Nach einem Jahr als Bürgermeister zieht Marcus Kohler eine insgesamt positive Bilanz. Foto: (Werner Kuhnle)

Ein Jahr nach seinem Amtsantritt als Erdmannhäuser Bürgermeister zeigt sich Marcus Kohler glücklich mit seinem neuen Job und zufrieden mit den vergangenen zwölf Monaten.

Erdmannhausen - Im zweiten Wahlgang schaffte es Marcus Kohler im vergangenen April, Bürgermeister von Erdmannhausen zu werden. Im Juni trat er dann sein Amt im Rathaus an. Seither hat der heute 50-Jährige viel gelernt und erlebt, wie er im Interview berichtet. Ein Zukunftsforum wurde initiiert, erste Planungen fürs neue Feuerwehrhaus laufen, für die Schulkindbetreuung wird ein neues Konzept erarbeitet . . . Vieles war in seinem ersten Amtsjahr von der Corona-Pandemie überlagert, nun freut sich Marcus Kohler unter anderem auf eine „neue Normalität“ und darauf, „den positiven Weg fortschreiten zu können“.

Herr Kohler, das vergangene Jahr war für die meisten Menschen ein Stück weit außergewöhnlich. Für Sie ganz besonders: Sie sind Bürgermeister geworden…

Ja genau, das Jahr war etwas Besonderes für mich – wobei, klar, eben auch bei mir alles von Corona überlagert war. Veranstaltungen, Projekte und vieles mehr waren betroffen.

Sie hatten es vor einigen Jahren in Oberstenfeld schon einmal versucht und waren dort im zweiten Wahlgang recht knapp unterlegen. Ging für Sie im vergangenen April in Erdmannhausen ein Traum in Erfüllung?

Das kann man so sagen. Und das kann ich nun nach einem Jahr auch so für mich bestätigen. Die Aufgabe als Bürgermeister ist eine sehr vielseitige und vielfältige und es ist für mich etwas, was mich sehr, sehr erfüllt.

Bürgernähe, Führung, Verwaltung

Haben Sie es sich so vorgestellt?

Ja, es ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Letztlich kann man den Job in drei Bereiche aufteilen. Ein Drittel ist Bürgernähe. Durch meine Ehrenämter war ich davor schon in diesem Bereich tätig, eben auf der anderen Seite. Bürgernähe ist ein ganz wichtiger Punkt, und das habe ich auch genau so vorgefunden, wie ich es mir vorgestellt habe. Das zweite Thema ist der Bereich Führung – für das Rathaus arbeiten immerhin 129 Mitarbeiter. Das dritte Thema ist Verwaltung. Da musste ich schon eine Lernkurve hinlegen, aber ich denke, das ist mir gelungen.

Wie haben Sie das Jahr insgesamt erlebt?

Ich habe es sehr vielfältig, sehr anspruchsvoll und unheimlich spannend erlebt. Natürlich von Corona überlagert. Aber es gab viel Zuspruch aus der Bürgerschaft und insgesamt viel Positives.

Was hat Sie besonders berührt?

Das waren zwei Themenfelder, auf die ich mich im Vorfeld gar nicht vorbereitet hatte: zum einen die Hochzeiten und zum anderen die Nachrufe. Das hat mich beides sehr berührt.

Hervorragendes erreicht

Viele große Projekte in Erdmannhausen waren angestoßen beziehungsweise bereits auf der Zielgeraden. Zum Beispiel das neue Kinderhaus Zwergenland.

Meine Vorgängerin Birgit Hannemann hat – natürlich zusammen mit dem Gemeinderat – etwas ganz Hervorragendes erreicht, nämlich eine 100-Prozent-Quote bei der Kinderbetreuung. Das ist eine sehr weitsichtige Geschichte. Ich bin sehr froh drum, dass mir das nicht mehr auf den Schultern liegt in einer finanziell schwierigeren Zeit. Da hat man wirklich mit viel Voraussicht viel richtig Gutes gemacht. Es ist wirklich ganz viel passiert ohne mein Zutun: Auch der Kunstrasenplatz war von Birgit Hannemann durchgekämpft worden, die Astrid-Lindgren-Schule wurde modernisiert und die Schulturnhalle ist inzwischen auch fertig. Wichtig für mich ist nun, dass Erdmannhausen von der Infrastruktur her sehr gut dasteht. Und es geht ja schon weiter, das Feuerwehrhaus steht beispielsweise auf der Agenda. Da haben wir eine sehr gute Projektgruppe und schon sehr zielführend gearbeitet, sodass wir bald in die Gemeinderatsdiskussion gehen können.

Wo konnten Sie eigene Akzente setzen?

Was ich für mich verbuchen kann, ist das Zukunftsforum, das wir vergangenen Herbst durchgeführt haben. Zwar im digitalen Format, aber so haben wir immerhin von fünf Prozent der Bürger, nämlich rund 260 Rückmeldungen erhalten. Wir haben inzwischen soweit die Ergebnisse auf dem Tisch und warten darauf, dass wir sie hoffentlich im Sommer und in Präsenz im Rahmen einer Bürgerversammlung vorstellen können. Das wäre mir wichtig. Das soll dann die Grundlage und der Auftakt dazu sein, ein Ortsentwicklungskonzept zu erstellen. Aber klar ist auch: Das ist keine Wünsch-Dir-Was-Veranstaltung. Es werden jetzt nicht alle Bürgerwünsche umgesetzt. Aber für uns ist wichtig zu wissen, auf was die Bürger besonderen Wert legen. Als Verwaltung setzen wir unsere Akzente natürlich auch.

