Geschenkte Freude. Foto: Karin Götz

Die Tradition des Adventskalenders erinnert an Kindheitstage, findet Karin Götz.

Haben Sie schon das erste Türchen Ihres Adventskalenders aufgemacht? Natürlich nur, sofern Sie einen geschenkt bekommen  haben.  Wobei es auch Menschen geben soll, die sich selbst Gutes tun  und mit der täglichen Schokoladenration Glückshormone freisetzen. Warum auch nicht?

Mich begleitet die Tradition des Adventskalenders schon mein Leben lang. Bis ins Erwachsenenalter hat meine Mutter mich Jahr um Jahr im Dezember reich beschenkt. Nicht unbedingt materiell, sondern mit viel Liebe, die sie ins Vorbereiten für die tägliche Überraschung gesteckt hat. Mal war es ein Zettele mit einem lieben Wort, mal ein bisschen Schokolade oder anderes Naschwerk, dann wieder etwas Nützliches oder kleiner Krimskrams, den ein Mädchen  – egal welchen Alters –  erfreut. Den eigens dafür farbenfroh bestickten Kalender, an dem die kleinen Geschenke befestigt wurden, bewahre ich noch heute in einer kleinen Schatztruhe voller greifbaren Kindheitserinnerungen auf.

Nicht vergessen werde ich  die sich im November stets wiederholenden, aus heutiger Sicht beinahe hilflosen Versuche meiner Mutter, mich davon zu überzeugen, dass ich so langsam doch zu alt sei für einen Adventskalender. Was soll ich sagen? Selbst in den ersten beiden Studienjahren wurde mir am Wochenende vor dem 1. Dezember ein größerer Karton mit 24 kleinen Päckchen ins Auto gepackt.

Dass ich   die schöne Tradition bei meinen Söhnen weiterführe, versteht sich für mich von selbst. Dass auch mein Versuch, die Tradition langsam ausklingen zu lassen, gnadenlos scheiterte, brachte mich dieser Tage  zum Schmunzeln. Natürlich sind  die 48 Päckchen längst aufgehängt und natürlich wird es mir warm ums Herz, wenn ich  an die   strahlenden Augen meiner  Jungs und an das  Abtasten der einzelnen Päckchen und das folgende Ratespiel denke.

Schenken macht glücklich. Glücklicher wie beschenkt zu werden. Hätte man diesen Satz der kleinen Karin  gesagt, hätte sie vermutlich  am Verstand des Anderen gezweifelt. Die große Karin weiß jedoch inzwischen ob ihrer Bedeutung.

Übrigens: Den ersten Weihnachtskalender gestaltete wohl der Münchner Lithograf Gerhard Lang.  Seine Version  aus dem Jahr 1908 enthielt 24 bunte Bildchen, die von den Kindern ausgeschnitten und auf einen Bogen aufgeklebt werden konnten.

Kalender mit Türchen, hinter denen sich Süßes verbarg, und die das Warten auf den Heiligen Abend verkürzen sollten, setzten sich Mitte des vergangenen Jahrhunderts durch. Erzählt wird, besagter Gerhard Lang habe als Kind von seiner Mutter einen Kalender mit 24 Plätzchen bekommen, weil seine Ungeduld so groß gewesen sei. Ungeduldig bin ich schon lange nicht mehr. Gleichwohl genieße ich  heute noch wie ein kleines Kind die Wochen vor dem 24. Dezember. Es ist eine oftmals hektische und anstrengende, aber eben auch eine ganz besondere Zeit.