Krankenhausbett statt eigenes Zimmer: In Marbach sollen bald Bewohner aus Pflegeheimen gesund werden. Foto: factum/Jürgen Bach

Im Marbacher Krankenhaus geht in dieser Woche eine Station für Bewohner von Alten- und Pflegeheimen mit mildem Krankheitsverlauf von Covid-19 in Betrieb.

Im Kleeblattheim in Löchgau wurde in der vergangenen Woche ein Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet, am Osterwochenende meldete die Stadt Sachsenheim einen Corona-Infizierten im Pflegeheim Sonnenfeld. Und bereits Anfang des Monats hatte es im Heim „Am Schlösslesbrunnen“ in Sersheim mehrere bestätigte Corona-Fälle gegeben.

Wie viele Fälle es in den insgesamt 79 Alten- und Pflegeheimen im Kreis Ludwigsburg gibt, ist schwer nachzuvollziehen. Denn nicht alle Träger geben Auskunft. Diejenigen, die bisher verschont geblieben sind, rechnen aber damit, dass es auch sie treffen wird. „Wir werden die Ausbreitung nicht aufhalten können“, sagt beispielsweise Stefan Ebert, Geschäftsführer der 26 Kleeblattheime im Kreis.

Gedanken darüber, wie sie mit Infizierten umgehen, haben sich die Verantwortlichen aller Einrichtungen gemacht. Auch die Landesregierung versucht, die Senioren bestmöglich zu schützen. Besuche sind seit Mitte März in Heimen verboten, wer trotzdem rein möchte, braucht eine Genehmigung der Leitung. In der vergangenen Woche hat der Ministerrat zudem Ausgangsbeschränkungen für die Bewohner selbst erlassen. Sie sollen ihr Zuhause nur noch aus triftigen Gründen, wie zum Beispiel für Arztbesuche, verlassen. Wer spazieren gehen möchte, soll auf dem Heimgelände bleiben.

Zwei Infizierte brachten das Virus aus dem Krankenhaus mit
Die Einrichtungen im Kreis, in denen es bestätigte Fälle gibt, sind indes damit beschäftigt, die Ausbreitung des Virus so gut wie möglich einzudämmen. Die evangelische Altenheimat, der Betreiber des Heims in Sachsenheim, teilte umgehend mit, dass der infizierte Bewohner isoliert wurde. Diejenigen, die mit dem Infizierten Kontakt hatten, wurden getestet.

Kleeblatt-Geschäftsführer Ebert spricht im Löchgauer Fall von „großem Glück“. Auch dort wurden Mitarbeiter und Kontaktpersonen vorsichtshalber getestet. „Aber die Pflegekräfte sind im Moment sowieso ganz arg vorsichtig“, sagt Ebert. Der Bewohner, der aus dem Krankenhaus zurückgekehrt war, verbrachte 14 Tage in einem extra dafür eingerichteten Erweiterungsbau, als er erste Symptome zeigte. Ebert geht davon aus, dass er das Virus aus dem Krankenhaus mitgebracht hatte. Auch im Fall in Sachsenheim gehen die Verantwortlichen davon aus, dass der positiv Getestete das Virus aus dem Krankenhaus mitgebracht hat. 

Auch den Kliniken der Regionalen Kliniken-Holding (RKH) ist daran gelegen, die Infektionsketten in Altenheimen möglichst zu unterbrechen. Deshalb haben sie in den vergangenen Tagen gemeinsam mit dem Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes und dem Landkreis eine sogenannte Auffangstation im Krankenhaus in Marbach am Neckar eingerichtet. Dort sollen Corona-Infizierte aus Alten- und Pflegeheimen mit leichtem Krankheitsverlauf gesund werden. Sie können entweder direkt aus dem Heim nach Marbach verlegt werden, oder nach dem Krankenhausaufenthalt dort bleiben, bis sie infektionsfrei sind.

Auch in Markgröningen wurde Platz geschaffen
Es ist der zweite Vorstoß dieser Art: Bereits Ende des vergangenen Monats war in der Orthopädischen Klinik in Markgröningen Platz für alte Menschen geschaffen worden. Dort sollen sie unterkommen können, wenn sie aus einem anderen Krankenhaus entlassen werden und – das ist der Unterschied zu Marbach – gesund sind. Derzeit werden in Markgröningen 31 Senioren betreut, die beispielsweise nicht mehr nach Hause können, weil sich ein Angehöriger infiziert hat oder weil es keine Kurzzeitpflegeplätze mehr gibt.

Die Station in Markgröningen stand, wie die in Marbach auch, in den vergangenen Wochen leer, weil die Klinik ihr Programm drastisch reduziert hatte. „Mit dieser Lösung helfen wir einerseits den Pflegeheimen, sich vor einer Ausbreitung des Coronavirus zu schützen, andererseits entlasten wir unsere Kliniken um Patienten, die keiner stationären Versorgung mehr bedürfen“, sagt Geschäftsführer Jörg Martin zum Angebot in Marbach. Dort sollen in dieser Woche die ersten Senioren einziehen. Platz gibt es für 30 Personen, betreut werden sie von Ehrenamtlichen und Pflegekräften des Roten Kreuzes, die medizinische Versorgung übernimmt die RKH.

Die Verantwortlichen in den Pflegeheimen loben die Bemühungen der Kliniken, melden aber auch Bedenken an. „Dass man sich vorbereitet, finde ich gut“, sagt Michael Brenner, Geschäftsführer vom Haus Guldenhof im Ditzinger Stadtteil Hirschlanden. Andererseits meint er: „Das hat mit Humanität wenig zu tun.“ Menschen mit Demenz in ungewohnter Umgebung von unbekannten Pflegern ohne Unterstützung von Angehörigen betreuen zu lassen, halte er für „eine extrem schwierige Situation“.

Kapazitäten in den Pflegeheimen sind begrenzt
Dieses Argument führt auch Daniel Groß, Geschäftsführer des Arbeiter Samariter Bunds (ASB) in Ludwigsburg ins Feld. In den Häusern des ASB werde deshalb das „soziale Leben auf ein Minimum reduziert“. Zum Beispiel wurde das gemeinsame Mittagessen ausgesetzt, die Bewohner sollen sich möglichst viel auf ihren Zimmern aufhalten. Wenn es Corona-Fälle geben sollte, könnten diese isoliert werden.

Auch in den Einrichtungen der Evangelischen Heimstiftung sollen erkrankte Bewohner wenn möglich in ihrer gewohnten Umgebung bleiben. „Wir sehen den Ansatz externer Coronastationen in Hotels, Messehallen oder Krankenhäusern zumindest kritisch, weil wir wissen, wie negativ sich solche Ortswechsel auf die Gesundheit auswirken“, sagt der Geschäftsführer Bernhard Schneider.

Bernhard Wandel, Geschäftsführer der Stiftung Evangelisches Altenheim Ludwigsburg, sagt: „Jede zusätzliche Möglichkeit der Unterbringung ist gut.“ Falls es in den beiden Heimen in Ludwigsburg Fälle geben sollte, will man diese trotzdem erst einmal im Heim isolieren. „Die Frage ist nur, wie schnell wir damit an unsere Kapazitätsgrenzen kommen.“ Und spätestens dann sei die Station in Marbach wichtig, um wieder „krankheitsfreie Bereiche“ in den Heimen zu schaffen.