Noch ist das Bachbett des Mühlkanals in Gronau ohne Wasser – das soll sich ändern. Foto: KS-Images.de / Karsten Schmalz)

Die Gemeinde Oberstenfeld strebt eine möglichst weitreichende Wasserführung des alten Kanals durch Gronau an.

Oberstenfeld-Gronau - Läuft alles nach Plan, könnte im Mühlkanal in Gronau vom Jahr 2023 an wieder Wasser fließen. Dieses Ziel stellte der Ingenieur Rüdiger Koch vom beauftragten Stuttgarter Büro Winkler und Partner bei der digitalen Informationsveranstaltung der Gemeinde Oberstenfeld am Dienstagabend in Aussicht. Koch und die Kommune wollen möglichst weite Teile des Kanals im Ort einbeziehen. Sie favorisieren unter mehreren Alternativen die rund 1,3 Kilometer lange Planvariante 1 mit geschätzten Kosten von 240 000 bis 370 000 Euro.

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Der Mühlkanal ist seit fast zwei Jahren trockengelegt. Die Gemeinde sperrte im Februar 2020 das Wehr an der Kurzach. Trotz der Sperrung sei eine Hochwassergefahr, auch durch einfließendes Wasser von den Hängen, immer noch gegeben, erklärte Eberhard Wolf, Ortsvorsteher von Gronau und Prevorst, den mehr als 50 Teilnehmern am Informationsabend. Es komme auch darauf an, an den Seitengräben für einen geregelten Abfluss zu sorgen – man könne nicht einfach nichts tun und müsse auf jeden Fall mit Kosten rechnen. Die Wasserkraftnutzungsrechte waren Ende 2015 vom Betreiber der Mühle auf die Gemeinde übergegangen.

Ehemaliger Ortsvorsteher will wieder mit anpacken

Wie groß der Wunsch nach dem Fließgewässer in Gronau ist, war an den Worten des ehemaligen Ortsvorstehers Karlheinz Massa erkennbar, der sich schon lange in einer ehrenamtlichen Gruppe engagiert, die den Kanal früher freigeräumt hat und bereit ist, auch in Zukunft anzupacken: „Ich stehe voll und ganz dahinter, den Mühlkanal zu erhalten.“ Er kenne jeden Zentimeter des Kanals – wer Fragen zum Bauen habe, könne auf ihn zukommen. Der Bürgermeister Markus Kleemann bestätigte: „Wir werden den Kanal jährlich mehrmals pflegen müssen.“ Das sei dann auch Aufgabe des Bauhofs.

Bürgermeister ist nach vielen Gesprächen zuversichtlich

Bis zu offiziellen Beschlüssen des Gronauer Ortschaftsrats und des Gemeinderats von Oberstenfeld ist es aber noch ein gutes Stück Weg. Nur mit dem Einverständnis von Eigentümern am Mühlkanal könne man das Projekt bewältigen, erklärte Markus Kleemann. Es seien schon viele Gespräche geführt worden und er sei zuversichtlich, dass das gemeinsame Ziel erreicht werde. Die Gemeinde habe nicht zuletzt durch die ingenieurtechnische Untersuchung erkennen lassen, wie viel ihr daran liege, den Mühlkanal zu erhalten.

SPD-Gemeinderat beklagt Verlandung der Bottwar

Dass es seitens der Anwohner auch kritische Stimmen gibt, wurde durch die Wortmeldung von Erich Scheer deutlich. Der SPD-Gemeinderat wohnt in der Entengasse im Mündungsbereich des Mühlkanals in die Bottwar und weigert sich, etwa der 194 000   Euro teuren und rund 1,2 Kilometer langen Variante 2 zuzustimmen, bei der das Kanalwasser über das Fritzlesbächle unter seinem Haus durchgeleitet werden könnte. Scheer sieht auch die Verlandung der Bottwar in dem Bereich als Problem. Es lägen etwa 500 bis 1000 Tonnen abgelagerter Sand und Steine, die man abtragen müsse, was zusätzlich Kosten verursache.

Eine Variante vermeidet das Mühlbachwasser im Ort ganz

Die Varianten 3 und 4 mit ihren Nebenvarianten sind deutlich kürzer als die beiden ersten Planvarianten. Die etwa 680 oder 940  Meter lange Planvariante 3 würde laut Koch – je nach Ableitung des Hochwassers in der Entengasse über eine Wiese oder einen Weg – rund 206 000 oder 283 000 Euro kosten. Noch weiter am Oberlauf würde die Planvariante 4 das Kanalwasser in Richtung Bottwar abzweigen lassen. Diese Lösung zum bislang geschätzten Preis von 94 000 bis 106 000 Euro würde kein Wasser durch den Ort fließen lassen – was die Gemeinde aber eigentlich möchte.

Unklar ist, wie viel Wasser aus der Kurzach der Kanal braucht

Zu viel Wasser soll nun aber auch nicht im Mühlkanal fließen. Denn damit würde das Hochwasserrisiko in dem Ort steigen. Konkret diskutiert werden muss deshalb die Wassermenge, die von der Kurzach in den Mühlkanal eingeleitet werden darf. Der Planer Rüdiger Koch will mit zehn Litern pro Sekunde in die Verhandlungen mit dem Landratsamt Ludwigsburg treten. Diese Menge entspreche einem Drittel des mittleren Abflusses aus der Kurzach in den Kanal und sei ein wasserrechtlicher Basiswert.

Zuvor hatte Hans-Wolfgang Bock vom Historischen Verein Bottwartal moniert, dass angesichts des Klimawandels und heißen Sommern zehn Liter pro Sekunde wohl zu wenig Wasser seien, um das Bachbett ausreichend unter Wasser zu setzen. Bock sieht dies auch als Argument dafür, den zweiten Arm des Aquädukts, eine bisher ebenfalls stillgelegte Überleitung aus der Bottwar, wieder in Betrieb zu nehmen.

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Eine solche Lösung schließt die Oberstenfelder Verwaltung jedoch bislang aus. Der Aquädukt werde vom Landesdenkmalamt als nicht erhaltenswert angesehen, was man sehr ernst nehme, sagte Markus Kleemann. Er halte den Zweckverband Hochwasserschutz Bottwartal und das Landratsamt Ludwigsburg als wasserrechtliche Planfeststellungsbehörde für zuständig.

Drei Naturschutzverbände und der Historische Verein Bottwartal sehen jedoch die Gemeinde in der Pflicht, Aquädukt und Mühlkanal notfalls auch gegen die Empfehlung des Denkmalamts als Gesamtanlage unter Schutz stellen zu lassen.

Die Situation der Bottwar

Mückenplage
 Die Wassermenge, die aus der Kurzach für den Mühlkanal abgeleitet wird, hat auch Auswirkungen auf die Bottwar. Ein Anwohner berichtete, dass der Wasserstand der Bottwar im Sommer so niedrig sei, dass sich Mücken dort stärker vermehrten. Der niedrige Wasserstand in der Bottwar sei, wie Bürgermeister Markus Kleemann bemerkte, auch ein Grund dafür, dass man voraussichtlich nur zehn Liter pro Sekunde aus der Kurzach entnehmen könne.

Ruf nach Gesamtkonzept
 Der niedrige Wasserstand in der Bottwar sei auch durch die Erosion verursacht, erklärte die Freie-Wähler-Rätin Annette Kori. Dem Fluss fehle an den Ufern eine Bepflanzung und eine Durchwurzelung. Sie forderte ein Gesamtkonzept unter Einbeziehung der Bottwar und eine angemessene Pflege.