Marcus Kohler und seine Frau Nicole freuen sich über den Wahlsieg.Robin Reindl und seine Lebensgefährtin verfolgen den Liveticker der Marbacher Zeitung. Foto: KS-Images.de

Der Wahlabend, der die Entscheidung über den neuen Bürgermeister gebracht hat, wird in Erinnerung bleiben – und das nicht nur wegen des Coronavirus.

Erdmannhausen - Wer als Erdmannhäuser am Sonntagabend Spannung haben wollte, der musste nicht auf den Tatort im Ersten warten. Der Krimi fand schon zwei Stunden früher im ersten Stock des Rathauses statt. Und je länger ausgezählt wurde, umso höher stiegen bei manchen Blutdruck und Puls.

Die beiden aussichtsreichsten Kandidaten, Marcus Kohler und Robin Reindl, hatten den Tag unterschiedlich verbracht. Reindl brach noch um 15 Uhr zum Joggen auf, Kohler las im Garten Zeitung. Im Rathaus trafen dann beide kurz nacheinander ein – erst kam Robin Reindl mit seiner Partnerin, dann Marcus Kohler mit seiner Frau. Und der Blutdruck der beiden? „Steigt“, sagte Reindl lächelnd, und Marcus Kohler meinte, sein Puls sei geschätzt bei über 100.

Das Smartphone erwies sich wieder einmal als wichtiges Utensil. Denn im Liveticker der Marbacher Zeitung liefen die ersten Auszählergebnisse. „Das sieht ja gut aus, deshalb bleib’ ich dran“, meinte die Partnerin von Reindl, während er beschwichtigte: „Das dauert noch.“

Eifrig wurden derweil hinter den Kulissen die blauem Umschläge aufgeschlitzt. Eine Wahlhelferin trug eine selbst genähte Atemschutzmaske, andere Handschuhe, wieder andere hatten auf beides verzichtet. Immer wieder wurde auch gescherzt, um die Spannung etwas zu lösen. „Die Kandidaten trauen sich nicht rein, die haben zu viel Respekt vor Frau Hannemann“, witzelte die Gemeinderätin Vanessa Gruber, als sich, anders als beim letzten Mal, um 18.15 Uhr noch keiner der Kandidaten blicken ließ.

Schnell geklärt wurden Fragen wie: „Wenn das Kreuzle da vorne ist, wird das auch gezählt?“ „Ja“, versicherte Hauptamtsleiter Günter Sommer: „Der Wählerwille ist klar erkennbar.“

Gegenüber dem letzten Mal war die Zahl der Briefwähler deutlich gestiegen. Die Gemeinde hatte wegen des Infektionsrisikos mit dem Coronavirus auch ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen. Zur Wahl selbst seien nur etwa halb so viele Menschen wie beim letzten Mal gekommen, schätzten die Wahlhelfer. Die meisten Direktwähler gab es in der Halle auf der Schray – hier warfen 203 Wähler persönlich ihre Stimme in die Urne. „Im Blumenviertel wohnen viele Ältere, die geben ihre Stimme wohl so ab wie immer“, mutmaßte Bürgermeisterin Birgit Hannemann.

Trotz des Aufwands, die Briefumschläge erst zu öffnen, waren die Stimmen im großen Sitzungssaal recht schnell ausgezählt. Das Ergebnis: 59 Stimmen für Robin Reindl, 54 für Marcus Kohler. Wenig später folgte der kleine Saal: 71 Stimmen für Reindl, 52 für Kohler. Reindl begann zu strahlen, seine Partnerin noch mehr, während Marcus Kohler und seiner Frau die Anspannung anzusehen war. Aber noch war nichts verloren – die Stimmen im Besprechungszimmer waren noch nicht ausgezählt. Und auf einmal verkündete Larissa Claus, die am Computer sämtliche Ergebnisse aus allen Wahlbezirken und -lokalen erhielt: „Jetzt ist der Herr Kohler vorne.“ Und dabei blieb es auch – mit knapp 52 Prozent und einem Plus von 85 Stimmen mehr wird er der neue Bürgermeister der Brezelgemeinde.

Er freue sich riesig, sagte Marcus Kohler, als Hannemann das Ergebnis verkündet hatte, obwohl ihm die Anspannung noch anzumerken war. „Das ist wie eine Prüfung an der Uni, nur noch ein bisschen schlimmer“, konstatierte er. Er dankte seinen Wählern und lud die anderen Erdmannhäuser dazu ein, ihn jetzt kennenzulernen. Ein Dank ging auch an seinen Mitbewerber Reindl für den fairen Wahlkampf. Und natürlich an seine Familie, allen voran seine Frau, aber auch Onkel, Tante und Schwester, die mit Atemschutz ausgestattet kurz vor der Verkündung des Ergebnisses ebenfalls gekommen waren. „Er hat’s verdient und auch Erdmannhausen hat ihn als Bürgermeister verdient“, fasste Kohlers Schwester zusammen. Eine große Feier musste jedoch ausfallen. Auch die Gratulanten aus Rathaus, Gemeinderat und Bürgerschaft mussten Abstand halten. Ein Wahlabend, wie es ihn so schnell nicht wieder geben wird.

Kommentar zur Wahl:

Kapitän an Bord