Bis 1966 war die Bottwartalbahn zwischen Marbach und Heilbronn unterwegs. Foto: Archiv

Es ist zu wünschen, dass die Bottwartalbahn in der neuen Berechnung besser abschneiden wird.

Bottwartal - Wer die Geschichte der Bottwartalbahn kennt oder selbst Erinnerungen an das bis 1966 zwischen Marbach und Heilbronn Süd verkehrende Schmalspur-Bähnle hat, der weiß: Geduld war bei dem im Takt schnaufenden Gefährt immer gefragt. Nicht umsonst erzählte man sich die Legende, dass das Blumenpflücken während der Fahrt verboten sei. Und nicht umsonst sorgte das niedrige Fahrtempo dafür, dass die Bahn eingestellt wurde – war man auf den Straßen im Auto und im Linienbus doch irgendwann schneller unterwegs. Am Ende hatte die Bahn eher Ausflügler und Touristen als Pendler angelockt.

Andreas Hennings

Geduld ist auch jetzt gefragt, wenn es um die Reaktivierung der Bottwartalbahn geht. Das Ergebnis der Machbarkeitsstudie ist zwar veröffentlicht – man weiß aber nur eines: so viel wie vorher. Die Umsetzung wäre Stand jetzt zu teuer. Durch das neu beschlossene Vorgehen des Bundes, Infrastrukturprojekte künftig wohlwollender zu fördern, muss das Vorhaben an Neckar, Murr, Bottwar und Schozach aber neu gerechnet werden. Heißt: Wieder ist wieder warten angesagt. Wie einst an den Bahnhöfen entlang der Strecke.

Einen Vorwurf, dass das Ergebnis nicht viel aussagt, kann man den Beteiligten nicht machen. Die Veränderung auf Bundesebene kam schlicht zum unpassenden Zeitpunkt. Ich bin aber gespannt darauf, welche Förderkriterien festgelegt werden – und ob die Bottwartalbahn dadurch rentabel werden könnte. In Anbetracht der steigenden Einwohnerzahlen im Raum Stuttgart und in jeder Kommune zwischen Marbach und Heilbronn (abgesehen von Oberstenfeld und Beilstein), dazu des alltäglichen Verkehrskollapses, frage ich mich: Wenn nicht hier, wo dann?

Dass eine tatsächliche Planung der Bahn polarisieren würde, ist absehbar. Das zeigen die Reaktionen in den Sozialen Medien auf das Ergebnis. Freud und Leid darüber, dass es vorerst nicht weitergeht, lagen nah beieinander. Wobei Themen wie Lärm bei der in Straßenbahn-Form angedachten Umsetzung zu prüfen wären.

Aber auch das zeigte die Geschichte des „Entenmörders“: Er hatte stets Befürworter und Gegner. Seit dem Bau in den 1890ern, als nicht jeder Gemeinderat überzeugt war. Später benötigte es zwar immer mehr Personenwagen. Eine Überlieferung aus Zeiten der Auswanderungswelle in den 1920ern zeigt aber, dass auch dann nicht alles reibungslos lief. Demnach machte sich ein Ehepaar aus Beilstein auf die Reise, wobei die Frau bei der Ankunft am Marbacher Bahnhof gefragt haben soll: „Sind wir schon in den USA?“ Woraufhin ihr Gatte antwortete: „Nein, aber das Schlimmste haben wir hinter uns.“

Mal sehen, ob wir diese Aussage auch mal über den Autoverkehr treffen dürfen. In Anbetracht der täglichen Probleme würde mich das freuen! Ist doch im Auto mindestens ebenso viel Geduld gefragt.