Das typische Zielpublikum für einen Ausflug mit Bett auf vier Rädern sind die sogenannten Bestager: über 50-Jährige und rüstige Rentner mit Wohnmobil. Foto: Caro / Waechter

Der Zweckverband des Mineralfreibades Oberes Bottwartal baut zurzeit fünf Stellplätze auf dem Parkplatz – und folgt damit dem Trend.

Bottwartal - Die Freibad-Saison steht in Oberstenfeld
vor der Tür – fünf Stellplätze für Wohnmobile entstehen derzeit neu. „Wir errichten sie auf der hinteren Wiese in Richtung Beilstein“, erklärt der Oberstenfelder Bürgermeister Markus Kleemann, der zugleich als Vorsitzender des Zweckverbandes Mineralfreibad Oberes Bottwartal mit der Nachbarkommune Beilstein
fungiert.

Die etwa 80 000 bis 90 000 Euro teuren Stellplätze werden im Juni eröffnet, kündigt Markus Kleemann an. Es ergebe Sinn, sich die Kosten mit Beilstein zu teilen und so den Tourismus gemeinsam anzukurbeln. Zudem gebe es Zuschüsse: „Wir sind Teil eines großen Programmes der Region Stuttgart“, sagt Kleemann und verweist auf die zehnprozentige Förderung durch die Wohnmobil-Offensive aus Mitteln der Tourismusförderung im Verband Region Stuttgart (VRS). Rund ein Dutzend Kommunen verwirklichen seit 2014 im Rahmen des Masterplans für den Landschaftspark Murr-Bottwartal ein Netzwerk aus Wohnmobil-Stellplätzen. Das Projekt mit Fördermitteln von rund 150 000 Euro werde bei der Eröffnung des ersten Wohnmobil-Hafens mit zehn Stellplätzen am 13. Mai in Allmersbach im Tal gewürdigt.

Viel vom Wohnmobil-Tourismus verspricht sich Anja Behnle, Geschäftsführerin der Tourismusgemeinschaft Marbach-Bottwartal, der neben Oberstenfeld und Beilstein auch Großbottwar, Steinheim, Murr, Marbach, Benningen und Erdmannhausen angehören. „Der Wohnmobil-Tourismus ist immer stärker ins Zentrum gerückt, zuletzt bei der Tourismusmesse CMT – im Jahr 2015 erreichte die Zahl der neu zugelassenen Wohnmobile in Deutschland mit 28 000 im vierten Jahr in Folge einen neuen Rekord.“ Immer mehr sogenannte Bestager, über 50-Jährige und rüstige Rentner, die über Wochen und Monate unterwegs sind, entdeckten diese Art des Reisens – und mit ihr neue Urlaubsregionen, die bisher im Schatten der klassischen Feriengebiete liegen. Davon könne auch das Bottwartal profitieren. Schließlich zeigten gerade die finanzstarken Wohnmobilisten eine Affinität zu Wein, Wandern und Literatur. „Das passt zum Bottwartal“, findet Anja Behnle, die den Weingütern empfiehlt, Stellplätze am Hof bereitzustellen. Vernetzt mit Tourismus-Verbänden wie der Deutschen Fachwerkstraße oder der Württembergischen Weinstraße könnten sich die Kommunen des Landschaftsparks Murr-Bottwartal effektiver in Szene setzen als alleine.

Aufgegangen ist die Strategie offenbar schon in Großbottwar.
Dort ist vor einem Dreivierteljahr die erste Anlage mit fünf Stellplätzen eröffnet worden. „Die Plätze sind sehr gut ausgelastet – wir haben auch qualitativ Standards gesetzt“, berichtet der Bürgermeister Ralf Zimmermann. Großbottwar profitiere von seiner geografischen Lage an der Autobahn, wo man das Eingangstor zum Murrtal bilde. Auch parkten Wohnmobil-Touristen gerne „ereignisnah“, und da habe Großbottwar im Winzerhäuser Tal mit Spiel-Einrichtungen und der Nähe zur Altstadt einiges zu bieten. Ausgesprochen positiv sieht Zimmermann auch das neue Angebot der Weinerlebnisführer Ingrid und Wolfgang Link, Wohnmobilisten ein Weinerlebniswochenende zu ermöglichen (siehe Info-Kasten).

Die Mischung Wein und Wohnmobil interessiert auch die Weinbaubetriebe. Die Bottwartaler Winzer halten für Kunden von auswärts einen Stellplatz in der Nähe der Kellerei in Großbottwar bereit, berichtet der Geschäftsführer Bastian Remkes. An Stellplätzen zumindest gedacht haben die Schäfers und die Roths in Kleinbottwar sowie das Schlossgut Hohenbeilstein, wie Antje Dippon bestätigt: „Aber immer haben sich dann doch andere Dinge in den Vordergrund geschoben.“

Das gilt derzeit auch für die Stadt Steinheim,
die den Sprung in das Förderprogramm der Wohnmobil-Offensive verpasste. „Wir haben momentan viele andere Baustellen abzuarbeiten“, erklärt der Erste Beigeordnete Norbert Gundelsweiler. Dennoch sei er nicht unzufrieden, was die Stellplätze an der Murrinsel anbelange: „Ich sehe dort immer wieder Wohnmobile.“ Die Lage sei „überragend“ und Insider wüssten, dass sie dort mit Elektroanschluss gegen Münzzahlung kostenfrei ihren Wagen über Nacht abstellen könnten.

Kleinere Transit-Plätze ohne Stromanschluss bieten die Gemeinden Benningen
und Murr
an. „Wir haben vier Plätze an der Gemeindehalle“, erzählt der Benninger Hauptamtsleiter Timo Schenk. Auch der Murrer Bürgermeister Torsten Bartzsch hält das Angebot von zwei Plätzen in der Nähe der SGV-Vereinsgaststätte bei den Sportanlagen für ausreichend, falls jemand übernachten möchte.

Die Stadt Marbach
hat vor einigen Jahren ihre Stellplätze am Bolzplatz in der Nähe der Schillerhöhe modernisiert. Der Hauptamtsleiter Thomas Storkenmaier ist zufrieden: 200 bis 300 Übernachtungen jährlich zeugten von einer regen Auslastung. Erneuert werden sollte die Entsorgungsstation am Gruppenklärwerk Häldenmühle, rät Storkenmaier nach Rücksprache mit Betriebsleiter Andreas Knie. „Darüber sollten wir uns im Zweckverband Gedanken machen.“

Kein Thema sind Wohnmobil-Stellplätze in Pleidelsheim.
„Wir haben den Tourismus nie forciert, wir sind etwa auch nie der Tourismusgemeinschaft Marbach-Bottwartal beigetreten“, sagt der Bürgermeister Ralf Trettner. Auch wenn Wohnmobilisten im Ort einkaufen und essen gingen, habe die Gemeinde nicht eigens Stellplätze eingerichtet. „Ich beobachte aber, dass gelegentlich Wohnmobile auf dem Parkplatz vor dem Netto übernachten – wir tolerieren das in der Regel.“