Wohnraum in Marbach ist knapp. Doch die Umzugsprämie trägt bislang nicht dazu bei, an diesem Umstand etwas zu ändern. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Senioren in Marbach erhalten eine Prämie von 2500 Euro, wenn sie in eine kleinere Wohnung ziehen und Platz für Familien machen. Doch mangels Zuspruch kommt das Angebot jetzt auf den Prüfstand.

Marbach - Die Idee klang verheißungsvoll, speziell in Zeiten, in denen der Immobilienmarkt total überhitzt ist: Senioren sollten eine Prämie bekommen, wenn sie ihre eigenen vier Wände verlassen, in eine kleinere Wohnung ziehen und damit Platz schaffen für eine Marbacher Familie. Ausgeknobelt hatte dieses Grundkonzept die Liste Puls, der Gemeinderat gab seinen Segen. Allerdings fällt die Bilanz nach rund einem Jahr seit der Einführung des Bonussystems ernüchternd aus. Nur in einem Fall seien bislang überhaupt die Richtlinien für eine Auszahlung erfüllt worden, sagte der Hauptamtsleiter Thomas Storkenmaier am Donnerstag im Verwaltungsausschuss. Deshalb steht das Modell nun auf dem Prüfstand. Der Gemeinderat soll in seiner nächsten Sitzung entscheiden, ob man an dem Programm festhalten soll.

Wenn es nach Dr. Michael Herzog von den Freien Wählern gegangen wäre, hätte man allerdings keine größeren Diskussionen mehr zu dem Thema führen müssen. Für ihn ist die Sache klar. „Wir sollten die logische Konsequenz ziehen und die Prämie rasch zu Grabe tragen“, sagte er. Leider hätten sich seine anfänglichen Bedenken bestätigt, dass mit den 2500 Euro als Anreiz kein zusätzlicher Wohnraum geschaffen wird. Und wenn das Geld doch einmal ausgezahlt werde, dann handele es sich nur um eine „nette Dreingabe“ – für die der Steuerzahler aufkommen müsse.

Zu einem ähnlichen Fazit war auch Thomas Storkenmaier gelangt, der viele Gespräche in der Angelegenheit mit älteren Herrschaften geführt hat. Im Grunde müsse schon der Zufall mitspielen, dass sämtliche Richtlinien erfüllt seien und die Prämie ausgezahlt werden könne, betonte er. Die Krux sei, dass die Eigentümer einer Immobilie nichts davon hätten, wenn sie an eine Marbacher Familie vermieteten – denn die Prämie kassierten ja nicht sie, sondern die Senioren. Und beim Verkauf eines Hauses, bei dem mehrere Hunderttausend Euro den Besitzer wechseln, spielten die in Aussicht stehenden 2500 Euro bei der Auswahl des neuen Besitzers keine entscheidende Rolle. „Insofern stellt sich die Frage, ob man solche Richtlinien weiter anbieten soll“, erklärte Storkenmaier.

Heinz Reichert von der SPD zeigte sich ebenfalls eher skeptisch, was die Zukunft des Modells angeht. „Das war ein Schlag ins Wasser“, fasste er angesichts der trüben Zwischenbilanz zusammen. Seine Tendenz gehe eher dahin, das Programm nicht weiterzuführen. Zumal außer Marbach, das mit dem Projekt eine medial viel beachtete Pionierrolle eingenommen hat, wohl keine weitere Kommune auf dieser Karte gesetzt habe. „Ich gebe der Sache keine große Chance“, sagte er.

Dagegen verteidigte Hendrik Lüdke von Puls die Prämie und unterstellte der Verwaltung, der Idee von Anfang an mit einer Abwehrhaltung begegnet zu sein. Zudem sei das Ganze nie richtig beworben worden. „Ich kann nur für eine Fortsetzung plädieren. Das kostet uns doch nichts, und wenn, dann nur im Erfolgsfall“, erklärte er. Barbara Eßlinger von den Grünen sprang ihm zur Seite. Das Modell müsse erst in den Köpfen der Bürger verankert werden. Ein Jahr sei viel zu wenig, um schon Bilanz zu ziehen. Da konnte Heike Breitenbücher von der CDU nur beipflichten. Man habe viel Zeit in die Entwicklung des Modells gesteckt. „Wir sollten also einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren überschauen können, damit sich auch die Arbeit rechtfertigt, die wir reingesteckt haben“, sagte sie. Susanne Wichmann von den Grünen warb zudem dafür, nicht nur das nackte Ergebnis zu sehen. Es gehe doch auch darum, dass der Beschluss zur Prämie einen Diskussionsprozess über dieses Thema in Familien initiiert habe.

Der Bürgermeister Jan Trost betonte schließlich, dass man den Sachverhalt neutral dargestellt und bewusst keine Empfehlung abgegeben habe. Die Entscheidung über die Zukunft der Prämie solle im Gemeinderat fallen. Ein Vorgehen, das auch der Ausschuss goutierte.