Moritz Feuerstein studiert in Stuttgart Schulmusik mit Hauptfach Cello. Foto: Werner Kuhnle

Moritz Feuerstein ist neuer Chorleiter der evangelischen Kirchengemeinde Pleidelsheim. Er ist katholisch, 22 Jahre alt und Musikstudent.

Pleidelsheim - Der evangelische Kirchenchor der Mauritiuskirche in Pleidelsheim schreibt gleich mehrere Superlative. Mit mehr als 200 Jahren Geschichte ist der Chor nicht nur einer der ältesten Kirchenchöre der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Nach mehr als 27 Jahren Verantwortung als Leiterin des Kirchenchors hat sich im Sommer Sabine Dobbertin verabschiedet. Und rekordverdächtig nehmen sich auch die Wegstrecken aus, welche die Augsburgerin für ihre Chorleitertätigkeit in all diesen Jahren zurücklegte. Zu jeder Chorprobe kam sie nämlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Augsburg nach Pleidelsheim angereist.

Doch Tradition zu haben, bedeutet für die Sänger der Spargelgemeinde auch, offen zu sein für Neues. Und das haben die Pleidelsheimer Chormitglieder gleich in zweifacher Hinsicht bewiesen. Denn mit Moritz Feuerstein haben die Sänger seit kurzem nun wohl einen der jüngsten Chorleiter weit und breit. Der 22-Jährige, der aus Kernen-Stetten im Remstal stammt, in Stuttgart wohnt und in der Landeshauptstadt an der Musikhochschule Schulmusik mit Hauptfach Cello studiert, hält fortan die Pleidelsheimer Chorsänger im Takt.

Durch die Großeltern früh zur Musik gekommen

Und als würde der Übergang von einer der dienstältesten Chorleiterinnen zu einem der jüngsten seiner Gilde nicht schon für genügend Herausforderung sorgen, gibt es noch eine bemerkenswerte Facette der Personalie: Der neue Leiter des evangelischen Kirchenchors ist katholisch. Pfarrerin Tabea Hartmann sieht das pragmatisch: „Ich bin in eine Zeit hineingeboren, in der das nicht mehr so wichtig erscheint. Und die Pleidelsheimer sind sehr liberal.“

Auch Moritz Feuerstein ficht das nicht an. Er ist, erzählt er, durch seine Großeltern früh zur Musik gekommen – beide sangen selbst in einem Chor. Was er denn an katholischen und an evangelischen Gottesdiensten schätze, fragte ihn die Pfarrerin der Mauritiusgemeinde beim Gottesdienst zu seiner Einführung. Im Katholischen, so Feuersteins Antwort, gebe es viel mehr Rituale und zeichenhafte Handlungen, so Feuerstein. Und er schätze diese vertrauten festen liturgischen Traditionen der katholischen Gottesdienste. Dort wisse er, was ihn erwarte. Das gebe ihm Halt, selbst im fremdsprachigen Ausland. In der evangelischen Kirche wiederum sei alles etwas lebendiger, freier und das eröffne ihm mehr Handlungsspielraum, den er auch sehr schätze.

Auf eine „Spaghetti-Runde“ im Wallis

Hoch hinaus – im Wortsinn – will der Chorleiter in seiner Freizeit. Denn der junge Musiker ist leidenschaftlicher Alpinist. Mit seinen Alpenvereinskameraden aus seiner Remstäler Heimat hat er im Sommer einen Teil der legendären Schweizer „Spaghetti-Runde“ in den Walliser Alpen absolviert. Ohne einmal ins Tal absteigen zu müssen, können dort bis zu elf 4000er-Gipfel bestiegen werden. Hermann Ritter war nicht nur sein Tourenleiter im Wallis, sondern ist gleichzeitig Kopf der Remstäler Bergsteiger. „Moritz ist einer unserer jungen Bergsteiger und bringt sich ganz stark in unserer Klettergruppe für unsere Jüngsten ein“. Wie sieht er dessen doppeltes Talent als Musiker und Chorleiter sowie als Alpinist? „Es geht halt nichts über einen echten Alpinisten. Der zieht das von unten bis oben durch“, zeigt sich Ritter über die Begeisterung für seinen alpinen Zögling in Pleidelsheim wenig verwundert. Das erklärt dann vielleicht auch, warum für den jungen Musiker selbst bei einer so verantwortungsvollen Aufgabe wie in Pleidelsheim die Luft nicht zu dünn wird. Pfarrerin Tabea Hartmann lobt denn auch in höchsten Tönen den vielseitigen Gipfelstürmer: „Ich glaube, der Kirchenchor hätte es nicht besser treffen können!“ Das bestätigt Barbara Failmezger als aktive Sängerin des Kirchenchors: „Seine fröhliche Art wie auch seine Ernsthaftigkeit tun uns einfach gut.“