Bäcker aus Leidenschaft: Tobias Bernatek in der Bäckerei Ziegler in Murr. Foto: Werner Kuhnle

Nach dem Abschluss der Meisterschule in Deutschland verdient der Murrer Tobias Bernatek jetzt seine Brötchen in Kanada.

Murr - Lebe Deinen Traum“: Wovon viele ein ganzes Leben lang träumen, setzt Tobias Bernatek in die Tat um. Er ist direkt nach der abgeschlossenen Meisterausbildung Ende Juni nach Kanada gegangen. Dort berät er für einen Kulmbacher Backwarenhersteller kanadische Bäcker, wie sie mit deutschen Produkten und der Erfahrung des Bäckereihandwerks leckeres Brot backen können.

Schon 2018 hat er seine Englischkenntnisse auf einer Sprachschule in Toronto perfektioniert. Im Anschluss ging er nach New Brunswick. So nennt sich das neue Braunschweig an der kanadischen Ostküste. Wie klein doch die Welt ist: Beim Sohn des früheren Betreibers des Cafés Hofer in Steinheim startete er in dessen neuem Betrieb in New Brunswick als Bäckergeselle. Später reifte in ihm der Entschluss, in Deutschland auf die Meisterschule zu gehen. Im Juni hat er nach nur sechs Monaten erfolgreich abgeschlossen.

Früh aufstehen – kein Problem

Mit den Einkaufs- und Essgewohnheiten der Kanadier hadert Tobias Bernatek noch immer etwas. „Alles muss mindestens für vier Wochen haltbar sein. Das zwingt uns, jede Menge Zusatzstoffe zu nehmen. Und obendrein soll es billig sein.” Seine deutschen Backkenntnisse hingegen sind gefragt. Dafür geht er dann in die firmeneigene Versuchsbackstube. Dort prüft der Jungmeister, wie sich die Rohstoffe und Zutaten später in der Backstube des kanadischen Bäckers bewähren. Handwerkskunst und Meisterwissen made in Germany haben in Kanada einen guten Ruf.

Überhaupt ist Tobias Bernatek Bäcker aus Leidenschaft. Allerdings würde er sich viel mehr Wertschätzung für dieses schöne Handwerk wünschen. Und das frühe Aufstehen, das viele von diesem Beruf abhält? „Natürlich geht es morgens um 3 Uhr los. Doch um 10 Uhr habe ich dafür schon wieder frei”, hebt er die Vorzüge seiner Arbeitszeit hervor.

Er liebt die Arbeit mit natürlichen Rohstoffen, wertvollen Zutaten, kombiniert mit handwerklichen Fähigkeiten. Und könne es etwas Schöneres geben, fragt er, als Augenblicke wie jenen, als eine Kundin extra wegen seiner Kürbiskernbrötchen in die Bäckerei Ziegler in seinen Lehrbetrieb gekommen ist? Das sind die Momente, für die Tobias lebt und in denen er richtig stolz ist, Bäcker zu sein.

Ab und an ein Bier aus der deutschen Heimat

Natürlich war es eine Umstellung von Murr in die Millionen-Metropole Toronto. Bald schon pfeifen wieder eiskalte Winde von den Großen Seen bitterkalt durch die Stadt. Temperaturen von minus 25 Grad Celsius sind dort keine Seltenheit. Doch noch sitzt Tobias auf dem Balkon seiner neuen Wohnung im 27. Stock. „Ab und an gönne ich mir ein Bier aus der deutschen Heimat – für sechs Dollar“, schmunzelt er. „Dann schau’ ich hinaus auf den Indian Summer mit seinen faszinierend bunt gefärbten Wäldern. Das fühlt sich schon fast heimisch an“. Beim Thema Brot fremdelt er hingegen etwas mit seiner Wahlheimat. „Ich backe mir mein eigenes Roggenbrot. Da weiß ich, was ich esse.”

Bei aller Faszination für die neue Umgebung gab es für ihn aber auch schwierige Momente. So habe er seinen Neffen nicht bei der Einschulung begleiten und bisher jede Geburtstagsfeier seiner vierjährigen Nichte nicht in Deutschland miterleben können. Von seinen Eltern erfährt Tobias große Unterstützung. Ihr Credo: „Wenn du dort drüben glücklich bist, dann sind wir das hier auch.”

Irgendwann will Tobias weiter Richtung Westen ziehen. Dort gibt es die Rocky Mountains. Seit seiner Zeit in Mittenwald als Gebirgsjäger haben ihn die hohen Gipfel fasziniert und nicht mehr losgelassen. Mit seinem kanadischen Chef hat er schon über seinen Herzenswunsch gesprochen. Und so dürfte es nur noch eine Frage weniger Jahre sein, bis er seinen Verwandten eine Postkarte aus den Rocky Mountains von seinem neuen Arbeitsplatz in die alte Heimat nach Murr schickt.