Zur Sanierung der Fußgängerzone hat es Infoveranstaltungen gegeben. Reicht das aus? Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Verwaltungen sollten neue Formen der Bürgerbeteiligung ausprobieren. Dafür gibt es auch bereits erste Ideen.

Marbach - Die Premiere hätte besser laufen können – zumindest was das Interesse seitens der Bürger angeht. Nur an die 20 Marbacher sind der Einladung der Verwaltung zum ersten Ausspracheabend in der Kernstadt gefolgt. Rund die Hälfte der Anwesenden waren Stadträte.

Was für ein Stotterstart. Der Marbacher Michael Davidis hat Recht, wenn er das in der Bevölkerung offenbar nicht vorhandene Interesse am Austausch mit Rathausteam und Bürgermeister zum „Fremdschämen“ findet. Letzterer beschwichtigt und verweist auf Info-Veranstaltungen, die in der jüngsten Vergangenheit stattgefunden haben. Zum Beispiel zur Sanierung der Fußgängerzone.

Politik interessiert oft nur bei Betroffenheit

Doch reicht das als Erklärung? Ich glaube nicht. An der geringen Resonanz zeigt sich einmal mehr, dass Kommunalpolitik nur dann interessiert und mobilisiert, wenn die Menschen selbst betroffen sind. Unmittelbar. Wäre dies anders, würden sich die Zuhörerränge bei Ratssitzungen regelmäßig füllen. Was aber – auch das gehört zur Wahrheit – nicht nur in der Schillerstadt, sondern in kaum einer Kommune der Fall ist.

Dabei wird in der digitalen Welt viel diskutiert – über kommunalpolitische Entscheidungen, über Stadtentwicklung, über die Arbeit im Rathaus. Meist wird gemotzt, geschimpft, gelästert. Oft fehlen Informationen, die man sich aber auch nicht holt. Aus der Presse, von der Homepage der Stadt oder zu guter Letzt bei Veranstaltungen vor Ort. Insofern wäre es schön gewesen, wenn all jene, die Bürgerbeteiligung, Transparenz und Kommunikation fordern, das Angebot der Verwaltung auch angenommen hätten.

Bürgerbeteiligung nach dem Zufallsprinzip?

Ob Ausspracheabende wie am Mittwoch der richtige Weg sind? Ich glaube, dass sie überholt sind. Verwaltungen tun gut daran, Neues auszuprobieren. Offene Formate, in denen die Bürger der Verwaltungsriege nicht wie im klassischen Frontalunterricht in der Schule gegenübersitzen, sondern in regelmäßigen, lockeren Gesprächsrunden auf Augenhöhe, vielleicht sogar extern moderiert, in den Austausch mit Bürgermeister, Verwaltung und Gemeinderat gehen.

Überlegenswert die Anregung von Grünen-Rat Sebastian Engelmann einer Bürgerbeteiligung durch Zufallsauswahl. Marbacher werden per Los ermittelt und zum Austausch eingeladen. Damit wird verhindert, dass man mit immer denselben ins Gespräch geht. OB Matthias Knecht macht es vor. Er will diese, auch vom Land unterstützte, Bürgerbeteiligung in den Ludwigsburger Zukunftswerkstätten ausprobieren. Die Zeit der klassischen Ausspracheabende ist vorbei. Verwaltungen müssen sich weiterentwickeln.