Unbeeindruckt von den vielen Mikros schmettern die Viertklässler ihre Lieder, während Peter Hömseder (rechts) sie für die CD-Aufnahme zu Höchstleistungen motiviert. Foto: Reiner Pfisterer

Die musikalische Klasse 4 der Blankensteinschule nimmt mit der Brenz Band und dem Stuttgarter Kammerorchester eine CD auf.

Steinheim - Lebhaftes Stimmengewirr weist den Weg im Tonstudio Bauer. Wer ihm folgt, der landet bei einem außergewöhnlichen Projekt: Die vierte Klasse der Steinheimer Blankensteinschule nimmt gerade mit ihrem Lehrer Peter Hömseder die CD „Lieder und Gedichte zwischen den Zeiten“ auf, die im Frühjahr oder Sommer erscheinen soll. Kein Wunder, dass da nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern, von denen einige vor dem Aufnahmestudio warten, aufgeregt sind.

Im Studio selbst herrscht derweil gespannte Ruhe. Hier stehen elf Viertklässler der Steinheimer Blankensteinschule vor den Mikrofonen und warten auf das Kommando ihres Lehrers Peter Hömseder: „Okay, Konzentration!“ ruft der. Die ersten, bereits vorab aufgenommenen Gitarrenklänge ertönen aus dem Lautsprecher, dann folgt der Einsatz der Kinder: „Du bist das Glück der Erde, mit dir stehle ich die Pferde!“, singen sie fröhlich. Als das Lied zu Ende ist, verharren alle mucksmäuschenstill und warten auf das Urteil von Toningenieur Michael Thumm, der auch einer der Geschäftsführer des Tonstudios ist.

Der hat allerdings noch eine kritische Anmerkung zu machen: „Beim allerletzten Schluss müsst ihr bis zum Ende voll durchsingen, nicht so ausplätschern lassen,“ meldet er sich unsichtbar aus dem Lautsprecher. Erst beim nächsten Mal ist er zufrieden: „Sehr schön, großes Lob!“

Das heißt aber noch nicht, dass alle gleich zu den wartenden Eltern stürmen dürfen. „Bleibt genau so stehen, während das Lied noch mal gespielt wird, aber seid ganz ruhig“, bittet Thumm. Der Grund: Nur so wird der Schall fürs Playback genauso gebrochen wie vorher bei der Gesangsaufnahme.

Die Grundschüler geben tatsächlich keinen Laut von sich, bewegen sich aber wie zuvor automatisch im Rhythmus des Liedes mit. Man merkt, dass sie die Songs mit der selbst erfundenen Choreografie so gut eingeübt haben, dass beides untrennbar miteinander verbunden scheint. Und dass die Kinder nicht nur beim Singen, sondern auch beim Zuhören voll bei der Sache sind.

In den Bauer Tonstudios zu produzieren, können sonst nur Stars wie Stevie Wonder, Reinhard Mey oder die Fantastischen Vier von sich behaupten. Den Grundschülern bringt das nicht nur eine unvergessliche Erinnerung, sondern gibt ihnen zudem Selbstvertrauen. Auf Letzteres kommt es Peter Hömseder auch an: „Raus aus der Komfortzone, Selbstbewusstsein und die Liebe zur Musik mitnehmen,“ so sein Konzept. Deshalb vertont er Schulbuchgedichte und tritt mit seinen Schülern auch öffentlich auf. Ein Konzept, das offenbar aufgeht: „Am Anfang traut sich nicht jeder, am Schluss trauen sich alle!“, freut er sich.

Nach einer kurzen Pause hat sich die zweite Hälfte der vierten Klasse im Aufnahmestudio aufgestellt. Ein paar stolze Mütter machen noch kurz ein Foto, dann müssen sie draußen warten. Für die Kinder gibt es erst einmal ein paar Lockerungsübungen und den scherzhaften Befehl: „Immer lächeln, wir sind in den Bauer Tonstudios!“, dann folgen die letzten „Regieanweisungen“ ihres Lehrers: „Strengt euch an, die Einsätze müssen richtig da sein, und nicht schreien!“ Und wieder ertönt das flotte Lied. Die Stimme von Peter Hömseder, seine Gitarre und ein paar Rhythmusinstrumente werden wie zuvor als Playback eingespielt, die Kinder singen live dazu. „Das war sehr, sehr gut, Leute, nur in Strophe zwei habt ihr ein bisschen Konzentration verloren“, urteilt der Fachmann. Ein Mädchen meint, das liege an der Zeile „Ich mag mich so wie ich bin“, die gehe einfach zu schnell. Doch Hömseder lässt nicht mit sich handeln: „Das ist auch kein Lied für Schlafmützen, das ist Rock’n’Roll!“, ruft er.

Und siehe da: Beim zweiten Versuch klappt es tadellos. Das nochmalige Abspielen mit den ruhig dastehenden Kindern geht dagegen um ein Haar schief. Doch zum Glück bricht sich das laute Niesen eines Schülers erst Bahn, als die rote Lampe schon wieder erloschen ist. Beim nächsten Lied, „Wo die Wolken schlafen“, dagegen moniert der armenische Tontechniker Alex Wartan, der als Flüchtling aus Aleppo kam: „Peter, die Strophe, das braucht nicht so aggressiv.“ Und während die Kinder noch etwas ratlos wirken, erklärt Hömseder: „Das ‚Sag mir‘ braucht ihr nicht so laut zu singen. Das ist zwar live super, denn da wachen die Leute dann alle auf, aber wir sind hier im Tonstudio, da reicht es auch etwas leiser.“

Gemeinsam haben Wartan und Hömseder schon vorab viel Zeit und Gehirnschmalz investiert, um den im heimischen Tonstudio vorproduzierten Sound zu optimieren. Nun folgt direkt vor Ort der Feinschliff. Mehr als nur Feinschliff ist dagegen, dass am Samstag die legendäre Brenzband ebenfalls ins Studio kommt. Zu deren bei dieser Gelegenheit aufgenommener Musik wird die musikalische Klasse dann bei einem der drei Folgetermine vor Ort im Tonstudio ebenfalls live singen.

Und noch ein weiteres bekanntes Orchester wird auf der fertigen CD zusammen mit den Steinheimer Grundschülern zu hören sein: Das Stuttgarter Kammerorchester hat bereits 2010 mit einer anderen Hömseder-Klasse einen groovigen Lernsong über den Keltenfürsten von Hochdorf aufgenommen, der damals jedoch nicht ins Programm gepasst hat. Nun aber wird er aus der Tonstudio-Konserve geholt und mit dem Live-Gesang der aktuellen Viertklässler neu aufgenommen. Und so entsteht eine in jeder Hinsicht einzigartige CD, die auch noch um gesprochene Gedichte ergänzt wird.