Die Umstände einer Schlägerei haben sich nur schwer aufklären lassen. Foto: Phillip Weingand

Das Amtsgericht Ludwigsburg spricht drei Männer vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung frei. Das Problem: Videoaufzeichnungen des Abends waren nicht mehr verfügbar.

Marbach - Wahrscheinlich wären die Umstände einer Schlägerei am Amtsgericht Ludwigsburg am Montagnachmittag in kürzester Zeit aufgeklärt worden, wenn die Videoaufzeichnung aus dem Fastfood-Restaurant verfügbar gewesen wäre. Doch das Video, um das sich Polizei und Gericht bemüht hatten, war zunächst nicht zu öffnen und kurze Zeit später überhaupt nicht mehr auffindbar. Die Frage nach dem „Warum“, die nicht nur die drei Angeklagten aus Benningen, Marbach und Bönnigheim, sondern auch sämtliche Zeugen stellten, entwickelte sich fast zu einem „Running Gag“ während des mehrstündigen Prozesses.

In mühevoller Kleinarbeit bemühten sich Richterin, Staatsanwältin und ein Verteidiger nachzuvollziehen, was an einem Abend Ende November vergangenen Jahres in dem Ludwigsburger Fastfood-Restaurant passiert war. Die Anklage warf drei Männern zwischen 31 und 23 Jahren vor, eine Massenschlägerei angezettelt zu haben. Der 31-Jährige sollte nach einem verbalen Streit einem 22-Jährigen einen Faustschlag versetzt haben. Als ein 23-Jähriger diesem zu Hilfe kommen wollte, sollen die beiden anderen Angeklagten ihn weggezogen haben und ihm Tritte und Schläge gegen den Kopf versetzt haben, bis sich beide Opfer auf die Toilette flüchten konnten. Beim 22-Jährigen wurde die Schulter ausgekugelt, der 23-Jährige erlitt schwere Schmerzen und Kopfverletzungen.

Der 31-jährige Hauptangeklagte wies jedoch jegliche Schuld von sich. Der 23-Jährige habe ihn „aggressiv angeglotzt“ und sei dann auf ihn zugekommen. Als er diesen fragen wollte, was er eigentlich wolle, habe er schon einen Schlag aufs Auge gekriegt und sei danach fast ohnmächtig gewesen. Er habe sich dann nur gegen Schläge gewehrt.

Die beiden anderen Angeklagten erklärten, sie seien zu Beginn der Rauferei gar nicht im Restaurant gewesen, sondern zum Rauchen nach draußen gegangen. Als sie reinschauten, hätten sie gesehen, dass drinnen eine Schlägerei im Gange sei. Sie hätten dann versucht, die Streithähne zu trennen. Der 25-jährige Marbacher erklärte, er habe die Fäuste eines Schlägers auf dessen Brust gedrückt. Als er geschlagen worden sei, habe er sich nur gewehrt. Der 23-jährige Angeklagte meinte, er habe nur geschlichtet und sei weder geschlagen worden noch habe er jemand geschlagen.

Zumindest den Grund für die Auseinandersetzung konnte der 22-Jährige erläutern: „Als ich von der Toilette gekommen bin, ist meine Freundin kreidebleich auf mich zugekommen und hat gesagt, sie sei angebaggert und sexuell belästigt worden“, sagte er. So etwas sei für ihn als Moslem unverständlich. Er habe den 31-Jährigen daher zur Rede stellen wollen. Als dieser ihm eine Kopfnuss verpassen wollte, habe er ihn weggestoßen. „Danach brach ein völliges Chaos aus: Flaschen flogen, mir wurde der Arm ausgerenkt und mein Freund lag blutend am Boden“, berichtete er. Als sie beide auf Klo geflüchtet seien, habe der 31-Jährige von draußen gerufen, wenn sie rauskämen, würde er sie töten. Das zweite Opfer konnte zur Aufklärung der Geschehnisse nicht viel beitragen, weil es am Boden liegend die Hände vor dem Gesicht hatte, um seinen Kopf zu schützen und daher nicht viel gesehen habe. Nachdem auch zwei neutrale Zeuginnen nur Bruchstücke der Schlägerei gesehen hatten, sprach das Gericht den 23-Jährigen und den 25-Jährigen frei.

Gegen den 31-jährigen Benninger wurde das Verfahren gegen Zahlung von 200 Euro an eine gemeinnützige Organisation eingestellt.