Am Herzog-Christoph-Gymnasium in Beilstein steht bald auch Radfahren auf dem Tableau. Gemeinsam mit den Trailsurfers stehen das Mountainbiken und die Trails im Fokus. Foto: Archiv (avanti), privat

Das Beilsteiner Herzog-Christoph-Gymnasium ruft eine Bildungspartnerschaft mit den Trailsurfers Baden-Württemberg ins Leben. Eine solche Art der Zusammenarbeit gibt es im Land nur selten.

Bildungspartnerschaften sind in Schulen nichts Besonderes. Der eine kooperiert mit dem hiesigen Sportverein, der andere mit der Musikschule oder einer Firma. In Beilstein startet nun aber eine Partnerschaft, wie es sie in Deutschlands Schulen bislang noch nicht allzu oft gibt. In Albstadt etwa, dem Ort, der jährlich einen Mountainbike-Weltcup ausrichtet. Oder in Baiersbronn, wo es zahlreiche legale Mountainbike-Trails gibt. Die Langhansstadt reiht sich nun in die Liste der wenigen Schulen ein, die mit einem Mountainbike-Verein kooperieren – genauer gesagt mit den Trailsurfers Baden-Württemberg. Und das aus gutem Grund: „Wir haben wunderbare Trails direkt vor der Haustüre und sind eine Schule mit Sportprofil. Es ist eine einmalige Möglichkeit, diese beiden Punkte zusammenzubringen“, sagt HCG-Rektor Felix Stadtfeld, der selbst nicht nur Fahrradpendler, sondern auch bekennender Mountainbiker ist und schon das ein oder andere Mal durch das Mountainbike-Dorado in der Beilsteiner Naturlandschaft gedüst ist.

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Vom neuen Schuljahr an soll das Fahrradfahren am Herzog-Christoph-Gymnasium dann fester Bestandteil des Sportunterrichts sein. Zwei Lehrkräfte – Julia Jozwiak und Julian Fezer – absolvieren dafür extra eine Mountainbike-Fortbildung. „Im neuen Bildungsplan ist das Thema ‚Fahren, Rollen, Gleiten’ schon eine Weile vorgesehen, da viele Schüler gar nicht mehr radfahren oder beispielsweise schwimmen können. Sachen, die früher daheim stattgefunden haben und bei denen man davon ausgeht, dass die Kinder sie können. Da dies aber nicht mehr überall der Fall ist, sollen diese Dinge nun durch den neuen Bildungsplan in den Unterricht integriert werden. Mit Rollbrettern oder etwas ähnlichem ist das Ganze bislang jedoch nicht ideal“, erklärt der Rektor. Im Rahmen der Kooperation wird jetzt ein Pool aus Leihfahrrädern aufgebaut. Mit diesen können die Schüler dann im Sportunterricht üben und richtige Fahrtechniken erwerben. Dass die Schüler darauf Lust haben – davon ist Felix Stadtfeld überzeugt. „Wir haben an unserer Schule unglaublich viele Schüler, die auch jetzt schon auf den Trails in Beilstein fahren“, sagt er. Die Coronapandemie habe die Lust am Mountainbiken zudem enorm gesteigert. „Für sie ist das ein Fun-Faktor.“

Mountainbiken gehört zu den populärsten Sportarten in Deutschland

Das sieht auch Stefan Pyttlik so, der Vorsitzende der Trailsurfers Baden-Württemberg. „Wir beobachten, wie viele Schüler sich Schanzen in den Vorgarten oder in den Wald bauen. Die Lust am Mountainbiken hat extrem zugenommen“, meint er. Laut repräsentativen Umfragen sei Mountainbiken in Deutschland aktuell auch vor Fußball die populärste Sportart. Dazu passt: Die Jugendgruppe der Trailsurfers hat in den vergangenen Monaten ebenfalls ordentlich Zulauf erhalten. „Die Kooperation mit einer Schule ist aber noch einmal eine andere Hausnummer. Eine Schule ist ganz anders aufgestellt als ein Verein wie wir, auch was Haftungsfragen und ähnliches angeht“, sagt Pyttlik. Er sieht enorm viel Potenzial in dem Zusammenschluss und hofft, die Jugend für die Natur und verantwortungsvolles Mountainbiken zu begeistern. „Wir können uns gut vorstellen, die Schüler mal zum Trailbau mitzunehmen oder einen gemeinsamen Termin mit dem Förster zu machen, damit sie erkennen, wo die Probleme liegen, worauf man achten sollte und warum man nicht überall biken kann. Wir möchten etwas Naturkunde betreiben und erreichen, dass die Jugendlichen die Natur schätzen lernen“, so der Vereins-Vorsitzende.

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Wie genau sich die Zusammenarbeit ab dem neuen Schuljahr über den Sportunterricht hinaus dann gestalten wird? Diesbezüglich gibt es viele Ideen. Aktuell sei man noch in der Findungsphase, sagen beide Parteien. Felix Stadtfeld jedenfalls könnte sich an der Schule gut vorstellen, „einen FSJler einzustellen, der die Räder warten und instand halten kann und den Schülern praxisnahen Technikunterricht gibt. Das ist aber noch Zukunftsmusik“, macht er klar.

Pumptrack-Anlage in Schulnähe wäre ein Wunsch

Ebenso weit, wenn nicht sogar noch weiter entfernt, ist der Wunsch nach einer Pumptrack-Anlage, einem Übungsgelände in Schulnähe, auf dem erste Schritte auf dem Mountainbike unternommen werden können. „Erst mal müssen die Trailsurfers und wir als Schule uns hierbei abstimmen und ein Grundstück finden. Danach können wir mit der Stadt ins Gespräch gehen. Das wird dauern, aber es ist eines unserer Ziele – und träumen darf man ja“, sagt Stadtfeld, für den das Radeln etwas fürs Leben ist. Etwas, das einem vieles mitgibt und die Kraft, Ausdauer und Koordination stärkt. „In den vergangenen zwei Jahren hat sich in der Schule alles um Corona und die Digitalisierung gedreht. Ich habe das Gefühl, da blieb etwas auf der Strecke. Mountainbiken oder Radfahren kann ein notwendiger und guter Ausgleich sein, wenn man immer digitaler wird.“

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Trailsurfers Baden-Württemberg

Der Verein
Trailsurfers Baden-Württemberg hat sich am 12. Juni 2016 gegründet und erfreut sich seitdem über eine stetig wachsende Mitgliederschaft. Mit der Vision, ein legales Streckennetz für Mountainbiker zu schaffen, sind in den vergangenen drei Jahren viele Trails in Beilstein und Umgebung entstanden.