Inzwischen gehen hunderttausende Jugendliche weltweit auf die Straße, so auch in Stuttgart (Foto). Foto: dpa

Die Schülerproteste
für einen Wandel in der Klimapolitik sind richtigund wichtig.

Marbach - Die Bundeskanzlerin lobt die Fridays-for-Future-Demonstrationen. Auch FDP-Chef Christian Lindner findet das politische Engagement des Nachwuchses „toll“ – spricht der Jugend gleichzeitig jedoch die Fähigkeit ab, globale Zusammenhänge zu erkennen. Das sei Sache der Profis, merkt der Liberale an. Ob er damit die Politiker und damit auch sich selbst meint? Zuzutrauen wär es ihm. Die wirklichen Profis haben jedenfalls längst Position bezogen. Wissenschaftler aus mehreren Ländern haben sich zum Bündnis „Scientists for Future“ zusammengeschlossen. 23 000 Forscher haben ihren Namen schon unter die Initiative gesetzt und eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. Nur durch rasches und konsequentes Handeln könne die Erderwärmung begrenzt, das Massenaussterben von Tier- und Pflanzenarten aufgehalten, die natürlichen Lebensgrundlagen bewahrt und eine lebenswerte Zukunft für derzeit lebende und kommende Generationen gewonnen werden. Die Klima-Proteste der Jugend werden von den Wissenschaftlern ausdrücklich unterstützt.

Sie werden immer größer und lauter. Inzwischen gehen hunderttausende Jugendliche weltweit auf die Straße und setzen sich für einen radikalen Kurswechsel in der Klimapolitik ein. Auch in Stuttgart, auch in Heilbronn, auch in Ludwigsburg gehen junge Menschen auf die Straße. Es sind eindrucksvolle Bilder, die von den Demonstrationen über soziale Netzwerke, die Zeitungen, und das Fernsehen transportiert werden. Mit einer wichtigen und richtigen Botschaft: Es ist Zeit zu Handeln.

Die Mächtigkeit der Schülerrevolution beeindruckt mich. Ebenso wie die Beharrlichkeit, mit der der Nachwuchs uns zum Umdenken auffordert und uns den Spiegel der Verantwortung vorhält. Und mich beeindruckt, wie viele sich dem Protest Woche für Woche anschließen. Dass dieser während der Unterrichtszeit praktiziert wird, ruft naturgemäß die Kritiker auf den Plan. Und doch ist aus meiner Sicht klar: Nur durch ihren zivilen Ungehorsam haben die Schüler ein Ausrufezeichen gesetzt! Nur durch ihre Fernbleiben vom Unterricht haben sie die notwendige Aufmerksamkeit bekommen.

Nun kämpft natürlich nicht jeder Demonstrant aus voller Überzeugung für die Sache. Viele nutzen für sich die Chance aufs moralisch legitimierte Schulschwänzen. Und natürlich erliegen viele auch dem Spiel der doppelten Moral. Freitagmorgens für Klimaschutz demonstrieren und sich am Nachmittag im SUV der Eltern kutschieren lassen oder am liebsten mit dem Flugzeug in den Urlaub reisen. Argumente gegen die Fridays-for-Future-Aktionen liefern die Kritiker mit diesen Hinweisen meiner Ansicht nach jedoch trotzdem nicht. Allerdings muss ich zugeben, dass mich inzwischen der Wechsel vom morgendlichen Schulstreik zum Protest in der Freizeit so richtig beeindrucken würde.