Nachhaltigkeit ist Thema

Nämlich?

Die Präsentation der Ergebnisse wird unter dem Motto Nachhaltigkeit stehen. Hier sind wir dem Klimaschutzpakt Baden-Württemberg und der Ludwigsburger Energieagentur beigetreten. Wir haben den Startschuss für den Ausschuss für Landschaftspflege und Biodiversität gemacht. Jede Woche gibt es einen Artikel über Nachhaltigkeit im Mitteilungsblatt. In die Richtung ist also schon einiges entstanden, und da sehe ich auch einen Schwerpunkt meiner Arbeit. Auch ein Klimaschutzkonzept soll entstehen.

Was steht noch an?

Ein ganz wichtiges Thema, an dem wir dran sind, ist die Schulkindbetreuung, bislang Kerni und Hort genannt. Als ich angefangen habe, waren hier im Haushalt zwei Millionen Euro für einen Neubau bei der Schule vorgesehen. Wir haben uns die Zahlen nochmal genau angeschaut und in Rücksprache mit der Schulleitung eine andere Lösung erarbeitet. Die sieht vor, dass wir die Räumlichkeiten der Schule entsprechend umnutzen und so ohne einen Neubau auskommen. Das heißt, die zwei Millionen Euro müssen wir nicht abrufen. Hinzu kommt ein neues pädagogisches Schulkindbetreuungskonzept. Hier sind wir auch aktuell auf der Suche nach einem Schulsozialarbeiter.

Wie sieht es mit der Entwicklung des Ortes aus?

Das werden wir auf unserer Bauklausur mit dem Gemeinderat Ende Juni besprechen. Da geht es zum einen ganz grundsätzlich um die Bevölkerungsentwicklung in Erdmannhausen. Wie wollen wir wachsen? Wie sehen unsere Leerstände aus? Wie ist es um unsere Baugrundstücke bestellt? Aber auch das Gewerbegebiet Bremental wird Thema sein. Hier sind wir inzwischen beim Thema Tiefbauplanung vorangekommen, und noch dieses Jahr soll der Vertrag mit Marbach unterschrieben werden. Dann geht es an die Erschließung.

Nicht nur Sie waren neu im Rathaus, auch im weiteren Verwaltungsteam hat sich einiges getan. Wie läuft die Zusammenarbeit?

Die läuft sehr gut! Wir haben ein gutes, motiviertes, sehr engagiertes Rathausteam. Natürlich war es ein Einschnitt, als Hauptamtsleiter Günter Sommer nach 42 Jahren in den Ruhestand gegangen ist. Wir haben neue Mitarbeiter dazugewonnen, nicht nur in der Amtsleitung. Für mich war daher auch die interne Organisation einer der Schwerpunkte. Das habe ich auch dazu genutzt, einen Führungskreis einzurichten, der außer den Amtsleitern auch aus den Leitungen der Kinderhäuser und der Schulkindbetreuung, der Ortsbücherei, des Jugendhauses und dem Bauhof besteht. Das war eine wichtige Initiative, die wir fortführen wollen.

Und die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat? In den Sitzungen hat man das Gefühl, dass es manchmal knirscht. Zuletzt sind immer wieder deutliche Worte gefallen.

Ich glaube, ich kann für mich verbuchen, dass ich zu jedem einzelnen Gemeinderat ein gutes Verhältnis habe. Der Austausch mit den Fraktionen ist gut, sehr produktiv und sehr initiativ mit guten Ideen, was ich sehr schätze. Aber es gehört auch zum politischen Tun, dass es in der öffentlichen Sitzung an der einen oder anderen Stelle ein bisschen knirscht. Ein paar Giftpfeile gehören dazu, das ist politisches Geschäft. Und – was man momentan auch merkt: Es fehlen uns die Nachsitzungen, in denen man Dinge einfach auch direkt noch besprechen kann. Aber unterm Strich arbeite ich sehr gerne mit dem Gemeinderat zusammen.

Wie könnte man das Miteinander verbessern?

Ich habe einen Ältestenrat eingeführt, das gab es vorher so noch nicht. Dieser besteht aus den Fraktionsvorsitzenden und aus mir. Da kann man einfach auch das eine oder andere auf kurzem Weg klären.

Apropos kurze Wege. Sind Sie schon nach Erdmannhausen gezogen?

Nein, wir wohnen noch in Ludwigsburg-Oßweil. Ich halte die Augen offen nach etwas Geeignetem in Erdmannhausen, aber das ist bekanntermaßen momentan nicht ganz einfach.

Was wünschen Sie sich für Ihr zweites Jahr als Bürgermeister?

Insbesondere wünsche ich mir, dass wir nach dieser langen Coronakrise in eine neue Normalität zurückkehren. Außerdem möchte ich, dass wir den bislang positiven Weg fortschreiten können, weiterhin eine positive Zusammenarbeit zwischen Gemeinderat und Verwaltung haben mit vielen guten neuen Ideen von beiden Seiten. Und was ich mir auch wünsche, ist, dass wir ein gutes Stück vorankommen, was das Thema Nachhaltigkeit angeht.