In Marbach wird hinterfragt, ob die Moral bei der Herstellung von E-Fahrzeugen auf der Strecke bleibt. Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto/Weber

Die Stadt Marbach will ein Elektro-Fahrzeug für den Bauhof beschaffen. Doch die Frage ist, ob das nicht einen Grundsatzbeschluss des Gemeinderats zur Kinderarbeit verletzt.

Marbach - Als die Marbacher Rathausspitze vor einigen Wochen mit dem Vorschlag in den Ausschuss für Umwelt und Technik kam, den neuen Lastwagen für den Bauhof aus praktischen Erwägungen heraus mit einem Verbrennermotor zu bestellen, gab es beim einen oder anderen in der Runde ein langes Gesicht. Groß ist nämlich bei den meisten Räten der Wunsch, endlich in die E-Mobilität einzusteigen. Genau das hat die Verwaltung nun tatsächlich bei der Ersatzbeschaffung eines Kehrfahrzeugs vor. Gleichwohl herrschte deshalb am Donnerstag im gleichen Ausschuss keine Jubelstimmung vor. Letztlich stimmte das Gremium zwar mehrheitlich für ein Modell mit Elektro-Antrieb – doch nur unter Vorbehalt.

Keine Produkte aus Kinderarbeit erlaubt

Dass das Votum ein Fragezeichen enthält, hängt mit der Intervention der Gruppe Puls zusammen. Deren Vertreter Benjamin Flaig hatte an einen Grundsatzbeschluss des Gemeinderats erinnert, wonach keine Produkte bestellt werden dürfen, bei denen Kinderarbeit im Spiel ist. Doch eben das sei bei den Batterien in E-Fahrzeugen seines Wissens nach nicht mit absoluter Sicherheit auszuschließen, betonte er und verwies in dem Zusammenhang auf den Abbau von Kobalt im Kongo. Insofern müsse erst eine Ausnahme vom Grundsatzbeschluss gemacht werden, ehe überhaupt über den E-Kehrer entschieden werden könne. Und über die Abweichung könne nur der Gesamtgemeinderat befinden. Bürgermeister Jan Trost bestätigte diese Rechtsauffassung, weshalb der Zuschlag für den Batterie-Antrieb auch nur unter Vorbehalt gefasst wurde.

Noch keine Rückmeldung vom Hersteller

Allerdings kann es sein, dass sich der Gemeinderat doch nicht mit der Thematik befassen muss. Die Verwaltung ist nämlich bemüht, vom Hersteller Nissan eine Aussage dazu zu bekommen, ob in den Bestandteilen des Straßenkehrfahrzeugs Kinderarbeit steckt oder nicht. „Im Augenblick liegt die Anfrage bei Nissan Europa, aber die Rückantwort haben wir bis heute leider nicht bekommen“, sagte Bauamtsleiter Dieter Wanner.

Verworrene Lieferketten

Unabhängig von der Rückmeldung des Autobauers fragte sich Jochen Biesinger (CDU), wie man künftig mit dem Thema umgehen soll. Die Lieferketten seien so verworren. Folglich könne man auch bei anderen Antriebsarten nicht ausschließen, dass dort bei der Herstellung von irgendwelchen Bauteilen Kinder arbeiten mussten. „Nur wer barfuß läuft zu allen Jahreszeiten, kann sagen, er ist ganz auf der sicheren Seite. Bei allen anderen Fortbewegungsmitteln glaube ich es nicht“, pflichtete Martin Mistele (Freie Wähler) bei. Jürgen Waser (Grüne) schätzt die Sachlage ähnlich ein und hob hervor, dass die E-Technologie für den Klimaschutz ein wichtiger Baustein sei. Immerhin stoße der E-Kehrer keine Abgase aus, hatte zuvor schon Biesinger betont. Heinz Reichert von der SPD denkt aber, dass man mit den E-Antrieben aufs falsche Pferd setzt, weil dafür Unmengen von Strom gebraucht würden.