Die Coronaschutzimpfung ist ein sensibles Thema . . . Foto: Archiv (dpa/Oliver Berg)

Dass immer häufiger in aller Öffentlichkeit klar wird, wer geimpft und wer ungeimpft ist, ist sehr bedenklich.

Marbach/Bottwartal - Einfach mal wieder feiern. Unbeschwert tanzen, laute Musik auf sich wirken lassen, dazu einen Drink nehmen und mit Freunden anstoßen. Was immer selbstverständlich war, ist inzwischen zum intensiven Erlebnis geworden. So kam es mir jedenfalls vor, als ich jüngst nach gefühlten Ewigkeiten abends mal wieder mit Freunden in die Stadt aufbrach. Die besondere Intensität, nein, sie war nicht auf Alkohol zurückzuführen . . . und auch nicht darauf, dass das Jugendalter doch einige Jahre zurückliegt. Es war der lange, triste Corona-Trott, der für ein paar Stunden halbwegs überwunden schien. Schließlich herrschten an der Bar und auf der Tanzfläche keine Maskenpflicht.

Andreas Hennings

Klar, das Corona-Thema war auch an jenem Abend – und auch mit einem freiwilligen Schnelltest ein paar Tage danach – allgegenwärtig. Die Maske in Bus und Bahn, die zusätzliche Kontrolle beim Einlass, das Hinterlassen der Kontaktdaten. Der Abstand bei der Begrüßung. Und dann die Absurdität, dass die Maskenpflicht zwar nicht beim Feiern galt, dafür aber auf dem Gang zur Toilette. Aber gut, an manch skurrile Regelung hat man sich über die fast zwei Jahre ja gewöhnt. Zumal die Vorgaben insgesamt sicherlich dazu beigetragen haben, möglichst gut durch die Pandemie zu kommen.

Anprangern von Menschen geht zu weit

Dass es jetzt trotz der Impfungen zu einer vierten Welle gekommen ist, beziehungsweise die Warnstufe herangezogen werden muss, ist ernüchternd. Ebenso empfinde ich es aber auch, dass bei immer mehr Regelungen derart zwischen geimpft und ungeimpft unterschieden wird, dass es für jeden ersichtlich ist, wie ein Mensch für sich diese sensible Frage beantwortet hat. Das daraus resultierende Anprangern von Menschen, die sich bislang gegen eine Impfung entscheiden (wie etwa im Fall Kimmich), ist sehr bedenklich. Es ist noch mal ein gehöriger Unterschied, ob, wie bei der 2-G-Regel, nicht für alle Öffentlichkeit klar wird, wer ungeimpft ist, oder ob jetzt Firmen damit beginnen wollen, bei der Sitzordnung in Kantinen nach geimpft und ungeimpft zu unterscheiden. Nicht umsonst unterliegen Gesundheitsfragen sonst besonderem Datenschutz.

Natürlich dient die Impfung nicht nur einem selbst, sondern auch dazu, dass Krankenhäuser nicht überlastet sind. Aber jemanden quasi zu diesem Schritt zu zwingen, führt zu weit. Zumal durch diesen Fast-Zwang kaum jemand, der sich nicht impfen hat lassen, seine Meinung ändern dürfte. Im Gegenteil, die Ablehnung wird größer. Das Auseinanderdriften in zwei Lager ist die Folge. Und das hilft nun wirklich nicht dabei, zu lernen, mit dieser Pandemie zu leben.

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