Timo Jungs (2. von rechts) hat die Nase vorn. Amtsinhaber Jan Trost (links) landet auf dem zweiten Platz gefolgt von Tobias Möhle (2. von links). Die Erste Beigeordnete Franziska Wunschik hatte das Ergebnis verkündet. Foto: Werner Kuhnle

Der Herausforderer aus Stuttgart sichert sich die Mehrheit in der ersten Runde. Eine Entscheidung wird aber erst im zweiten Wahlgang am 7. Februar fallen.

Marbach - Es war ein intensiver und in Coronazeiten auch besonderer Bürgermeister-Wahlkampf. Und speziell ist auch die Situation in der Stadthalle, als die Erste Beigeordnete Franziska Wunschik dort kurz nach 20 Uhr das Endergebnis präsentiert: Nur wenige Stadträte und die Kandidaten samt Begleitung sind als Besucher zugelassen. Alle tragen Masken und sitzen in weitem Abstand zueinander. Doch Anlass zur Freude gibt es dennoch, vor allem für einen: Timo Jung. Der hat zwar die absolute Mehrheit verfehlt, sodass ein zweiter Wahlgang am 7. Februar erforderlich ist. Im ersten hat er mit 42,26 Prozent der Stimmen aber die Nase vorn.

Folglich hat der 31-Jährige am Sonntag allen Grund, sich einen schönen Abend zu gönnen. Er distanziert seinen größten Konkurrenten, den Amtsinhaber Jan Trost, um etwas mehr als drei Prozent. Der aktuelle Rathauschef erreicht 38,8 Prozent. Ein ordentliches Ergebnis fährt auch Betriebsrat Tobias Möhle mit 13,43 Prozent ein. Abgeschlagen auf den hinteren Plätzen landen der Betriebsrat Andreas Freund (2,13 Prozent), der Dozent Edwin Kubotat (1,79 Prozent), Student Dennis Rickert (1,22 Prozent) und Musikpädagoge Ulrich Raisch (0,25 Prozent).

Timo Jung will weiter für seine Ideen werben
Jung bricht nach dem Erfolg in der ersten Runde aber keinesfalls in Euphorie aus und will den Tag nicht vor dem Abend loben. Natürlich gebe ihm das Resultat Rückenwind, stellt der Leiter der Stabsstelle Zentrale Dienste beim Städtetag Baden-Württemberg fest. Und er freue sich auch, dass sein offener Stil und seine Ideen auf viel Resonanz in der Bürgerschaft gestoßen seien. Nun sei es aber wichtig, noch mehr Marbacher zu erreichen und weiter „nah bei den Menschen zu sein“. Insgesamt bewertet er sein Abschneiden als „tollen Erfolg“, den er quasi aus dem Stand und in Pandemiezeiten hingelegt habe. „Das ist ein Zeichen“, erklärt er. Jung führt den Erfolg in der ersten Runde unter anderem darauf zurück, dass seine Themen wie Klimaschutz und eine zukunftsfähige Stadtverwaltung enorm gezogen hätten. Sein gutes Resultat nehme er allerdings mit Demut auf, weshalb er den Abend auch nicht überschwänglich feiern werde, sondern die restlichen Stunden gemütlich mit seiner Freundin beim Fernsehschauen auf dem Sofa verbringen wolle. In den nächsten Tagen will er dann noch einmal angreifen und aktiv auf die Menschen zugehen und für seine Ideen werben und die bekannten Formate weiterführen sowie auf dem Markt präsent sein.

Bürgermeister Jan Trost ist zuversichtlich
Sich richtig reinhängen, um doch noch die Trendwende zu schaffen, will auch Jan Trost in den kommenden zwei Wochen bis zur Entscheidung. Der Amtsinhaber nimmt es gefasst auf, dass er in der ersten Runde nicht die Nase vorne hat. „Dass es eine enge Sache wird, war relativ klar“, meint er. Der Bürgermeister zeigt sich aber zuversichtlich, die rund 200 Stimmen Differenz zu Timo Jung aufholen zu können. Er versuche, die Bürger von sich und seinem Programm zu überzeugen. „Dann müssen wir schauen, was in zwei Wochen herauskommt“, sagt er.

Im Vorfeld sei er optimistisch gewesen, was den Wahlausgang anbelangt. Er habe eine Menge positives Feedback erhalten. „Aber man kann es in Corona-Zeiten eben nie so genau einschätzen“, gibt er zu bedenken und erinnert zudem daran, dass mit der CDU-Fraktion, den Grünen und Teilen der SPD einige politische Kräfte offen seinen wohl größten Herausforderer Timo Jung unterstützt haben. „Das hat sicher beim einen oder anderen den Ausschlag gegeben“, meint Jan Trost.

Achtungserfolg für Tobias Möhle
Ein Achtungserfolg gelingt Tobias Möhle mit 13,43 Prozent. Besonders viele Stimmen holt er in seinem Heimatort Rielingshausen (22,62 Prozent) und im Wahlbezirk Rathaus in Marbach (21,9 Prozent). Im Zentrum der Kernstadt kommt er damit auf beinahe so viele Stimmen wie Jan Trost (25,71 Prozent). „Ich bin zufrieden und überrascht über den großen Zuspruch“, sagt Möhle, der für sich aber damit rechnete, unter den ersten Drei einzulaufen. Das Abschneiden im Hörnle (11,46 Prozent) und bei der Briefwahl (8,83 Prozent) zieht sein Ergebnis etwas in die Tiefe. „Bei der Briefwahl wurden die Stimmen deutlich früher abgegeben“, so Möhle – was beim zweiten Wahlgang anders sein wird. Tritt er erneut an? „Das Ergebnis möchte ich eine Nacht sacken lassen, bevor ich mich endgültig entscheide.“
 



Abgeschlagen sind die weiteren Kandidaten Andreas Freund, Edwin Kubotat, Dennis Rickert und Ulrich Raisch. Für Freund ist das Ergebnis „ernüchternd“. Er sei spät in den Wahlkampf eingestiegen und muss das Ergebnis verorten, bevor er sich in Richtung zweiter Wahlgang entscheidet. Engagieren möchte er sich in der Schillerstadt so oder so: Mit einem Projekt, das die Kinderbetreuung der Schulen in der Mittagspause verbessert.

Edwin Kubotat nimmt den Hut
Edwin Kubotat spricht von einem erwartbaren Ergebnis. „Dort, wo ich keine Flyer verteilt habe, bekam ich auch keine Stimmen“, stellt er fest und verweist damit auf Rielingshausen. Seine Ideen seien einfach zu städtisch, meint er schmunzelnd. „Und ich habe scheinbar nicht ins Narrativ eines Bürgermeisters gepasst“, sagt Kubotat, der beim zweiten Wahlgang nicht mehr anzutreten wird und der Tobias Möhle als den „Gewinner des Abends“ sieht. Dennis Rickert blieb als einziger Kandidat der Ergebnisverkündung fern. „Ich möchte mich erst mit meinem Wahlkampfteam abstimmen“, sagt er auf telefonische Anfrage nach einer Reaktion aufs Ergebnis. Ulrich Raisch ziert mit 15 Stimmen das Ende. „Ich freue mich über jede Stimme.“ Beim zweiten Wahlgang sei er dabei, außer es zeichne sich ab, „dass es zu einer Schlammschlacht kommt“.

Kommentar zur Wahl: Wunsch nach Veränderung

Zur Themenseite "Bürgermeisterwahl in Marbach"