Die Sommerferien neigen sich dem Ende entgegen. Foto: Archiv (dpa)

Der Start in den Präsenzunterricht ist ein Wagnis – aber eines, das richtig und wichtig ist.

Marbach - So wirklich mag man es nicht glauben: Ab Montag kehrt wieder so etwas wie Schulalltag ein. Der Wecker klingelt für alle morgens um 6 Uhr. Ich hätte nicht gedacht, dass dies einmal ein Grund zur Freude sein könnte. Vor etwas mehr als einer Woche hat das Kultusministerium über die Regelungen für den Schulbetrieb unter Pandemiebedingungen informiert. Bereits Anfang Juli hatte die Ministerin die Leitlinie ihres Konzeptes für das neue Schuljahr präsentiert: Es soll so viel Präsenzunterricht wie möglich für alle geben – mit dem Fokus auf das Nachholen von Unterrichtsstoff. Das Abstandsgebot fällt. Wo immer möglich, soll sich der Unterricht auf die reguläre Klasse oder die Lerngruppe beschränken. Plus einer ganzen Reihe von Hygieneregeln, deren strikte Einhaltung unabdingbar ist. Von Lehrern, Eltern und Schüler ist in den nächsten Wochen und Monaten ein großes Maß an Verantwortungsbewusstsein und Solidarität gefragt.

An dem mit 2600 Schülern größten Gymnasium des Landes wird damit von kommender Woche an möglich sein, was sich zum Ärger vieler FSG-Eltern in den vergangenen Monaten nicht umsetzen hat lassen. Zumindest nicht für alle Schüler: Die Kids der Klassen 7, 8 und 9 wurden seit der Schließung Mitte März im Homeschooling unterrichtet. Beim einen Lehrer mehr, beim anderen weniger. Wie viel Stoff in dieser Zeit auf der Strecke geblieben ist, vermag wohl keiner wirklich abzuschätzen. Die Tiefe der Wissenslücken wird sich erst in ein paar Jahren zeigen und dann wird keinem der Hinweis auf die Corona-Monate weiterhelfen.

So groß die Erleichterung vieler Eltern über die Rückkehr einer gewissen Normalität auch ist, so klar muss uns allen sein, dass wir auch in den kommenden Monaten noch weit entfernt von einem Regelbetrieb, so wie wir ihn kennen, sind. Das Risiko, dass der Nachwuchs phasenweise vom Präsenzunterricht an der Schule wieder an den Schreibtisch daheim wechseln muss, ist greifbar. Flexibilität wird weiter gefragt sein. Beispiele aus Bundesländern, die vor Bayern und Baden-Württemberg wieder ins Schuljahr 2020/21 gestartet sind, zeigen, dass eine zeitweise Klassen- oder gar Schulschließung schneller kommen kann, als man es sich vorstellen mag. Sie zeigen aber – Stand heute – auch, dass das Infektionsgeschehen durch die Öffnung der Schulen nicht exponentiell nach oben getrieben worden ist.

Die Rückkehr zu so etwas Ähnlichem wie einem Regelbetrieb ist die richtige Entscheidung. Denn Schule ist nicht nur ein Ort der Wissensvermittlung, sondern auch ein sozialer Ort, ein Ort des Miteinanders, der für die Entwicklung unserer Kinder wichtig ist. Wie hat es Susanne Johna, die Chefin des Ärzteverbands Marburger Bund, formuliert? Schule ist eine Großveranstaltung, die wir uns leisten müssen. Recht hat sie.