Der Ball im Amateurfußball rollt wieder. Foto: Archiv (avanti)

Momente, die vor Corona nicht besonders waren, rufen jetzt womöglich sogar Gänsehaut hervor.

Marbach - Ein Viertelfinale im Bezirkspokal ist nicht unbedingt das, was im Lokalsport eine Gänsehaut hervorruft oder Zuschauer in Massen anlockt. Selbst für manchen Verein ist dieser Wettbewerb nur ein Beiwerk, der halt gespielt wird und bei dem eher die Hoffnung überwiegt: Hoffentlich verletzt sich niemand für den Liga-Spielbetrieb. Doch wenn jetzt am Sonntag unter anderem der FC Marbach gegen Aldingen und der TSV Affalterbach in Münchingen im Viertelfinale antreten, ist die Gefühlslage eine andere. Eine ganz andere. Vielleicht locken die Partien der beiden A-Ligisten sogar manchen Kiebitz an, der sich normalerweise nie im Leben für ein Bezirkspokalspiel auf den Weg zum Sportplatz machen würde. Doch was ist in diesen Monaten schon normal?

Andreas Hennings

Ich kann mir jedenfalls gut vorstellen, welche Vorfreude mein Kollege in der Sportredaktion in sich trägt, der beide Partien mitverfolgen wird. Ja, der Ball im Amateurfußball rollt wieder! Zum ersten Mal seit Anfang März – nach viereinhalb Monaten! Und es sind sogar, wenn auch mit Vorkehrungen, Zuschauer zugelassen. Ob da diesmal nicht doch eine Gänsehaut aufkommt, wenn die Mannschaften einlaufen und dann, brav in einer Reihe stehend, Richtung Tribünen winken? Es ist „nur“ das Pokal-Viertelfinale, aber ich könnte es keinem verdenken. Vor allem für die Spieler wird es ein tolles Gefühl sein, wenn sie sich in der Kabine wieder die Schienbeinschoner zurechtrücken, der Ansprache des Trainers lauschen, mit einem Schrei die Wände erzittern lassen und dann tatsächlich den Rasen betreten. Und es geht nicht nur im Sport langsam wieder los. Hier kündigen sich dreitägige Schlossfestspiele in Höpfigheim an, dort tritt Wommy Wonder auf dem Lemberg auf. Und auf dem Kaufland-Parkplatz in Steinheim steigt am Sonntag ein Konzert, das mit „Back to Life“ kein passenderes Motto haben könnte.

Keine Frage: Von der Normalität sind wir weiterhin entfernt. Leider. Und es ist noch immer Vorsicht geboten, um dem Coronavirus keine Chance zu gewähren. Wie schnell das gehen kann, zeigt eine Kindertagesstätte in Aspach, in der zwei Gruppen wieder geschlossen werden mussten, da bei einem Kind das Virus nachgewiesen wurde. Die Handbremse kann also noch nicht gelöst werden. Aber gelockert. Die Richtung stimmt also – und genießen ist bei dem, was stattfindet, trotzdem erlaubt. Es ist ja nichts anderes als ein letzter Tag im Urlaub, den man vor dem Heimflug noch am Meer verbringen möchte: Man schaut zwar auf die Uhr, um den Flieger nicht zu verpassen. Und doch saugt man die Sonne noch einmal auf, lauscht dem Meeresrauschen, lässt den Blick in die Ferne schweifen und atmet die Meeresluft ein. Ich wünsche Ihnen, dass Sie die aufkommenden Angebote genießen können. Und im übertragenen Sinn: Dass unser Flieger nach Hause, der die schöne Zeit beendet, gar nicht erst startet.