Lange Sommerabende laden etwa zum Besuch im Biergarten ein. Foto: dpa

Die langen, lauschigen Sommerabende dieser Tage zeigen auf, wie wertvoll die Sommerzeit ist.

Marbach/Bottwartal - Am vergangenen Wochenende befand ich mich tatsächlich, ich muss es so sagen, „am Arsch“. Und es war sogar ein schöner, ein wirklich sehenswerter Ort. Das hatte – glücklicherweise – auch nichts mit einem erschöpfenden Zustand oder einer misslichen Lage zu tun. Und schon gar nicht mit dem benannten Körperteil. Der Grund war vielmehr geografischer Natur: Der Kröver Nacktarsch ist ein weltbekanntes Weinanbaugebiet, das in der Eifel Schleifen der Mosel umgibt. Eine traumhafte Landschaft, die schon als Briefmarkenmotiv diente und in der mit Traben-Trarbach eine Stadt liegt, die um 1900 neben Bordeaux der größte Weinhandelsumschlagplatz der Welt war. Optisch erinnert die Gegend stark an die Neckarschleife bei Mundelsheim. Es gibt aber einen Unterschied: Hoch oben, oberhalb der Weinberge, ist ein beschauliches Feriendorf mit zu vermietenden Hütten angelegt.

Da saßen wir also. Dreieinhalb Tage lang, bei schönster Aussicht, die dafür entschädigte, bei den heißen Temperaturen sonst kaum etwas unternehmen zu können. Bis in den späten Abend waren wir auf der Terrasse – als mir dann, wie immer mal wieder in der warmen Jahreszeit, in den Sinn kam: „Gäbe es die Sommerzeit nicht, wäre es jetzt schon eine ganze Weile dunkel.“ Etwa 22 Uhr war es da, die Temperatur war wirklich angenehm zum Draußensitzen. Die Sonne war zwar schon seit einer halben Stunde untergegangen, doch die Dämmerung hielt an und hüllte die Mosel in ein sehenswertes Licht.

Das Thema Zeitumstellung und deren mögliche Abschaffung ist in diesen Wochen nicht mehr in den Schlagzeilen, doch im Hintergrund gärt es noch. Der letzte Stand der Europäischen Union ist, dass die Zeitumstellung abgeschafft wird, aber jedes Land selbst festlegen soll, ob es die Winter- oder Sommerzeit haben möchte. Ein Flickenteppich droht. Prinzipiell ist es natürlich gut, dass die Länder sich einbringen können. Schließlich geht die Sonne im Westen Spaniens eineinhalb Stunden später unter als im Osten Polens – obwohl beide Länder in derselben Zeitzone liegen. Da gibt es unterschiedliche Interessen. Doch ist die Abschaffung überhaupt so wichtig? Wirklich notwendig? Klar, körperliche Beschwerden durch die Anpassung habe ich nicht, offenbar anders als manch anderer. Da ist das vielleicht leicht gesagt. Aber ist diese Umstellung um eine Stunde es nicht wert, dass es an 210 Tagen im Jahr länger hell ist? Das sind also 210 Stunden Helligkeit, am Stück wären das fast neun Tage. Denn einigte man sich auf die Beibehaltung der Winterzeit, ginge die Sonne dieser Tage um 20.30 statt um 21.30 Uhr unter – dafür wäre es schon um 4.30 statt 5.30 Uhr hell. Wer profitiert davon außer vielleicht der geschätzte Zeitungsausträger? Lauschige Grillabende, der Freibad- oder Biergartenbesuch, das Draußensein allgemein – für alles wäre eine Stunde weniger Zeit nach dem Feierabend oder der Mittagsschule. Klar, man könnte die Sommerzeit dauerhaft einrichten, was laut EU-Umfrage die meisten Deutschen befürworten und in meinen Augen der Grund ist, dass sich überhaupt die Mehrheit für eine Abschaffung ausgesprochen hat. Doch auch das hätte Nachteile. So ginge die Sonne im tiefen Winter erst um 9.30 Uhr auf. Wollen wir das?

Sie können ja mal darüber nachdenken. Heute um 20.30 Uhr – egal ob zuhause, im Freibad, im Biergarten oder doch am Kröver Nacktarsch. Es reicht dafür eine einzige Vorstellung: „Ohne Sommerzeit würde die Sonne jetzt schon untergehen. . .“