Schützen FFP2-Masken überhaupt vor Viren? Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Die Flyer-Produzenten versuchen den Anschein zu erwecken, besonders gut informiert zu sein. Den Behauptungen fehlen jedoch nicht nur Quellenangaben, sondern auch Substanz. Aussagen werden aus dem Zusammenhang gerissen oder Bruchstücke falsch interpretiert, eine tiefer gehende Recherche findet nicht statt.

In zwölf „Warum“-Fragen werden in einem jüngst im Hörnle verteilten Flyer verschiedene Behauptungen rund um die Corona-Pandemie und die Maßnahmen zu deren Bekämpfung aufgestellt. Wir haben einige davon nachrecherchiert. Die Aussagen werden  aus Platzgründen verkürzt, aber inhaltlich korrekt wiedergegeben.

Verzicht auf Statistiken

Die Behauptung: „Die Maßnahmen führen zu einem massiven Anstieg an Selbstmorden“.

Die Fakten: Die letzte Statistik des statistischen Bundesamts zu Suiziden stammt aus dem Jahr 2019, also aus Vor-Corona-Zeiten. Für 2020 liegen noch keine bundesweiten Zahlen vor. Es gibt jedoch einige Bundesländer, die in kürzerem Abstand die Zahl der Selbstmorde erfassen. Baden-Württemberg gehört nicht dazu. In Bayern, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Berlin, Saarland und Bremen wurde kein auffälliger Selbstmordanstieg verzeichnet, in Nordrhein-Westfalen sogar ein Rückgang. Dennoch sind sich Psychologen einig, dass die wegen Corona verhängten Beschränkungen belastend sind. Ulrich Hegerl, Psychiater und Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, weist aber darauf hin, dass Suizide zu 90 Prozent wegen eigenständiger psychiatrischer Erkrankungen wie Depressionen erfolgen. Das heißt: Zu aktuellen Problemen muss für einen Selbstmord noch eine psychische Störung mit einer negativ verzerrten Weltsicht hinzukommen.

Gebrauchsanweisung nur halb gelesen

Die Behauptung: „Masken schützen nicht vor Viren.“

Die Fakten: Tatsächlich ist dieser Hinweis auf der Verpackung mancher FFP2-Masken zu lesen. Dort steht aber auch, dass diese sogenannten partikelfiltrierenden Halbmasken zum Atemschutz unter anderem gegen Aerosole eingesetzt werden. Und darauf kommt es an. Viren wie Corona fliegen nicht alleine durch die Luft, sondern in der ausgeatmeten Luft mit Aerosolpartikeln. Werden diese zurückgehalten, gilt das auch für die Viren.

Fakten falsch interpretiert

Die Behauptung: „Laut RKI liegt keine Übersterblichkeit und keine erhöhte Intensivbettenbelegung vor.“

Die Fakten: In seinem Lagebericht vom 12.2. dieses Jahres stellt das RKI eine Übersterblichkeit gegenüber den Vorjahren fest. In Kalenderwoche vier ein Plus von 10 Prozent, in Kalenderwoche drei ein Plus von 19 Prozent. Das Statistische Bundesamt hat bei seiner Sonderauswertung der vorläufigen Todeszahlen im April 2020 und ab der zweiten Oktoberhälfte bis kurz vor dem Jahreswechsel einen auffälligen Anstieg verzeichnet. Von Mitte Februar bis Anfang April liegen die Zahlen unter dem Jahresdurchschnitt.

Für die Intensivbetten meldet das RKI am 4. Mai 21 001 belegte Betten (von insgesamt rund 24 000), davon 4.955 mit an Covid-19 Erkrankten, von denen 59 Prozent invasiv beatmet werden müssen. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) hat im März 2020 damit begonnen, tagesaktuelle Belegungszahlen von Intensivbetten zu registrieren. Im Jahr 2018, das in sozialen Medien gern als Vergleich herangezogen wurde, wurde nur ein Jahresdurchschnitt erfasst. Zudem berichtete die Ärztezeitung schon im Oktober letzten Jahres, dass der Personalbedarf schon wegen der aufwendigen Hygienemaßnahmen für Covid-19-Intensivpatienten höher sei als bei anderen intensiv Versorgten.

Aussage trifft nicht zu

Die Behauptung: „PCR-Tests wurden von ihrem Erfinder Kary Mullis als ungeeignet für den Nachweis von Viren deklariert.“

Die Fakten: Kary Mullis hat (wörtlich übersetzt) gesagt: „Mengenbezogene PCR-Tests sind ein Oxymoron“ – also ein Widerspruch in sich. Damit kommt zum Ausdruck, dass man seiner Meinung nach mit dem Test nichts über die Virenmenge sagen kann. Über die Art der Viren wegen ihrer spezifischen genetischen Sequenzen aber schon. PCR-Tests werden seit Jahren in der Medizindiagnostik eingesetzt – bei Erbkrankheiten, Vaterschaftstests oder dem Nachweis von Viren.