Alt und neu: Ein frischer Setzling neben dem Stumpf einer gefällten Tanne. Foto: geschichtenfotograf

. . . knattern in Prevorst und Rielingshausen die Motorsägen. Die Christbaumbauern bereiten sich damit vor der Weihnachtszeit auf den Ansturm vor.

Oberstenfeld-Prevorst/Marbach-Rielingshausen - Nachdem Marko Sinn die Motorsäge angeworfen hat, geht alles ganz schnell. Die kleine Nordmanntanne ist nach einer Minute zum Abtransport bereit. Sie ist einer von knapp 30 Millionen Weihnachtsbäumen, die jedes Jahr in Deutschland geschlagen werden, um für ein paar Wochen ein Wohnzimmer zu schmücken. Dabei braucht eine Nordmanntanne ganze zwölf Jahre, bis sie die typischen etwa zweieinhalb Meter Höhe erreicht hat. „Ein großer Sieben-Meter-Baum wie der dort drüben wächst sicher 25 Jahre“, schätzt Marko Sinn.

Rings um den Oberstenfelder Weiler mit seinen gut 400 Einwohnern finden sich überall Weihnachtsbaum-Kulturen – kein Wunder: 14 der ansässigen Familien haben sich im Christbaumverein organisiert und bieten ihre Bäume an den Adventssonntagen auf dem Christbaummarkt an.

Schon als kleine Buben haben Marko und Jens Sinn ihrem Vater geholfen, Christbäume zu schlagen. Seit rund 30 Jahren ist die Familie im Christbaumgeschäft – wenn auch im Nebenerwerb. Hauptberuflich arbeiten die beiden als Maschinenbauer und als Ingenieur. „Für die Weihnachtsbäume opfern wir einen Teil unserer Freizeit. Das ist aber ein schöner Ausgleich zum Berufsleben“, findet Marko Sinn. Zu tun gibt es immer etwas: Im Winter ist Erntezeit, im Frühjahr müssen Bäume nachgepflanzt werden. Wenn sie aus der Pflanzschule in den Prevorster Boden kommen, sind die Setzlinge 20 Zentimeter hoch. Die Bäumchen sind dann besonders empfindlich gegenüber Spätfrost. In diesem Jahr hat ihnen auch die Trockenheit zugesetzt. „Die hier hatten besonders schwer zu kämpfen“, meint Marko Sinn und deutet auf einige Setzlinge. Die haben schon viele Nadeln abgeworfen, die restlichen sind gelblich verfärbt. „Dieses Jahr hatten wir weit mehr als 30 Prozent Verlust“, meint Marko Sinn.

Ein paar Kilometer weiter, bei Obstbau Stirm in Rielingshausen, rattert ebenfalls die Kettensäge. Überall stehen Bäume, vor dem Hofladen liegt Reisig zum Verkauf aus. „Wir brauchen bis morgen 45 Kilobündel Fichtenreisig“, ruft Ute Stirm. Achim Widera macht sich an die Arbeit. Wie schon so oft. Seit 27 Jahren kommt der Schlesier her, jeweils zweimal im Jahr. Einmal zur Erdbeerernte, dann wie jetzt für die Weihnachtsbäume. Zusammen mit Seniorchef Walter Stirm geht es ab ins Holz.

Der 79-jährige Stirm kann sich noch erinnern, wie seine Familie vor 46 Jahren angefangen hat, Weihnachtsbäume zu verkaufen. „Damals waren das vor allem Fichten, es gab ja nichts anderes“, sagt er. Inzwischen hat sich vieles geändert. Die Firma Stirm ist einer der größten Christbaumproduzenten im Landkreis, und die Nordmanntanne der Weihnachtsbaum Nummer eins, wegen ihrer vielen, weichen Nadeln, die sie lange behält. Doch in den Kulturen der Stirms wachsen auch Raritäten. „Das da ist ein ganz besonderer Baum“, erklärt Walter Stirm. Fast zärtlich fährt er mit seinen Händen durch die Nadeln. „Nobilistanne – die wächst besonders langsam und hat ganz weiche Nadeln. Einfach wunderbar.“ Wenige Meter weiter stehen wuschelig aussehende Coloradotannen, die ein leichtes Zitrusaroma verbreiten und besonders schlank wachsen. Douglasien dagegen seien von den Nadeln her eher locker, „dafür riechen sie ganz fabelhaft“, sagt Stirm.

Nicht alle Nadelbäume, die derzeit fallen, werden geschmückt oder in Kränze geflochten. Besonders die günstigeren Fichtenzweige werden aus anderem Grund gekauft: Zum Abdecken der Rosenbeete.