Robin Reindl (oben links) und Marcus Kohler (unten) haben sich per Livestream mit Karin Götz unterhalten. Foto: Werner Kuhnle

Robin Reindl und Marcus Kohler haben sich im ersten digitalen Leserforum der Marbacher Zeitung Sachthemen und auch so mancher Challenge gestellt.

Erdmannhausen - In außergewöhnlichen Zeiten braucht es außergewöhnliche Ideen: Zum ersten Mal in der 175-jährigen Geschichte der Marbacher Zeitung hat die Redaktion am Dienstagabend ein digitales Leserforum im Rahmen der Erdmannhäuser Bürgermeisterwahl veranstaltet. Denn das bestehende Kontaktverbot lässt ein normales Format in einer großen Halle nicht zu. Anstatt sich wie vor drei Wochen vor dem ersten Wahlgang auf der Bühne zu begegnen, trafen sich die zwei aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge der scheidenden Bürgermeisterin Birgit Hannemann gemütlich im Büro und im heimischen Arbeitszimmer sitzend im Livestream und antworteten auf die Fragen von Karin Götz, der Leiterin der Lokalredaktion. Das Gute: Die Technik – vor der alle im Vorfeld bibberten – hielt. Und auch der Stream kam an. Mehr als 700 Menschen waren am Dienstagabend live dabei und konnten sich ein Bild von Robin Reindl und Marcus Kohler machen, die am Sonntag, 5. April, zusammen mit Ulrich Raisch und Andreas Oberman um den Posten kämpfen. Hier ein Auszug aus den drei diskutierten Themenbereichen:

Finanzen
Die Finanzen sind ein Thema, das derzeit auch die Kommunen besonders bewegt. Robin Reindl erklärte, Bund und Länder sollten einen Rettungsschirm spannen, denn die Kommunen würden dafür sorgen, dass die Wirtschaft nach der Krise wieder anlaufe. Eventuell müssten einige Investitionen auch verschoben oder ein Haushaltsstopp verhängt werden. Bei welchen Projekten in Erdmannhausen man sparen könne, sei sehr stark abhängig von der Entwicklung. Denkbar seien aber Sparmaßnahmen bei der Instandhaltung von Gebäuden und bei Weiterbildungsmaßnahmen.

Marcus Kohler verwies zunächst darauf, dass die Gemeinde schuldenfrei sei und Rücklagen habe. Auch müsse man den kommunalen Rettungsschirm in Höhe von 100 Millionen Euro berücksichtigen, den der Bund bereits beschlossen habe, auch wenn die Gemeinde davon wohl nicht sehr viel bekomme. Und von den Gewerbetreibenden im Ort habe er erfahren, dass die Stimmung gar nicht so schlecht sei. Dennoch werde es bei den Steuern Verwerfungen geben, in welchem Umfang, könne man derzeit nicht sagen, das sei Kaffeesatzleserei. Einsparmöglichkeiten sieht er beispielsweise dadurch, dass man den Abbruch der alten Schulturnhalle verschiebt, da dort noch nichts Neues geplant sei.

Vor diesem Hintergrund nach dem Feuerwehrhaus gefragt, erklärte Reindl, ob sich ein Neubau rechne, müssten Fachleute prüfen; er selber denke, eine Sanierung wäre nur unwesentlich billiger. Marcus Kohler betonte, er gebe keine Wahlversprechen ab, die er nicht halten könne. Man müsse schauen, was in der Frage Neubau oder Sanierung schon auf den Weg gebracht worden sei, fest stehe jedoch: „So, wie es ist, geht’s nicht mehr.“

Kinderbetreuung
Zum diesem Thema betonte Kohler, es sei wichtig, dass Kinder im Ort eine Heimat hätten. Dazu gehöre die Verzahnung von Kitas und Grundschule, aber auch ein aktives Vereinsleben. Lobend erwähne er in diesem Umfeld die Bläserklasse. Auch andere Vereine könnten Kurse in Kindergarten und Grundschule anbieten. Wichtig sei auch eine gute Kinderbetreuung bis hin zur Grundschule – Stichworte Ganztagesschule und verlässliche Betreuungszeiten. Reindl ergänzte die Wichtigkeit des Freizeitangebots durch das Jugendhaus und verwies darauf, dass er aus der Kindergartenverwaltung komme. Luft nach oben sieht Kohler beispielsweise in einem Waldkindergarten. Toll sei, dass die Kindergärten im Ort so verschieden wie die Kinder seien. Reindl meinte, man solle die Bürger fragen, was fehle.

Auf den Hinweis von Karin Götz, dass mit dem Neubau des Kinderhauses aktuell genügend Betreuungsplätze da seien, dass sich das aber mit möglichen Neubaugebieten ändern könne, sagte Robin Reindl, man könne die Gruppen ein Stückweit ausweiten und, falls neue Wohngebiete kämen, „die Bedarfslage anpassen“. Marcus Kohler betonte, man könne ja aufgrund der vorliegenden Zahlen schon im Vorfeld genau sagen, wer in ein bis zwei Jahren in die Kita oder die Schule komme. Im Übrigen denke er nicht, dass ein „exorbitantes Wachstum“ gut für die Gemeinde sei; da brauche man Augenmaß.

Ob er sich eine Ganztagesschule am Ort vorstellen könne, wollte Karin Götz von Reindl wissen. Die Schule sei sehr ausgelastet, entgegnete dieser, man bräuchte dringend die Räume, in denen jetzt noch der Hort untergebracht sei. Kohler ergänzte, man müsse auch über das Thema Mensa weiter nachdenken und, wenn sie gebaut werde, sie so anlegen, dass in 15 oder 20 Jahren auch eine andere Nutzung möglich sei. Das sei für ihn auch eine Frage der Nachhaltigkeit.

Nachhaltigkeit
Was bedeutet Nachhaltigkeit für die Kandidaten, auch privat? Robin Reindl erklärte, er kaufe im Hofladen ein und sei im letzten Sommer mit dem E-Bike zur Arbeit gefahren. Marcus Kohler sagte, er habe ein papierloses Büro und eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach, außerdem habe er eine Nachhaltigkeitsgruppe gegründet. Kommunal gesehen sprach Reindl exemplarisch den Arbeitskreis Biotop an, den er mithilfe eines Bacheloranden vorantreiben möchte, und verwies auf Arbeitsanweisungen und Förderungen durch das Landwirtschaftsministerium, in dem er arbeitet. Kohler sprach sich für eine weitere Förderung von Solaranlagen aus und sagte, man müsse darauf achten, wo es Einsparpotenzial gebe. Wichtig sei es zudem, auch schon im Kindergarten beispielsweise darauf zu achten, ob man Plastikmaterial verwende, denn „die Kinder tragen das mit nach Hause“. Vor allem jedoch könne man nur etwas erreichen, wenn alle an einem Strang zögen – Rathaus, Biotop-Arbeitskreis, Landwirte und Bauhof.

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