Wladimir Putin (rechts), Präsident von Russland, hat Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei, im Januar mit Handschlag begrüßt. Foto: Archiv (dpa)

Das Nachdenken über die eigenen Begrüßungsrituale bringt Erkenntnisse.

Marbach - Die Maori in Neuseeland grüßen sich mit einem engen Zusammenführen ihrer Köpfe. So eng, dass sie den Atem des anderen spüren können. In Belgien oder in den Niederlanden begrüßt man sich mit Küsschen – links, rechts, links. In Spanien werden zwei „besos“ verteilt – also ein angedeutetes Küsschen links, eines rechts. Sogar wenn man sich zum ersten Mal begegnet. Einzige Voraussetzung: Mindestens eine Frau ist beteiligt. Männer geben sich die Hand. Beim traditionellen Wai-Gruß in Thailand werden die Handflächen vor dem Oberkörper zusammengelegt. Die Liste ließe sich noch fortsetzen.

In den meisten Gegenden der Welt hat sich jedoch der Handschlag als Begrüßungsritual durchgesetzt. „Hand geben, Leute anschauen und hallo sagen“ – wie oft habe ich meinen Kindern diesen Satz eingetrichtert, wenn sie mal wieder achtlos an jemandem vorbeigeschlappt sind oder – die Hände in der Hosentasche – bestenfalls noch ein leises „Hi“ in den noch nicht vorhandenen Bart gemurmelt haben. Mal hat es mehr geklappt, mal weniger. Aber wenn ich ehrlich bin, musste mich meine Mama früher auch ab und an daran erinnern, dass es sich gehört, die Menschen anständig zu begrüßen. Und wenn ich noch ehrlicher bin, hab ich mich bei einer von mir nicht so geliebten Nachbarin, wo es nur ging, um das „Hallo“ und vor allem um den Handschlag gedrückt.

Sie sehen: Das Thema Begrüßungsformen ist irgendwie immer aktuell. Das hat die jüngste Gemeinderatssitzung in Marbach gezeigt. Die Gruppe Puls hätte gerne, dass die Runde sich auf eine neue Begrüßungszeremonie verständigt: Ghettofaust statt Handschlag – aus hygienischen Gründen. Ein spannendes Thema, das ich in einem Artikel auch aufgegriffen habe. An dieser Stelle sei dazu noch angemerkt, dass es sich bei dem Vorstoß der beiden Räte lediglich um eine Anregung und nicht um einen Antrag gehandelt hat. Asche auf mein Haupt.

Der Hinweis der Gruppe Puls, mit dem Handschlag würden sich unzählige Bakterien den Weg vom Gegenüber zu einem selbst und andersherum bahnen, ist sicher richtig. Aber wenn ich ehrlich bin, macht mich persönlich das nicht nervös. Denn in Situationen, in denen mein Immunsystem gen null fährt oder ich für andere eine Gefährdung darstelle, belasse ich es einfach beim verbalen Grüßen. Geht ja auch.

Doch egal ob Antrag oder nicht, der Vorschlag hat mich zum Sinnieren gebracht. Wie wichtig sind Rituale für mich – gerade auch beim Begrüßen? Wie halte ich es mit Handschlag und Co.? Und einmal mehr komme ich zu der Erkenntnis, dass ich in gewissen Dingen konservativ und wenig aufgeschlossen bin. Man muss nicht jeden Trend mitmachen. Kurzum: Allein die Vorstellung, auf die Ghettofaust umzusatteln, befremdet mich. Ganz unabhängig davon, dass ich mir sicher bin, dass meine Jungs ihre Mutter dann für komplett durchgeknallt hielten. Meditieren, Yoga, lautes Singen im Auto – alles schon peinlich genug. Ebenso wie ne Umarmung oder gar ein Küssle. Unlängst fuhr der Kleine ins Schullandheim. Und die Mama war ganz artig und hat aus einem Abstand von mindestens fünf Meter nur ansatzweise die Hand zum Gruß gehoben. Ganz hygienisch und frei von jeder Peinlichkeit.