Augen reicht – in allen Längen, Materialien, Farben und Mustern. Foto: KS-Images.de

In der Gürtelmanufaktur Hepco bleiben so gut wie keine Wünsche offen. Tradition trifft hier auf Moderne – auch wenn die Zeit in der Produktionshalle stehen geblieben zu sein scheint.

Marbach - Eine Gürtelmanufaktur in Marbach? Klingt gut, aber wo soll denn die bitteschön sein? Susanne Sträb schmunzelt. Sie kennt Fragen wie diese und sie weiß um das Erstaunen der Kunden, wenn sie den Weg in die Hepco-Räume in der Rielingshäuser Straße gefunden haben und sich in einem Mekka individueller, handgefertigter Lederaccessoires wiederfinden. Zugegeben, ein Mekka, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint – zumindest was die Räumlichkeiten, aber nicht die Produkte angeht.

Schon beim Betreten der traditionsreichen Manufaktur nimmt einen der Duft von Leder gefangen – gepaart mit dem Erkennen, dass sich an diesem Fleckchen Erde eine Welt ungeahnter Möglichkeiten eröffnet. „Wir bieten ein Mix-Match-System“, erklärt Susanne Sträb, eine der Geschäftsführerinnen des Marbacher Unternehmens, beim Gang durch die Fertigung. Meterlang ist das Regal, in denen mehr als 1000 unterschiedliche Gürtelschließen in unzähligen kleinen Kästchen auf ihren großen Auftritt warten „Jeder kann sich seinen Gürtel – also die Art des Leders, die Farbe und die Schließe – individuell zusammenstellen“, erklärt die 59-Jährige. Nicht selten kommt es vor, dass ein Kunde mit einem Kleidungsstück im Verkaufsraum steht und einen passenden Gürtel sucht.

1922 wurde die Manufaktur in der Landeshauptstadt gegründet

Tradition und Moderne, das wird schnell klar, gehen eine nicht selbstverständliche Symbiose ein. 1922 wurde die Manufaktur Carl Hepting in der Landeshauptstadt gegründet. Der erste Auftrag: Die Fertigung des Bodens für die Stuttgarter Straßenbahnen aus einem Teppich kleiner Lederstücke.

Der erste Verkaufsschlager war dann ein Ledergürtel für die damaligen Kolonien. Mitte der 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts exportierte das Unternehmen bereits Gürtel in alle Welt. In den 70ern war aus der Manufaktur dann eine international agierende Firma geworden, die täglich zehntausende Artikel für den Weltmarkt herstellte. In der 1973 in Pfullingen in Betrieb genommenen Kofferfabrik liefen täglich bis zu 5000 Koffer und 1000 Ledertaschen vom Band. Gürtel wurden rund 50 000 Stück pro Tag gefertigt. Ende der Siebziger wendete sich schließlich das Blatt: Outsourcing, Modekonzerne und internationales Preisdumping machten dem Unternehmen das Leben schwerer und schwerer. Nach der ersten Insolvenz Ende der 80er folgte die Zweite.

Susanne Sträb hält dem Betrieb, der schließlich Ende der 80er-Jahre nach Marbach zog, seit 1989 die Treue. Mehr noch. Als 2002 eine weitere Insolvenz ins Haus steht, kauft sie zusammen mit Carola Meyer und Peter Hummel die Sparte Gürtelproduktion aus der Insolvenzmasse heraus. „Wir hatten so viele Aufträge und tolle Kunden“, erinnert sich Susanne Sträb an den Neustart, „und sind dann einfach ins kalte Wasser gesprungen.“

2003 dann der Umzug in die Räume der ehemaligen Fabrik Feyhl. Zuvor war man nur ein paar Meter entfernt auf dem Gelände, auf dem jetzt Kaufland ist. Kleiner und individueller wollte man an den Neustart gehen. Mit in der Umzugsmasse: unzählige Gerätschaften, mit denen noch heute gefertigt oder repariert wird. Spaltmaschinen, die die Lederstücke auf die gewünschte Dicke spalten, Tackermaschinen, Maschinen, die die Löcher oder die Spitze in den Gürtel stanzen, Prägemaschinen und natürlich auch zig Nähmaschinen – und Automaten.

Die Preisspanne der Gürtel ist groß

Den Großteil des Leders bezieht Hepco aus der Region. Der Bezug zur Heimat, verbunden mit einer Qualitätsgarantie ist dem Chef-Trio wichtig. Auch das Thema Nachhaltigkeit gewinnt an Präsenz. „Wobei nach unserer Erfahrung Männer da viel zugänglicher sind als Frauen. Denen ist es oft egal – da können es auch drei Gürtel bei H&M für 9,99 Euro sein.“ Neben Sattelleder, Marmorleder – ein marmoriertes Rindsleder – und Vollrindleder bietet Hepco auch bio-zertifiziertes Rhabarberleder, also ein mit Rhabarberwurzel geprägtes Leder, an, das die Marbacher Manufaktur aus Leipzig bezieht. Preislich ist die Spanne groß. „Das geht los bei 25 Euro für einen Gürtel aus Spaltleder, weiter über einen Gürtel aus Vollrindsleder der dann 40 bis 50 Euro kostet“, so Carola Meyer. Und die Art der Schließe spielt natürlich auch noch eine Rolle bei der Preisfindung. Neben Gürteln bietet Hepco auch Gürteltaschen, Lederschmuck oder Hosenträger an. Letztere liegen wieder im Trend.

Da der klassische Einzelhandel in den Städten nicht nur in Deutschland, sondern auch in Belgien und Holland, wohin Hepco exportiert, immer seltener wird, gewinnt der Lagerverkauf in der Rielingshäuser Straße an Bedeutung. Und da lässt man sich einiges einfallen. „Bei uns kann man zum Beispiel auch eine Gürtelparty machen – also mit Freunden zu uns kommen und dann verwirklichen wir die Wünsche der Partygäste und natürlich des Gastgebers“, erzählt Meyer. „Das kam bisher immer super an.“