Der Bebauungsplan wird den Spielraum von Kaufland beschränken. Foto: KS-Images.de

Stadt Steinheim ändert Bebauungsplan, damit Läden im Zentrum möglichst keine weiteren Kunden verlieren.

Das Thema schwelt schon lange in Steinheim, nun sollen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Die Stadt beabsichtigt, den Bebauungsplan für das Gebiet „Grafenäcker I-III“ ändern zu lassen. Dabei handelt es sich um das Kaufland-Areal samt dem gegenüberliegenden Baumarkt. Ziel des Manövers ist vor allem, „die Geschäfte im Zentrum zu schützen und idealerweise zu stärken“, fasst Bürgermeister Thomas Winterhalter zusammen. Denn via Bebauungsplan solle künftig ausgeschlossen werden, dass sich zusätzlich Geschäfte ansiedeln wie beispielsweise ein Schuhladen oder ein Metzger, die dem gängigen Angebot in der City Konkurrenz machen könnten. Auch eine Erweiterung der bestehenden Verkaufsflächen für Sortimente aus diesem Bereich soll ein Riegel vorgeschoben werden.

Die Kommune kam diesem Anliegen am Dienstagabend einen Schritt näher, als der Gemeinderat mit großer Mehrheit den Aufstellungsbeschluss für eine Bebauungsplanänderung fasste. Lediglich Markus Klein von der CDU votierte dagegen. Petra Zeese vom Fachbüro FPZ aus Stuttgart hatte vor der Entscheidung darauf hingewiesen, dass sowohl das städtische Einzelhandelskonzept als auch die Richtlinien des Verbands Region Stuttgart nicht mit dem derzeitigen Bebauungsplan unter einen Hut zu bekommen seien. Denn im aktuell gültigen Werk sei keine Beschränkung der Verkaufsflächen vorgesehen. Dabei sind großflächige Einzelhandelsbetriebe mit mehr als 800 Quadratmetern, die über die reine Grundversorgung hinausgehen, laut Regionalplan nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren zulässig. Steinheim fällt aber in die Kategorie Kleinzentrum. „Der Standort liegt zudem außerhalb der im Regionalplan verbindlich als Vorranggebiete festgelegten Standorte“, heißt es in der Vorlage zur Gemeinderatssitzung. „Das würde so heute nicht mehr gehen, was Sie dort haben“, stellte Petra Zeese deshalb auch in der Sitzung fest.

Der Bestand sei jedoch gesichert und werde nicht angetastet, betont der Bürgermeister auf Nachfrage. „Das heißt auch nicht, dass da gar nichts mehr geht“, betonte Petra Zeese zudem schon in der Sitzung. „Nur die Nutzungen, die in der Ortsmitte sein sollten, sollen nicht weiter ausgebaut werden“, erklärte sie. Hingegen wird laut Gemeinderatsvorlage angestrebt, dass „eine Ergänzung und eine Erweiterung nicht-zentrenrelevanter Angebote“ grundsätzlich weiter möglich ist.

Dieses Ansinnen hat aber Kritik beim Verband Region Stuttgart (VRS) hervorgerufen, dessen Planungsausschuss sich am Mittwoch mit dem Sachverhalt beschäftigt hat. Die Verwaltung des VRS wies darauf hin, dass selbst besagte Ergänzung und Erweiterung nicht-zentrenrelevanter Angebote „weiterhin im Widerspruch zu Zielen des Regionalplans“ stünden. Darauf habe man bereits im Rahmen der Beteiligung zum Einzelhandelskonzept „mit Schreiben vom 21. Dezember 2015 ausdrücklich“ aufmerksam gemacht. Deshalb lautete der Beschlussantrag zur Sitzung des Planungsausschusses am Mittwoch auch wie folgt: „Es wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen des entsprechenden Bebauungsplanverfahrens die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe auch mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten beziehungsweise eine Erweiterung bestehender Betriebe auszuschließen ist.“ Das Gremium segnete den Vorschlag der Verwaltung im Paket mit dem gesamten zur Änderung stehenden Flächennutzungsplan für den Gemeindeverwaltungsverband Steinheim-Murr einstimmig ab.

Bei der Stadt hat man von dem rigorosen Standpunkt der Region in der Sache erst vor einigen Tagen erfahren, sagt Bauamtsleiter Frank Fussenegger. Als man sich mit der Änderung des Bebauungsplans beschäftigt habe, stand die Aufgabe im Fokus, die Vorgaben zum Einzelhandelskonzept umzusetzen und die Ansiedlung von Betrieben zu verhindern, die den Geschäften im Steinheimer Ortskern in die Parade fahren könnten, erklärt er. Dass der Verband Region Stuttgart auch die Erweiterung der nicht-zentrenrelevanten Angebote kritisch sieht, das müsse man nun zuerst intern aufarbeiten und anschließend mit einem Vorschlag in den Gemeinderat gehen. Furchtbar viel Spielraum hat die Kommune dabei aber offenbar nicht. Werde der Hinweis des Planungsausschusses im Hinblick auf die Expansionsbremse für die bestehenden Betriebe und das Nein zur Erweiterung auch des nicht-zentrenrelevanten Sortiments nicht berücksichtigt, „dann steht der Bebauungsplan dem Ziel des Regionalplans entgegen und es liegt ein Rechtsfehler vor“, stellt VRS-Pressesprecherin Alexandra Aufmuth klar.

Lösung gesucht:
Bei Kaufland selbst als Hauptbetroffenem verfolgt man natürlich die Diskussion um die anvisierte Bebauungsplanänderung sehr genau. Und man könne die Intention, die Innenstadt von Steinheim zu stärken, nachvollziehen, „nicht jedoch die dazu geplanten Maßnahmen“, schreibt das Unternehmen auf Nachfrage in einer Stellungnahme.  Die angedachte  Bebauungsplanänderung habe Auswirkungen auf  „jede Optimierung und Modernisierung des Angebots auf dem betreffenden, historisch gewachsenen Areal“. Dabei sei Handel  doch dann stark, „wenn er sich den Anforderungen und Bedürfnissen der Kunden immer wieder neu anpassen kann  –  Stillstand bedeutet Rückschritt“.   Um den hohen Standard halten zu können, müssten Anpassungen und Optimierungen der Konzepte möglich bleiben. „Wir sind daher interessiert an einer Lösung, die sowohl die kommunalen Interessen berücksichtigt, aber auch die berechtigten Interessen der langjährig ansässigen Unternehmen und ihrer Mitarbeiter, der Kunden und der Anwohner.“