Die Gruppe Campus ist bei der Benninger Kirbe aufgetreten und hat gute Stimmung verbreitet, Foto: Werner Kuhnle

Vier Tage wird in Benningen die Kirbe gefeiert. Veranstalter der Marathon-Sause sind traditionell die etwa 20-jährigen Kirbebuben der Gemeinde. Das verlangt Ausdauer.

Ein erstaunlich großer Teil der Benninger war am Samstagabend in der Alten Kelter auf den Beinen und feierte die traditionelle Kirbe. Die Eintrittskarten waren begehrt und bereits 20 Minuten nach dem Verkaufsstart vergriffen.

Organisiert wird das Fest von jungen Männern aus Benningen. Den Überlieferungen nach schon seit dem Jahr 1900. Immer Sonntags vor Martini, also am Sonntag vor dem 11. November, organisieren die rund 20-jährigen Kirbebuben den Feiermarathon von Freitag bis Montag. „Wir sind ein besonderer Jahrgang“, sagt Mick Heuschele als Vorstand seiner diesjährigen Kirbebuben. „Denn durch die zweijährige (Corona-)Zwangspause feiern dieses Jahr erstmalig zwei Jahrgänge zusammen. Die meisten von uns kennen sich bereits seit ihren Kindheitstagen“, führt Heuschele weiter aus. Damit wird - von der Corona-Zwangspause einmal abgesehen, dieser Brauch seit 120 Jahren von Generation zu Generation der Benninger Jugend weitergegeben und gepflegt.

Bis in die frühen Morgenstunden

Die meisten Kirbebuben haben dabei schon am frühen Samstagabend einen Feiermarathon hinter sich. Bereits am Vorabend haben die jungen Männer mit dem Einschießen in den Weinbergen begonnen. Anschließend ging es mit einer Party auf dem Kelterplatz bis in die frühen Morgenstunden weiter. Gleich anschließend am Samstagmorgen werden Spenden zur Finanzierung der Kirbe und für die Benninger Hilfskräfte gesammelt.

Regina Bunderla ist eine ‚Kirbemama‘ und hat bei der Getränkeausgabe hinter der Theke alle Hände voll zu tun. Die Cocktails gehen in unglaublicher Geschwindigkeit über die Theke. Zur Entlastung ihrer Kirbebuben packen ab jetzt die Eltern der Jungs kräftig mit an. Die Stimmung im Saal steigt. „Zur Kirbe kommen immer alle heim.“ Und die, die nicht mithelfen, feiern selbst. Denn: „Einmal Kirbebub, immer Kirbebub“, sagt Bunderla, warum im Publikum auch viele Väter mitfeiern. Das gehe dann so weit, dass ein Vater von seinem Kirbebub schon am ersten Abend nach Hause gebracht werden musste, plaudert eine Besucherin aus dem Nähkästchen. Doch Diskretion sei Ehrensache, versichert sie und möchte daher weder ihren noch den Namen des Vaters genannt wissen, der diese „Heimweghilfe“ benötigt hat. Schmunzelnd zeigt sie noch auf ihrem Smartphone ein Foto mit dem Ortsschild, das eigens für die Kirbe gefertigt wurde. „Benningen – geilstes Dorf der Welt. Und: „Wir sind dann mal feiern.“ So ein Fest braucht viele helfende Hände. Brigitte Heinzelmann ist eine dieser Helferinnen vom Musikverein Benningen. Sie sei nicht nur zur Party, aber eben auch zur Party hier, sagt sie über ihren Plan nach ihrer Arbeitsschicht.

Lara und Carolin wippen im Takt

Zwischenzeitlich heizt die regionale Band Campus die Stimmung weiter an. Die 28-jährige Carolin Mayer aus Erdmannhausen wippt mit ihrer Freundin Lara im Takt. Die kommt ursprünglich aus dem Nachbarort Pleidelsheim, lebt aber zwischenzeitlich in Winnenden. Diese Gemeinschaft in Benningen, und wie hier alle zusammen halten, fasziniere sie jedes Jahr wieder aufs Neue. Daher kämen sie seit 16 Jahren gemeinsam hierher zu Kirbeparty. Was so ein Fest bewirken kann, schildert auch die 33-jährige Nina Blankenhorn. Sie habe ihren heutigen Ehemann Keven hier kennen – und lieben gelernt. Zwischenzeitlich seien sie verheiratet und hätten zwei Kinder.

Gegen 22 Uhr spätestens ist in der gesamten Alten Kelter fast kein Durchkommen mehr. Selbst vor dem Gebäude stehen Grüppchen, fallen sich Menschen in die Arme und feiern ihr Wiedersehen. Benningen sei an diesem Wochenende auch Drehscheibe und Treffpunkt für alle im Exil lebenden Benninger, sind viele Partygäste überzeugt.

Am Sonntagmorgen geht der Feiermarathon nahtlos weiter. Die lokalen Hand- und Fußballer wollen unterstützt und angefeuert werden. Der traditionelle Höhepunkt jedoch steht am Montagabend an. Wurde einst der Brauch des ‚Kirbevergrabens‘ mit einer aus Dankbarkeit vergrabenen Gabe gefeiert, hat sich dies im Laufe der Jahrzehnte zu einer veritablen Sargverbrennung auf dem Neckar mit Feuerwerk gesteigert. Von 20 Uhr an, umrahmt von einem veritablen Feuerwerk, ist krönender Abschluss und Höhepunkt. Spätestens dann ist für die 23 Kirbebuben ihre Jugend nach altem Brauchtum verabschiedet. Doch spätestens im nächsten Jahr zur gleichen Zeit werden sich alle wieder an „Einmal Kirbe - immer Kirbe“ erinnern und würden alle nach Benningen für ein Wiedersehen bei der Feier der nächsten Kirbegeneration zurückkommen, sagt die Mutter eines Kirbebuben.