Die Warn-App zeigte die entsprechende Seite zum Testergebnis irgendwann einfach gar nicht mehr an. Foto: Archiv (dpa)

Nachdem Sohn Marcel beim Sport in Kontakt mit einem Corona-Infizierten gekommen war, ließ sich die gesamte Familie Schlipf aus Großbottwar auf Covid-19 testen. Für Gabriele Schlipf und ihren Lebensgefährten Cameron Robson war das der Beginn eines Spießrutenlaufs quer durch Behörden und Testzentren - mit mäßigem Erfolg.

Ein Corona-Test geht oft auch mit einer Gedulds- und Nervenprobe einher: Hat es mich auch erwischt? Könnte ich jemanden angesteckt haben? Meistens herrscht schon nach ein paar Tagen dann Klarheit. Dass das Warten auf ein Corona-Testergebnis aber auch zu einer wahren Tortur werden kann, zeigt der Fall der Familie Schlipf aus Großbottwar im Landkreis Ludwigsburg. Selbst nach eineinhalb Monaten sitzt sie noch auf glühenden Kohlen. Die Ausgangslage war folgende:  Sohn Marcel hatte beim American-Football Kontakt mit einem Corona-Infizierten. Da seine Mutter Gabriele und ihr Lebensgefährte Cameron Robson im selben Haushalt leben und die Vorgesetzte von Gabriele Schlipf auf einen Test besteht, ist die Familie am 31. August im Dreierpack ins Testzentrum des Landkreises am Ludwigsburger Krankenhaus gegangen. Und schon am Folgetag hatte Sohn Marcel das Ergebnis auf seiner Corona-Warn-App: Er war negativ getestet worden.

Der Anruf im Testzentrum führt in die Warteschleife
Dass die Rückmeldungen der Eltern auf sich warten lassen, ist erst mal kein Problem. „Ich dachte mir, dass der Test meines Sohnes eben früher ausgewertet wurde, da er die direkte Kontaktperson war“, sagt Gabriele Schlipf. Dass sie nach Tagen dennoch die Ungeduld packt, hat einen driftigen Grund: Sie darf erst wieder zur Arbeit kommen, wenn sie ein negatives Testergebnis vorweist. Und da wegen der Kurzarbeit sämtliche Überstunden schon abgebaut sind, macht sie bis dahin Minusstunden. Am siebten Tag nach dem Termin versucht sie schließlich, das Testzentrum anzurufen. Ein Unterfangen, das aussichtslos ist, wie sich bei der Recherche für diesen Artikel bestätigt: Die Nummern sind belegt oder führen in eine Warteschleife, aus der der Anrufer nach 16 Minuten geworfen wird mit dem Hinweis, man solle es später probieren.

Ergebnis erst nach hartnäckiger Nachfrage
Das macht Gabriele Schlipf – ohne Erfolg. Nach vier Warteschleifen gibt sie schließlich auf. „Ich konnte nicht erfahren, ob mein Test negativ oder positiv war. Ich dachte mir, dass das Gesundheitsamt anrufen würde, wäre mein Test positiv. Aber ich wusste nicht, ob der Test ausgewertet war.“ Immerhin: Sie überredet ihre Vorgesetzte, arbeiten zu dürfen. Am 11. September, elf Tage nach dem Test, sucht Gabriele Schlipf erneut die Teststelle auf. Dort die Überraschung: Ihr Name ist nicht im System zu finden. Also wird sie in die Praxis von Roland Kolepke geschickt, der Ärztlicher Leiter der Teststelle ist. Dort erfährt sie, nachdem sie hartnäckig bleibt, dass ihr Test negativ ist. Geschrieben steht das auf einem Papier, dessen Inhalt laut einer Mitarbeiterin noch nicht erfasst wurde. Da es aus einem „mindestens einen halben Meter hohen“ Stapel gezogen wurde, ist Gabriele Schlipf schockiert – scheinen doch Hunderte genau wie sie auf ihr Ergebnis zu warten.

Die App lädt die Seite irgendwann nicht mehr
Dass dem nicht so ist, verdeutlicht Roland Kolepke gegenüber unserer Zeitung: „Die Labore, die die Befunde erstellen, übermitteln diese direkt an die Corona-App.“ Die schriftlichen Befunde kämen erst nach dieser Übermittlung ans Testzentrum. Heißt: Das Ergebnis hätte in der App erscheinen müssen, sonst hätte das Schreiben der Praxis nicht vorgelegen. Auf dem Handy von Gabriele Schlipf aber heißt es weiterhin: „Ein Testergebnis liegt noch nicht vor.“ Als sie das Ergebnis kennt, bleibt sie an der Sache dran. Doch die App lädt die Seite irgendwann einfach gar nicht mehr. Nach einer Neuinstallation ploppt vielmehr ein Fehler auf. Ebenso bei ihrem Lebensgefährten, der Risikopatient ist und die App auf Englisch nutzt. Auch bei ihm lädt sie nicht richtig. Neuinstallationen helfen nicht. Bis heute, eineinhalb Monate später, bekam er keine Rückmeldung.

Entwickler arbeiten an den Fehlern
Das Gesundheitsamt Ludwigsburg bestätigt, dass es über die Corona-Bürger-Hotline „durchaus häufig“ zu Beschwerden über verspätete oder nicht übermittelte Ergebnisse kommt. Dauere eine Benachrichtigung länger, sei zumindest davon auszugehen, dass das Ergebnis negativ sei – sonst rufe das Gesundheitsamt an. Das Robert-Koch-Institut als App-Betreiber bestätigt, dass es „zu technischen Fehlern oder Funktionseinschränkungen kommen kann“. Die Entwickler von SAP und Deutscher Telekom seien kontinuierlich dran, Fehler zu beheben. Mit einer in den nächsten Tagen anstehenden neuen Version würden weitere beseitigt. Zur schwierigen Erreichbarkeit der Teststelle führt Roland Kolepke aus, dass die Telefone „häufig überlastet“ seien, da Bürger auch Beratungsbedarf hätten, wofür aber das Gesundheitsamt oder andere Behörden zuständig seien. Im Informationsbrief an die Getesteten betont er: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir nicht Tausende Befunde pro Woche telefonisch mitteilen können .Es sprengt die Möglichkeiten der Teststelle.“ Von Anfragen vor Ablauf einer Woche solle man absehen – und einen Test-Termin lieber online vereinbaren.

Probleme mit der Corona-App?
Für Probleme mit der Corona-Warn-App hat die Bundesregierung unter der Nummer 0 800/ 754 00 01 eine Hotline geschaltet. Sie ist von Montag bis Samstag von 7 bis 22 Uhr besetzt und im Inland kostenfrei.