Andrea Wagner zeigt im Folientunnel, worauf es beim Tomatenanbau ankommt. Foto: KS-Images.de / Karsten Schmalz/Karsten Schmalz

Immer mehr Menschen bauen ihr Gemüse selbst an. Auf einem Beet in Erdmannhausen lernen sie bei Andrea und Markus Wagner, worauf sie im Bio-Anbau achten müssen.

Erdmannhausen - Ausgerechnet Tomaten. Die roten Strauchfrüchte scheinen im Trend zu liegen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sich an diesem Sonntagmorgen schon um 9.30 Uhr rund zehn Interessierte auf dem Feld am Ortsrand von Erdmannhausen eingefunden haben. Sie alle wollen in einem Workshop aus nächster Nähe das Einmaleins des Anbaus kennenlernen. Und so hat Markus Wagner mit seiner Frau Andrea ein Flipchart aufgebaut, Sitzbänke unter einem Sonnensegel hergerichtet – gespannt lauschen die Gäste den Worten des Fachkundigen.

Das Urban Gardening, so nennt sich die Bewegung, in der immer mehr Menschen im eigenen Garten oder in Töpfen auf der Terrasse ihr Gemüse selbst anbauen, hat in den vergangenen Jahren in Baumärkten und Gärtnereien zu einem regelrechten Ansturm auf das Zubehör geführt. Und so haben auch die Wagners sich anstecken lassen und sich viel Wissen angeeignet, das sie jetzt weitergeben wollen. Mit ihrem Start-up-Unternehmen „Erdrausch“ beliefert das Ehepaar aus Marbach regelmäßig etwa 40 Abonnenten mit Kisten ihres Gemüses, das sie auf dem etwa 800 Quadratmeter großen Grundstück in Erdmannhausen biologisch anbauen. „Wir folgen der Devise: Gesunder Boden, gesunde Pflanzen, gesunder Mensch“, erklärt Andrea Wagner, die den Boden mit dem Darm des Menschen vergleicht. Auch der brauche eine Vielfalt an Lebewesen, damit Nährstoffe verfügbar werden.

Der Erdboden sollte mit Mulch oder anderem Naturmaterial abgedeckt sein

Was es heißt, den Tomaten einen nährstoffreichen Boden zu bereiten, ohne gegen die Natur zu kämpfen, erfahren die Teilnehmer in Theorie und Praxis. Die meisten von ihnen bringen erste Erfahrungen beim Anbau in Töpfen auf ihren Gartenterrassen und Balkonen mit. Und einige von ihnen staunen, als sie hören, dass sie den Boden in einem Beet nicht umgraben, sondern nur leicht lockern und lüften müssen. „Das wusste ich bisher nicht“, gibt Sabine Möhle zu, die auch darüber staunt, dass der gemähte Rasen ihres Gartens einen gut zu gebrauchenden Dünger auf dem Boden der Tomatenpflanzen abgeben wird. Der Trick dabei: Durch eine solche Abdeckung, oft auch mit Mulch, verdunstet nicht so viel Wasser aus dem Boden, dessen Temperatur auch nicht so stark schwankt. „Wir sind es leider gewohnt aufzuräumen“, erklärt Andrea Wagner, die das natürliche Düngen mit dem Fall des Laubes von den Bäumen im Herbst vergleicht. „Der Regen wäscht die Nährstoffe von alleine in den Boden.“ Als natürlicher Dünger für den Start solle man Hornmehl verwenden. Auch Schafwollpellets und Gartenkompost gehen.

Dann wird es praktisch. Florian Bogda greift lustvoll in die Erde und verteilt sie in einem größeren Topf. Er nimmt einen Setzling und vergräbt ihn tief, aber nicht genau in der Mitte. Denn neben die Pflanze platziert er noch einen kleinen Pflanzentopf, der dazu dient, das Wasser länger zu speichern, sodass das Einsickern länger dauert, was der Tomatenpflanze guttut. „Ich pflanze seit drei Jahren Tomaten selbst an – ich finde es schön, man übernimmt Verantwortung und drückt damit auch eine Wertschätzung gegenüber der Pflanze aus, statt sie im Supermarkt einfach zu kaufen.“

Ausgeizen ist wichtig – aber eine Pflanze braucht 18 Blätter für die Fotosynthese

Es sind die kleinen Kniffe, die es spannend machen, am Kurs teilzunehmen. Markus Wagner hantiert mit weißen Schnüren und umwickelt damit gekonnt eine der seit März herangewachsenen Tomatenpflanzen. Dann zieht er die Schnüre nach oben – die Pflanze hat am Hochdraht Halt. Stabile Rankgerüste selbst zu bauen ist kein Hexenwerk, doch viele Hobbygärtner wissen nicht, welche Haken und Geräte nötig sind. „Die Gerüste müssen auf jeden Fall fest verankert sein, damit sie nicht unter der Last zusammenkrachen und im Sturm nicht umfliegen“, betont Wagner, der konkrete Einkaufstipps gibt.

Und schon dürfen die Gäste wieder selbst ran. Beim Folientunnel steht eine Reihe Tomatenpflanzen, die darauf warten, ausgegeizt zu werden. „Das Konzept ist gut, wir bezahlen dafür, dass wir für euch die Arbeit erledigen“, flachst Florian Bogda und hat die Lacher auf seiner Seite. Roland Luithle ist mit seiner Frau aus Ingersheim gekommen, der Besuch des Workshops ist ein Geburtstagsgeschenk, verrät er. Und so entfernt das Paar die Geiztriebe, die dem Hauptstrang die Energie rauben. Auch Blattwerk muss dran glauben, doch 18 Blätter brauche eine Tomatenpflanze noch, um eine Fotosynthese vollständig leisten zu können, weiß Markus Wagner. „Die blühen ja schon“, ruft Sandra Knüpfer mit Bedauern in der Stimme, als sie einen Geiztrieb in der Hand des Workshop-Leiters sieht. „Ja, das ist schade, muss aber sein, da die Pflanzen eine gute Belüftung gegen die Pilzbildung brauchen“, erklärt Wagner und gibt den Tipp, den Trieb ins Wasser zu stellen. „Wenn er nach zwei Wochen Wurzeln treibt, kann man ihn anpflanzen.“

Kurse gibt es auch ganz allgemein zum Gemüsebeet

Fazit: Der Kurs ist keine trockene Angelegenheit, die Teilnehmer können sich einbringen, Fragen stellen und ihr Wissen andocken. Es herrscht eine lockere Atmosphäre. Kurse bieten Andrea und Markus Wagner auch, unabhängig von Tomaten, ganz allgemein zum Gemüsebeet an.