Manfred Moll, Klaus Ruge und Willi Laible (von links) besichtigen ein Refugium im Großbottwarer Foto: Oliver von Schaewen

Das Ökosystem Wald braucht geschützte Zonen. Die meisten Kommunen im Kreis Ludwigsburg setzen auf das Alt- und Totholzkonzept.

Bottwartal - Manchmal bekommt Manfred Moll empörte Anrufe. Man könne nicht so viel altes Holz im Wald liegen lassen, hört der Revierförster für Großbottwar und Oberstenfeld und erklärt dann, dass dieses Liegenlassen durchaus beabsichtigt ist, damit Kleintiere Lebensräume finden. „Es ist halt die schwäbische Mentalität, nichts verkommen zu lassen“, erklärt der Forstbeamte schmunzelnd. Und der Oberstenfelder Ornithologe Willi Laible bestätigt: „Früher mussten die Leute ihre Waldstücke leerräumen.“

Die Zeiten haben sich jedoch gewandelt. Das Alt- und Totholzkonzept des Landes wird seit 2009 von immer mehr Kommunen umgesetzt. Im Landkreis Ludwigsburg haben nach Auskunft des Landratsamtes bisher 29 von 33 Kommunen mit mehr als zehn Hektar Wald zugestimmt. Demnächst werde man das Konzept noch in Ludwigsburg, Markgröningen, Korntal-Münchingen und Eberdingen detailliert vorstellen. Kern des Planes ist, fünf Prozent der Waldfläche als Lebensraum für Insekten und Kleintiere zu sichern. Diesem Konzept will auch die Stadt Großbottwar beitreten. Das habe sie in Vorgesprächen zum Zehn-Jahres-Plan ihrer Wälder kundgetan, berichtet das Landratsamt. Allerdings stehe der formale Beschluss noch aus. Er soll in der Ratssitzung am 15. Juni nach einer Begehung zum Abschluss der Zehn-Jahres-Planung gefasst werden.

Unabhängig von dem Beschluss verfolgt der Revierförster Manfred schon seit vielen Jahren den Kurs, im Wald entsprechende Räume für Kleintiere zu sichern. Das wird auch bei dem Rundgang mit den beiden Vogelexperten Klaus Ruge und Willi Laible vom Naturschutzbund deutlich. Die Ornithologen zeigen sich insbesondere angetan von einem größeren Schutzareal, einem Refugium. Dort fließt ein Wildbach, und verschiedenste Vogelstimmen sind zu hören. Sogar eine Ulme kann dort überleben, es ist die einzige weit und breit, erzählt der Revierförster.

In einem Waldstück hat Manfred Moll etwa zehn Bäume mit einem weißen H gekennzeichnet. Das Kürzel steht für Habitat, eine Gruppe von alten Bäumen, deren Rinde und Holz so weich sind, dass Spechte in ihnen Höhlen bauen können. „Sie sind die Baumeister – ihren Unterschlupf nutzen später auch Fledermäuse, Waldhornissen und andere Lebewesen“, erklärt Klaus Ruge. Auf dem Boden liegt überall verstreut totes Holz herum. An manchen Ästen haben Spechte erkennbar gepickt. Dabei erbeuteten sie Bockkäfer und andere Kleinstlebewesen. „Das Totholz ist in der Regel sehr lebendig, es gibt dort jede Menge Larven und Käfer“, erklärt Förster Moll. Die Kiefer biete rund 600 Tierarten Lebensraum, die Eiche etwa 800.

Der Vogelschutz in Oberstenfeld hat übrigens eine lange Tradition. Der Naturschutzbund feiert in diesem Jahr sein 100 -Jahr-Jubiläum. Angefangen habe alles damit, die Streuobstwiesen vor Insekten schützen zu wollen, erklärt Willi Laible, der auf eine Mitgliederzahl von 270 blickt.