Der Mundschutz gehört dieser Tage in China zum alltäglichen Leben. Foto: (dpa)

Das Coronavirus hat auch auf die Städtepartnerschaft und die Wirtschaft einen Einfluss. In der Marbacher Partnerstadt Tongling sind bis jetzt noch keine Fälle mit dem Virus bekannt.

Marbach - Das Coronavirus ist ohne Zweifel das bestimmende Thema derzeit. Tagtäglich steigt die Zahl der Infizierten an, mittlerweile wurden schon die ersten Fälle in Bayern verzeichnet. Kein Vergleich jedoch zu China, wo die Krankheit in Wuhan in der Provinz Hubei ihren Anfang genommen hatte. Schon über 9700 Menschen haben sich dort mit dem Virus infiziert. Was weit weg wirkt, rückt in der Schillerstadt schnell näher – jedenfalls in emotionaler Hinsicht: Rund 470 Kilometer von Wuhan entfernt liegt nämlich die Marbacher Partnerstadt Tongling in der benachbarten Provinz Anhui.

„Das wird natürlich schon mit Sorge beobachtet“, erklärt Beate Fähnle, die die Partnerschaften vom Rathaus aus pflegt. „Bisher haben wir aber noch nichts in der Hinsicht aus Tongling gehört.“ Erst zum Chinesischen Neujahr vor wenigen Tagen habe die Verwaltung ihre Grüße an die Freunde versendet – und eine Einladung für einen Besuch angefügt. „Der wurde auch zugesagt.“ Er stehe aber erst im Herbst auf dem Plan, weshalb es hier noch keine weiteren konkreten Informationen gebe. Sollte das Corona-Virus bis dahin nicht im Griff sein, müsste selbstverständlich noch einmal darüber nachgedacht werden.

Das würde aber von chinesischer Seite sowieso passieren, ist sich Brigitte Wolf vom Frauenclub Rielingshausen sicher, die die Partnerschaft mit Tongling einst mit in die Wege geleitet hat: „Sie würden eine Reise stoppen, wenn es notwendig wird. So verantwortungsbewusst sind die Menschen dort.“ Auch als 2002 in China die Krankheit SARS ausgebrochen war, sei den Besuchern aus der Schillerstadt direkt und deutlich von einem Besuch abgeraten worden: „Sie würden sich das wohl nie verzeihen, wenn etwas passieren würde.“ Sie selbst steht auch privat in Kontakt mit befreundeten Familien in Tongling und bekomme so manches vom „Hörensagen“ mit: „Es gibt aber wohl noch keine Fälle des Coronavirus’ dort. Ich hoffe, das bleibt auch weiterhin so und dass schnell ein Mittel gefunden wird.“

Denn der Austausch zwischen zwei so verschiedenen Kulturen sei immer eine Bereicherung gewesen, so Wolf weiter. Insbesondere auch für die Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums (FSG), das eigentlich auch im Mai wieder einen solchen Schüleraustausch anbieten wollte. Die zuständige Lehrerin Marion Rath und ihre Kollegen wollen bis Mitte nächster Woche darüber beraten haben.

Doch nicht nur im privaten Bereich, auch in der Wirtschaft bestehen vielerlei Kontakte zwischen dem Bottwartal und China. Der Werkzeughersteller Flex in Steinheim etwa gehört dem chinesischen Mutterkonzern Chervon an. Welche Auswirkungen die Corona-Gesundheitskrise im Detail auf die Firma hat, sei derzeit noch nicht in allen Aspekten zu sagen, so Geschäftsführer Christian Neuner. „Viele Firmen haben dort die Feiertage zum Neujahrsfest verlängert, um zusätzliche Sicherheit für die Gesundheit der Mitarbeiter zu schaffen. Chervon hat dies Stand heute für mindestens zehn Tage getan, sodass der Betrieb frühestens nach dem 10. Februar wieder anlaufen wird.“ Erst dann können auf geschäftlicher Ebene die Auswirkungen analysiert werden. Das Chervon-Werk liege in Nanjing und damit nicht in der Region des Ursprungs, sondern über 500 Kilometer vom Krisengebiet Wuhan entfernt. „Stand jetzt ist dort kein Mitarbeiter von einer Infektion betroffen.“ Wie die Behörden vorgehen, um der Infektionsgefahr zu begegnen, hat Neuner bei einer zehntägigen Geschäftsreise am eigenen Leib erfahren. „Ich bin bei meiner zweistündigen Reise von der Großstadt zum Flughafen in einem Wohnviertel, an zwei Mautstationen, beim Einchecken im Hotel und vor dem Abflug mit einer Infrarot-Pistole auf erhöhte Körpertemperatur gecheckt worden.“ Das Vorgehen und die Menschen mit Mundschutz hätten ihn an die SARS-Pandemie erinnert.

Das Flex-Werk in Steinheim leide nicht unter Lieferengpässen, so Neuner. „Wir haben uns ohnehin wegen des Neujahrsfests einen Puffer geschaffen.“ Bei Dienstreisen nach China verfahre Flex vorsichtig. „Derzeit haben wir alle Dienstreisen verschoben.“ Es gebe für Besprechungen auch Telefon- und Videokonferenzen.

Auf Letztere setzt auch die Firma Hainbuch aus Marbach, die zwei Töchter in China hat – eine in Shanghai und eine in Taichang. „Unser Asien-Team steht in ständigem Austausch, Reisen gibt es aber seit Anfang des Jahres keine mehr“, weiß Pressesprecherin Melanie Bernard. Diese Vorgabe bleibe auch so lange bestehen, bis es in Sachen Coronavirus nähere Informationen gibt. Dadurch seien manche Dinge, wie etwa Kundenbesuche in Asien, derzeit nicht mehr möglich, „aber dafür ist natürlich Verständnis da“. Ähnlich wie bei Flex sind auch in Shanghai die Neujahrs-Feiertage sicherheitshalber verlängert worden: „Es geht soweit allen Mitarbeitern gut und wir hoffen, dass das auch so bleiben wird.“