Reinhard Schäfer hat drei Tanks per Spedition verschickt. Sie sind eine große Hilfe. Foto: /Reinhard Schäfer

Nach der Flut im Ahrtal kommt Hilfe aus dem Bottwartal: Hiesige Weingüter unterstützen die Winzer mit Tanks und Spendenaktionen

Steinheim-Kleinbottwar - Es geht um Solidarität. Soviel steht für Reinhard Schäfer vom gleichnamigen Weingut fest. Deshalb hat er nicht gezögert, als der Verband Ecovin, zu dem das Weingut Schäfer in Kleinbottwar gehört, eine Hilfsaktion für Winzer in Not gestartet hat. Der Verband für ökologisch arbeitende Weingüter hatte seine Mitglieder aufgefordert, den Kollegen in Not nach der Flutkatastrophe an der Ahr mit Sachspenden unter die Arme zu greifen. Denn teilweise hat das Hochwasser vor wenigen Wochen den Weinbauern ihre Existenzgrundlage geraubt.

Es fehlt an Lagermöglichkeiten

„Wir haben drei Tanks nach Ahrweiler zu unserem Kollegen Christoph Bäcker geschickt“, berichtet Reinhard Schäfer. Denn das Wasser habe Bäckers Keller zerstört und nun habe er keine Möglichkeit mehr, den Wein nach der bevorstehenden Lese zu lagern. Schäfer hat gebrauchte Fässer mit 1000, 600 und 500 Liter Fassungsvermögen aus seinem Bestand herausgesucht, verpackt und auf eigene Kosten mit einer Spedition in das Krisengebiet an der Ahr versandt. Schäfer kennt den Adressaten Bäcker von der Vorstandsarbeit bei Ecovin und weiß genau, dass er die Tanks dringend benötigt. Auch von einer Weinpumpe hat er sich getrennt, die nun in Bäckers Dienst stehen soll. Schäfer freut sich, dass er Bäcker bei der Rettung seines Weingutes helfen kann – seine Lieferung hat einen Gegenwert von rund 1500 Euro.

Von Ecovin-Kollegen an der Mosel weiß Schäfer auch, dass sie an die Ahr gereist sind, um bei Aufräumarbeiten zu helfen. Und auch in den beschädigten Weinbergen haben die Helfer Hand angelegt.

Christoph Bäcker ist für die Hilfe unendlich dankbar. Er hat ein Weingut in Bad Neuenahr-Ahrweiler gepachtet. Hier ist der Keller komplett vollgelaufen – die Lagermöglichkeiten für seinen Wein sind zerstört, ebenso Maschinen, die Traubenmühle, Pumpen, Fässer. In der Probierstube, im Eingangsbereich und auf der Verkaufsfläche stand das Wasser einen Meter hoch – obwohl das Weingut rund 200 Meter Luftlinie von der Ahr entfernt liegt. Das Wasser hat auch volle Weinfässer erwischt: 5500 Liter Wein mussten vernichtet werden. Von den 2,5 Hektar Rebflächen ist ein Hektar komplett zerstört. Auf den verbleibenden 1,5 Hektar kämpft der Winzer mit einem Pilz.

Die Tanks sind sehr wertvoll

Auch Wochen nach der Katastrophe steht Bäcker noch völlig unter dem Eindruck des Erlebten. „Kein Drehbuchautor kann sich so etwas ausdenken“, sagt der 60-Jährige. Und doch sieht er Hoffnung und Licht am Ende des Tunnels. Dank der Hilfe, die ihn von anderen Weingütern erreicht. „Die Tanks von Reinhard Schäfer sind sehr wertvoll“, sagt er. Wenn alles gut läuft, dann kann Bäcker im Herbst die Lese durchziehen und seinen Wein machen. Allerlei Geräte hat er dazu erhalten. Am Tag vor der Katastrophe, so berichtet er, hatte er noch Wein in Flaschen gefüllt. Mit der Hilfe von Winzern, die beispielsweise von der Mosel herbeigeeilt waren, konnten all die Flaschen gereinigt werden und sind somit gerettet.

Viele Bausteine für Einmannbetrieb

Bäcker spricht von „vielen Bausteinen“, die zusammen ein großes Hilfspaket ergeben haben. „Alleine hätte ich das nie geschafft“, sagt der – sein Weingut ist ein Einmannbetrieb. „Und all die Hilfe kommt von privater Seite, nicht vom Staat“, sagt er. Mittlerweile hat er seine Räume entkernt und könnte wieder Kunden empfangen – doch es kommt kaum jemand. „Wir leben eigentlich von Touristen.“

Graf Adelmann spendet Wein

Petra Neuber, Geschäftsführerin von Ecovin, ist sehr froh über die Hilfsbereitschaft und Solidarität ihrer Mitglieder. Viele Weinbauern haben sich dabei auch an der Hilfsaktion des Verbands der deutschen Prädikatsweingüter (VDP) beteiligt. So zum Beispiel das Weingut Graf Adelmann in Kleinbottwar. Rund 400 Flaschen Wein hat Felix Graf Adelmann gespendet. Viele Tausend Flaschen aus dem ganzen Land sind bei der Aktion zusammen gekommen und wurden als gemischte Pakete gepackt und verkauft – der Erlös soll an die gebeutelten Winzer gehen.

Not soll gelindert werden

Das Schicksal der Kollegen habe ihn sehr betroffen gemacht, berichtet Felix Graf Adelmann. Und auch wenn das Jahr 2021 ein eher schwieriges war, so sei das doch nichts im Vergleich zu der Not im Ahrtal.

Ob Christoph Bäcker mit seinem Weingut eine Chance hat, kann er derzeit noch nicht sagen. „Ich kann das alles noch nicht überblicken.“

Die Flutkatastrophe im Ahrtal

Hochwasser
 Beim verheerenden Hochwasser im Ahrgebiet sind viele Menschen in den Wassermassen ums Leben gekommen, andere haben ihr Hab und Gut verloren. Auch Wochen nach dem Unglück laufen die Aufräumarbeiten noch.

Schaden bei Winzern
 Das Hochwasser hat auch viele Weingüter an der Ahr getroffen. Keller, die zur Lagerung benötigt werden, sind zerstört worden. Es fehlt den betroffenen Weinbauern an Geräten und beispielsweise Tanks. Auch die Weinberge selbst sind vielerorts stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Ohne die Hilfe der Kollegen aus dem ganzen Land hätten viele Winzer ihre Weingüter vermutlich verloren gegeben. Die Ahr gehört zu den kleineren deutschen Anbaugebieten und erstreckt sich über 25 Kilometer entlang des Flusses. 560 Hektar sind dort mit Reben bestockt. An der Ahr überwiegt der Anbau roter Trauben. Der Schutz des engen Tals sorgt für ein mildes Mikroklima.