Bei den sommerlichen Temperaturen haben sich viele Wanderer und Genießer auf den Weg gemacht. Foto: avanti

Wein, Wandern und Genuss bringt Tausende ins Bottwartal. Die Landschaft, Sonnenschein im Glas und unterhaltsame Lesungen ergeben ein stimmiges Programm.

Bottwartal - Schon um halb zehn Uhr morgens standen bei uns die ersten Wanderer auf dem Hof und haben nach einem Glas Sekt gefragt“, berichtet Sabine Kircher vom gestrigen „Wein, Wandern und Genuss“. Den ganzen Tag über sei beständig viel los gewesen. „Mehr als im letzten Jahr“, findet Petra Gemmrich, die den stetigen Besucherstrom dem sehr guten, aber nicht gar so brütend heißen Wetter zuschreibt.

Von Stuttgart bis weit ins Heilbronner Land reicht die Strahlkraft von Wein, Wandern und Genuss, das die Tourismusgemeinschaft Marbach/Bottwartal schon seit Jahren ausrichtet. An elf Genussstationen auf zwei Rundwegen konnten sich die Wanderer mit ausgesuchten Speisen stärken und dabei die Kreationen der Winzer im Glas verkosten.

Sehr gefragt waren bei den sommerlichen Temperaturen kühle Getränke, wie der Musecco vom Weingut Schütz oder die „kalte Ente“ vom Weingut Sankt Annagarten. „Wir sind da draufgekommen, weil wir einen Zitronenbaum im Garten haben“, erklärt Marcel Wiedemann die Entstehungsgeschichte. „Sehr gut“, schmeckt das auch dem Beilsteiner Feuerwehrkommandant Bernd Kircher, der nach dem Besuch bei der Verwandtschaft noch auf einen Absacker in der Nachbarschaft vorbeigekommen ist.

Bei den Bottwartaler Winzern lockte neben dem breiten Weinsortiment, Leckereien vom Grill und saisonalen Spargelgerichten auch die Erzählerin Stefanie Keller mit sinnlichen Märchen zu Wein, Weib und Mann. Derber ging es bei Hans-Jürgen Stritter zu, der mit Manfred Rommel und Gerhard Raff flehte: „Oh Herr, schmeiß’ Hirn ra!“

Literarische Kostproben schwäbischer Dichtkunst präsentierte Elke R. Evert im Weingut Gemmrich, gemäß dem Motto: „Sieh’sch! So schee isch onser Leba mittedren en ons’re Reba. Reima lässt sich’s allemal em Neckar-, Murr- ond Bottwartal.“ Im Schlossgut Hohenbeilstein auf der schönsten Aussichtsterrasse hatte Hanns-Otto Oechsle keine Schwierigkeiten, seine humorvollen Geschichten an den Mann und an die Frau zu bringen.

Vergnügliche Geschichten, Gedichte und Anekdoten servierte Dorothea Balzer genüsslich angerichtet in der St. Anna-Kelterlounge. Mitten in den Weinbergen hatte Eckhard Fischer seine Lesebühne aufgebaut. Er verband literarischen mit Weingenuss gemäß dem Motto: „Lieber Wein lesen als gar keine Lektüre!“

Idyllisch in der Natur gelegen ist auch der Wehrbachsee, an dem die Rielingshäuser Winzer mit dem Weinfactum Bad Cannstatt ihre Preziosen im Glas präsentierten. Die Kräuterpädagogin Claudia Nafzger erklärte dabei gesunde Wildkräuter am Wegesrand.

Beim Weingut Roth im Forsthof gab es zu Wein, Leckerem aus der Gutschänke sowie Kuchen Lesungen und Erzählungen von Götz Schneyder. Mit professionell geschulter Stimme ließ Schneyder Dichter wie Thaddäus Troll oder Ludwig Uhland auf unterhaltende Weise zu Wort kommen.

Manche Teilnehmer, bei denen der Genuss den Vorrang vor dem Wandern hatte, haben wohl die eine oder andere Teilstrecke mit dem Auto abgekürzt. Für die Wanderer war der teilweise rege Autoverkehr ärgerlich, die Zufahrt zu den meisten Weingütern ist aber frei, so auch zum Weingut Waldbüsser im Lerchenhof in Kleinbottwar. Hier gab es im mediterranen Ambiente ebenfalls ein neues Gesicht zu sehen und eine neue Stimme zu hören: Uwe-Peter Spinner, wie Schneyder aus Stuttgart, erzählte Geschichten wie „Wirf die Flasche weg, Mensch, stich eine neue an zu neuer Freude” aus Wilhelm Hauffs „Phantasien im Bremer Ratskeller” und zog so die Zuhörer in seinen Bann.

Für die zahllosen Besucher und Teilnehmer war die erneute Auflage von Wein, Wandern und Genuss wie ein Tag Urlaub vor der Haustüre, weil man in herrlicher Landschaft auf bestens ausgeschilderten Rundtouren in vertretbaren Abständen immer wieder Genussstationen fand, an denen man körperlich wie geistig auftanken konnte. Aber auch für die teilnehmenden Weinmacher ist „WWG“ eine Erfolgsveranstaltung, wie es Sabine Kircher recht treffend auf den Punkt bringt: „Das Gute daran ist, dass alle mitmachen, aber jeder kann das so gestalten, wie er will.“