Tobias Möhle (links) Foto: KS-Images.de

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er Kandidat Tobias Möhle möchte als Bürgermeister auf Erfahrungen setzen, die er als Betriebsrat sammelt.

Marbach - Zu unserem vereinbarten Treffpunkt am Ortsausgang von Rielingshausen in Richtung Hinterbirkenhof kommt Tobias Möhle zu Fuß. Zum einen natürlich, weil der 37-Jährige hier im Stadtteil, in dem er auch aufgewachsen ist, lebt. Und zum anderen hat er sein Auto sowieso vor mehr als einem Jahr verkauft. „Ich bin, die Urlaubsfahrt eingerechnet, im Jahr vielleicht 4000 Kilometer gefahren“, begründet er seine Entscheidung. Der überzeugte Radfahrer bevorzugt es eben, auf zwei statt vier Rädern zu seinem Arbeitsplatz nach Schwieberdingen zu fahren, oder bei schlechtem Wetter mit Bus und Bahn. „Dann kann ich 20, 30 Minuten lang entspannen. Auch die Umwelt hat da eine Rolle gespielt, und eben der starke Verkehr rund um Ludwigsburg und auf der Autobahn.“ Dass er als Bürgermeister wieder aufs Auto wird setzen müssen, sei aber kein Problem. „Den Führerschein habe ich ja noch“, sagt er schmunzelnd.

Heute geht’s zu Fuß voran. Unser Spaziergang führt durch die Weinberge oberhalb Rielingshausens. Hier in der Natur verbringt Tobias Möhle seine Freizeit, vor allem auf seinem Stückle beim Steinbruch, das in coronafreien Zeiten Anlaufpunkt für „Kind und Kegel“, Freunde und Bekannte war. Aber auch alleine verbringt er hier gerne Zeit, mäht den Rasen oder schneidet die Bäume zurück. Doch es zieht ihn auch in die Stadt: In Marbach fühlt er sich ebenso wohl und besucht gerne die kulturellen Veranstaltungen im Schlosskeller oder das Theater auf dem Burgplatz.

Und wie die Schauspieler gerne volle Ränge haben, möchte Möhle als Bürgermeister viele Bürger erreichen. „Beteiligungsorientiert“ ist sein Stichwort. Heißt: Er möchte den Austausch zwischen Stadtverwaltung und den Marbachern intensivieren und die Bürger zu Wort kommen lassen. Kommunikation, die ist von ihm bereits als stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei Bosch gefragt, und die sieht er auch als seine Stärke an. „Ich kann auf Menschen zugehen, ihnen zuhören und einfühlsam sein. Sie an die Hand nehmen, ohne sie zu bevormunden.“ Als Betriebsrat sei er es gewohnt, beharrlich für etwas zu kämpfen und sich für die Belegschaft einzusetzen – bei sämtlichen Stellen, bei denen er sich eine Unterstützung erhofft. „Wenn ich etwas erreichen will und wenn sich Visionen und Projekte auftun, tue ich viel dafür.“ Wie unterschiedlich Anliegen dabei sein können, das kennt er von der Belegschaft, und das erfährt er auch im Wahlkampf an seinem Stand von den Bürgern.

Sowieso, so zeigt sich auf dem Spaziergang, gibt es einige Parallelen zwischen den Berufen als Betriebsrat und als Bürgermeister. „Beides sind keine wirklichen Lehrberufe“, sagt Tobias Möhle. Während er jetzt die Belegschaft und den Betriebsrat repräsentiere, tue er dies als Bürgermeister bei Stadtverwaltung, Gemeinderat und den Bürgern. Und in beiden Berufen sei es wichtig, zwischen Parteien zu vermitteln. „Bei schwierigen Themen kann ich dann Leitplanken setzen, Hürden aus dem Weg räumen und Wege aufzeigen“, sagt der 37-Jährige, der zwar keinen lokalpolitischen Hintergrund mitbringt, aber auch auf das Wissen in der Stadtverwaltung setzt. „Ich bin überzeugt davon, dass wir hier viele Experten haben.“

Seinen Führungsstil, den er an den Tag legen möchte, beschreibt er als „offen“. Was nicht zu verwechseln ist mit laissez-faire. „Man darf sich auch nicht darauf verlassen, dass sich Probleme von alleine regeln“, stellt er klar und nennt den Kapazitätsengpass bei der Kinderbetreuung in Rielingshausen als Beispiel. „Es war doch klar, dass es irgendwann zu wenig Plätze geben wird.“

Sein Ziel sei immer, Lösungen zu finden, mit denen alle leben können. Dass das nicht immer einfach umzusetzen ist, weiß er. Muss er sich als Betriebsrat doch etwa auch mit Stellenstreichungen befassen. „Generell bin ich keiner, der sich für Verbote ausspricht, sondern einer, der Alternativen sucht. Verbote führen in der Regel zu nichts.“

Wir laufen inzwischen nicht mehr zwischen Weinreben, sondern ein Stück weiter zwischen verschneiten Feldern. Die                      Landwirtschaft ist Tobias Möhle nicht fremd, hat er doch früher im landwirtschaftlichen Betrieb der Großeltern in Rielingshausen mitgeholfen. „Da habe ich zumindest etwas Geduld gelernt nach dem Motto: Gut Ding will Weile haben.“ Generell sei er aber doch ein ungeduldiger Mensch. Vor allem wenn etwas passiere, das so nicht vereinbart war. „Und bei Schokolade und Schokokuchen kann ich nicht Nein sagen“, zählt der Rielingshäuser eine weitere Schwäche auf.

Mitgenommen aus Landwirtschaft und seinem Lehrjahr als Zimmermann, ehe der Orthopäde ein Veto einlegte, hat er dafür handwerkliches Geschick. Seit bald zwei Jahren ist der ledige Mann dabei, sein Haus in Rielingshausen zu renovieren. Und bleibt das Werkzeug einmal liegen, widmet er sich gerne Sachbüchern und politischen Magazinen. „Und zuletzt ist mir auch die Bedeutung der Familie noch einmal bewusster geworden“, sagt er. Nicht nur wegen Corona, sondern auch wegen eines Radunfalls im vergangenen Jahr mit Krankenhausaufenthalt. Den hat er inzwischen gut überstanden.

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