Fahrzeuge und Teile von AMG sind begehrt. Foto: Daimler AG/Mercedes-Benz AG - Global Commun

Ein damaliger Mitarbeiter von AMG hat auf eigene Rechnung mit Sportradsätzen gehandelt – dafür gab es zwei Jahre Haft auf Bewährung.

Mit zwei Jahren Haft auf Bewährung ist der vor dem Schöffengericht Ludwigsburg angeklagte ehemalige Mitarbeiter des Affalterbacher Automobilwerks AMG knapp am Knast vorbei geschrammt. Die Staatsanwaltschaft hatte für den Mann, der Sportradsätze zum Weiterverkauf verschwinden lassen hat, drei Jahre und drei Monate Gefängnis gefordert.

Der Schaden beläuft sich auf rund 400 000 Euro

Räder ordern, selbst abholen, umladen und auf eigene Rechnung verkaufen: Diese Masche ging bei dem 45-Jährigen in der Tatzeit vom 24. Januar 2017 bis zum 24. Mai 2019 ziemlich lange gut, bis es endlich jemandem auffiel. Laut Anklage hat der Mann seinen damaligen Arbeitgeber im Laufe der Zeit um rund 400 000 Euro gebracht. Weil die Autoräder aber nur neuwertig und nicht mehr brandneu waren, brachte das Gericht zugunsten des Angeklagte etwas von dem Schaden in Abzug. Mit dem Urteil versucht der Staat nun über das Anordnen von Wertersatz, genau 397 174 Euro von dem Reifendieb und -hehler aus Hemmingen wieder einzutreiben.

Mit zwei Jahren Freiheitsstrafe wegen gewerbsmäßigen Betrugs landete der Mann, der für den Fuhrpark der Affalterbacher Firma zuständig war, am Rande dessen, was gerade noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Die Vorsitzende Richterin Andrea Henrich und zwei Laienrichter berücksichtigten dabei, dass er noch nicht vorbestraft war, dass wegen der Sache seine Ehe in die Brüche gegangen ist und dass er sich wieder redlich um Arbeit bemüht.

Ein Leben lang hoch verschuldet

Die 397 174 Euro, schätzte der Verteidiger Zlatko Prtenjaca, könne sein Mandant im ganzen Leben nicht mehr zurückzahlen. Das Auto des Vaters zweier Schulkinder war zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung bereits zwangsversteigert worden und zwei Konten wurden ihm auch gepfändet. Der Schaden, so der Verteidiger in seinem Plädoyer, höre sich zwar hoch an, sei für die Firma jedoch keine große Nummer. AMG habe es knapp drei Jahre lang nicht für nötig befunden, Forderungen an seinen Mandanten zu stellen. „Für die Firma ist das ein Klacks, weil die machen Milliardengewinne und werden auch so bewertet“, stellte der Anwalt fest. Die Folgen für seinen jetzt verurteilten Mandanten, der den Offenbarungseid leisten musste, seien weitaus schlimmer. Deshalb plädierte der Verteidiger auf ein Jahr und zehn Monate, ausgesetzt zur Bewährung.

Das Geld bei einer Domina durchgebracht

Rechtsanwalt Prtenjaca nannte auch noch einmal das Tatmotiv, nämlich dass der 45-Jährige einer Domina hörig geworden sei, die viel Geld von ihm gefordert und ihn auch damit erpresst habe, Videos an seine damalige Ehefrau zu schicken, wenn er nicht zahle. Das Gericht ging bei der Urteilsfindung davon aus, dass die Geschichte mit der Domina wahr ist. Der damalige Familienvater sei durch seine Beziehung mit dieser Frau in finanzielle Nöte geraten, führte Richterin Andrea Henrich aus. Um Geld zu beschaffen, habe er dann eben die Komplettradsätze seines Arbeitgebers verkauft, zu welchen er leicht Zugang gehabt hätte.

Die Quittung dafür bekam der Angeklagte mit der fristlosen Kündigung und mit einer Strafanzeige. Von dem ergaunerten Geld ist heute nichts mehr da und der Verurteilte sitzt auf einem Haufen Schulden. Vor diesem Hintergrund konnte ihm das Gericht nur gemeinnützige Arbeit als Bewährungsauflage machen. 150 Stunden darf sich der frühere Sachbearbeiter nun unentgeltlich für die Allgemeinheit verdingen, wenn er schon keine Geldauflage in die Staatskasse zahlen kann. Was ihm bei der Strafzumessung zugute gehalten wurde, war auch, dass er gleich alles zugab, als er in der Affalterbacher Firma zum Rapport musste.

Im Gericht hat der 45-Jährige ebenfalls ein frühes Geständnis abgegeben. Andernfalls hätte jeder seiner 203 Radsatz-Verkäufe penibelst unter die Lupe genommen werden müssen, wozu es weitaus mehr als nur zweier Verhandlungstage bedurft hätte.