Das Gebäude soll mit Solarmodulen bestückt werden und ohne Klimaanlage auskommen. Foto: Fre/vogel/Mayer Architekten

Automatisierungsspezialist verlegt Zentrale ins Industriegebiet. Der Spatenstich soll möglichst schnell erfolgen. In Marbach setzt man große Hoffnungen in die Firma.

Marbach - Die Fotos, die die Vertreter der Firma Jetter nun im Marbacher Ausschuss für Umwelt und Technik präsentiert haben, dokumentierten eindrücklich, wie eng es in der Zentrale in Ludwigsburg-Neckarweihingen zugeht. „Das hat den Nachteil, dass man in manchen Prozessen nicht wirklich schnell arbeiten kann, sondern häufiger hin- und herräumen muss. Das ist also alles andere als effizient“, konstatierte der Vorstandsvorsitzende Christian Benz. Kein Wunder also, dass das Unternehmen seine Fühler nach einem neuen Standort ausgestreckt hatte, auf dem es sich vergrößern kann – und dabei im Marbacher Energie- und Technologiepark fündig wurde. Dort können nun voraussichtlich auch bald die Bagger anrücken. Denn von dem Ausschuss des Gemeinderats bekam die Firma grünes Licht, auf rund einem Hektar ein Ensemble aus Bürogebäude und Produktionshalle mit Lager- und Logistikbereich zu bauen.

Alter Standort wird aufgegeben

Benz will die Bautrupps so schnell wie möglich anrücken lassen und rechnet damit, dass es zwischen eineinhalb und zwei Jahren dauern wird, bis das neue Domizil steht. Es werde anvisiert, Mitte des Jahres 2023 in die Räumen einzuziehen. Im Gegenzug wird der bisherige Standort in Neckarweihingen aufgegeben. Marbach darf sich indes auf ein Unternehmen freuen, das den Idealvorstellungen der Kommune ziemlich nahekommt. Der Automatisierungsspezialist bringt auf einen Schlag rund 200 neue Arbeitsplätze in die Schillerstadt, fast die Hälfte der Mitarbeiter sind Ingenieure. Stadträte und Verwaltungsspitze werten den Zuzug von Jetter deshalb geradezu als Clou. „Das ist eine zukunftsfähige Firma mit hochattraktiven Arbeitsplätzen“, resümierte Bürgermeister Jan Trost. Er erinnerte zudem daran, dass das Unternehmen ein guter Steuerzahler sei, so dass man auch in finanzieller Hinsicht von dem Standortwechsel des Mittelständlers profitiere.

Gebäude mit sieben Ebenen

Jetter hatte eigentlich schon im vergangenen Jahr mit dem Neubau am Thomas Alva-Edison-Ring loslegen wollen, coronabedingt habe sich der ursprüngliche Zeitplan aber nicht halten lassen, sagte Jan Trost. Für einen Spatenstich 2021 braucht es indes nach dem Ja des Ausschusses nur noch das Einverständnis der übergeordneten Behörden. Gibt es auch von der Stelle keine Bedenken, soll auf dem Gelände gleich hinter Lila Logistik ein siebengeschossiges Büro- und Verwaltungsgebäude plus Produktionshalle entstehen. Der Gesamtkomplex wird so gedreht, dass die Halle zur Landesstraße hin zeigt und die Büroräume in der entgegengesetzten Richtung angeordnet werden – um ein lärmfreies Arbeiten zu gewährleisten, wie Architekt Jochen Freivogel vom Ludwigsburger Büro Freivogel-Mayer erläuterte. Das Ensemble wird unter anderem über eine Kantine, ein Betriebsrestaurant sowie einen Konferenzraum verfügen. Die Gruppenbüros sind je nach Gusto unterteilbar. Da man über das Prinzip der Nachtlüftung auch im Sommer für angenehme Temperaturen sorgen wird, könne man auf eine energiefressende Klimaanlage verzichten, sagte Freivogel.

Energie aus der Erde

Er machte zudem deutlich, dass man auch generell den Umweltgedanken bei der Konzeption im Blick hatte. „Wir erstellen ein Gebäude mit einem sehr niederen Energiestandard“, betonte der Architekt. Geheizt werde via Geothermie, die im Sommer wiederum zum Kühlen eingesetzt werden könne. Der Strom für diese Prozesse soll über eine Fotovoltaikanlage mit einer Leistung von 300 Kilowatt peak auf dem rund 5000 Quadratmeter großen Dach der Halle gewonnen werden. Außerdem wurde auch an die Angestellten gedacht, die mit dem Drahtesel zur Arbeit pendeln. Für sie werden 50 Radabstellplätze geschaffen. Zudem will man 53 Stellmöglichkeiten für Autos auf dem Grundstück im Marbacher Energie- und Technologiepark ausweisen.

Lob für die Architektur

Im Marbacher Ausschuss für Umwelt und Technik stießen die Pläne auf breite Zustimmung. „Das ist eine tolle Errungenschaft für unsere Stadt, an dieser Stelle einen so potenten Arbeitgeber ansiedeln zu können“, sagte Jochen Biesinger von der CDU. Ähnlich war die Gefühlslage bei Jürgen Waser von den Grünen. „Ich glaube, das wird das schönste Gebäude im Energie- und Technologiepark“, sagte er und strich zudem explizit als Pluspunkte die Fotovoltaikanlage und den Verzicht auf eine Klimaanlage heraus. „Das ist ein tolles, ansprechendes Gebäude, das in die Landschaft passt“, pflichtete Heinz Reichert von der SPD bei. Martin Mistele von den Freien Wählern zeigte sich zudem beeindruckt von dem Konzept der kurzen Wege in dem Ensemble, „so dass ein effektives Arbeiten ermöglichen wird“. Für Benjamin Flaig von Puls stand ebenfalls außer Frage, „dass das gute Arbeitsplätze sind“. Nach seinem Geschmack wird aber bei dem Projekt zu viel Fläche versiegelt, weshalb er dem Bauantrag als Einziger nicht zustimmte, sondern sich enthielt.

Hightech aus dem Landkreis

Gründung
Gegründet wurde die Firma Jetter 1980, der Stammsitz liegt derzeit noch in Neckarweihingen, soll aber Mitte 2023 nach Marbach verlegt werden. 2013 hat die Bucher Industries AG aus der Schweiz die Aktienmehrheit bei dem Unternehmen übernommen, das sich auf Automatisierungstechnik spezialisiert hat. Elektronische Komponenten und Software aus dem Hause Jetter werden bei Sondermaschinen, beispielsweise für Folienverpackungen, sowie landwirtschaftlichen und kommunalen Spezial-Fahrzeugen eingesetzt. Der Umsatz lag 2019 bei rund 65 Millionen Euro, 2020 nur knapp darunter. Insgesamt beschäftigt die Firma rund 300 Mitarbeiter, 200 werden es in Marbach sein.