Das Besuch des Grabes spielt für viele Angehörige bei der Trauerbewältigung eine bedeutende Rolle. Foto: dpa

Es ist wichtig, einen verstorbenen Angehörigen zu sich holen zu können.

Murr - Wenn ein Mensch, der einem nahe steht, stirbt – egal ob Angehöriger oder Freund – bricht eine Welt ein. Der Leidensdruck der Hinterbliebenen ist groß. Sehnsucht, Angst, Wut, Verzweiflung – es ist ein Emotionsmix, der einen umtreibt. Seine Trauer auszudrücken und mit ihr umzugehen ist wichtig, um zurück in den Alltag zu finden. Das Besuch des Grabes spielt für viele Angehörige bei der Trauerbewältigung eine bedeutende Rolle. Das Wissen, einen Ort zu haben, an dem man dem Verstorbenen nahe ist, gibt Halt.

Als mein Vater im Dezember 2011 verstarb, verlor ich den Boden unter den Füßen. Ein Leben ohne ihn konnte ich mir lange Zeit nicht vorstellen. Der Mensch, der mir Vertrauter, Berater und Freund gewesen ist, ließ mich allein zurück auf diesem Planeten. Noch heute gibt es keinen Tag, an dem ich nicht an ihn denke. Als er starb, lebten meine Eltern im Remstal. Dort, wo auch ich bis ein paar Monate vor seinem Tod lebte. Die Trauerfeier fand natürlich in seinem Wohnort statt, doch dass er nicht dort, sondern in meiner Nähe begraben werden sollte, stand außer Frage. Für mich und auch für meine Mutter.

Hätten wir wie Arno Fuchs und seine Frau in Murr ein Haus gekauft oder gebaut, würde mein Vater jetzt nicht auf dem Friedhof bei mir im Ort liegen. Doch ich hab’ das Glück, in Marbach zu wohnen. Ein Glück, das mir ehrlich gesagt, erst durch Arno Fuchs’ Erfahrung bewusst geworden ist. Nie im Leben wäre ich damals auf die Idee gekommen, dass mir die Bestattung meines Vaters in Rielingshausen verwehrt werden würde.

Die Entscheidung der Murrer Verwaltung samt Gemeinderäte ist zu respektieren. Das gehört zur Demokratie. Falsch und nicht nachvollziehbar ist sie aus meiner Sicht dennoch. Ich gehe sogar noch weiter: Hätte ich mich beim Wegzug aus dem Remstal vor acht Jahren schon mit dem Thema befasst und hätte ein Haus in Murr zur Wahl gestanden, wäre ich nicht dorthin gezogen. Die örtliche Nähe ermöglicht es mir, das Grab täglich zu besuchen und zu versorgen. Zu Fuß, mit dem Rad – auf dem Heimweg vom Geschäft. Zumal der letzte heiße Sommer auch gezeigt hat, dass das Gießen in Zeiten des Klimawandels immer mehr zum festen Tagesablauf gehören wird. Die Angehörigen in Kilometer entfernte Kommunen zur Grabpflege, aber auch zum Trauern zu schicken, ist zu kurz und auch nicht nachhaltig gedacht. Und das mögliche Argument der Kostenbelastung für die Gemeinde greift meiner Meinung nach ebenfalls zu kurz. Denn zum einen gibt es die Möglichkeit des Auswärtigenzuschlags, zum anderen werden auch Einwohner von ihren Angehörigen nach ihrem Tod zu sich in eine andere Kommune geholt. Ein Pendel schlägt bekanntlich immer in zwei Richtungen aus.